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Kommentar

Finanzierung ist das A und O

Die Bundesregierung will die berufliche Weiterbildung stärken - unklar bleibt indes, welche finanziellen Anreize gewährt werden sollen. Der Koalitionsvertrag hinterlegt für die beschriebenen Programme unzureichende oder keine Ressourcen.

GEW-Vorstandsmitglied Ansgar Klinger (Foto: Kay Herschelmann)

Die Bundesregierung verfolgt vor allem Ziele für die berufliche Weiterbildung; die Zuständigkeit für die allgemeine liegt bei den Ländern. Dem folgend enthält der im Frühjahr verabschiedete Koalitionsvertrag einige – teils nicht näher bestimmte – Begriffe und Potenziale, die aus unserer Sicht arbeitnehmerorientiert und im Sinne der Lernenden gestaltet werden könnten: Gemeinsam mit den Sozialpartnern und weiteren Akteuren sowie in Abstimmung mit den Ländern soll eine „Nationale Weiterbildungsstrategie“ entwickelt werden und Antworten auf den digitalen Wandel der Arbeitswelt geben. Diese soll auch die Weiterbildungsprogramme der Länder und des Bundes bündeln und eine neue „Weiterbildungskultur“ etablieren helfen. Der nach dem Vorbild des Wissenschaftsrats zu konstituierende „Nationale Bildungsrat“ soll bildungsbereichsübergreifend arbeiten und aus unserer Sicht auch die Weiterbildung vertreten.

Weiter beabsichtigen CDU/CSU und SPD einen Rechtsanspruch auf Beratung und stärkere Initiativrechte für Betriebsräte zu verankern; den von GEW und ver.di vorgebrachten Vorschlag, der Weiterbildung mit einem Weiterbildungsgesetz einen regulierenden und steuernden Rahmen zu geben, haben sie allerdings nicht aufgegriffen. Immerhin: Das im Koalitionsvertrag festgehaltene Recht auf Beratung in der beruflichen Weiterbildung über die Bundesagentur für Arbeit (BA) entspricht einer DGB-Forderung. Bei dessen Umsetzung wird sowohl auf eine angemessene personelle Ausstattung zu achten sein wie darauf, dass die Beratung unabhängig und sanktionsfrei an den Bedürfnissen des Ratsuchenden und seiner nachhaltigen Beschäftigungsfähigkeit und nicht an einer kurzfristigen Vermittelbarkeit orientiert ist.

Auch sollte diese BA-Beratung mit bestehenden von den Ländern geförderten Beratungsprojekten kooperieren. Und: Ihr Ausbau darf nicht die notwendige von der GEW geforderte Einrichtung einer allgemeinen, öffentlichen, neutralen und personenzentrierten Weiterbildungsberatung ersetzen. Die mit der geplanten Neufassung von Artikel 104c Grundgesetz ermöglichten flächendeckenden Investitionen des Bundes in Bildungsinfrastruktur müssen auch den Einrichtungen der Erwachsenen- und Weiterbildung zugutekommen! So muss etwa die Investitionsoffensive für Schulen – also der bereits 2017 angekündigte „Digitalpakt“ – die Länder und Kommunen auch bei der dringend notwendigen Modernisierung der Volkshochschulen unterstützen!

Die berufliche Weiterbildung soll erkennbar gestärkt werden; unklar bleibt, welche finanziellen Anreize gewährt werden sollen.

Neben dem Ausbau der Förderinstrumente für beruflich Qualifizierte in Form von Aufstiegs- und Weiterbildungsstipendien („Meister-BAföG“) sollen laut Großer Koalition die Transparenz auf dem Weiterbildungsmarkt erhöht, Information und Beratung ausgebaut werden. Die Weiterbildungsangebote der Hochschulen sollen ausgeweitet werden. Die „Allianz für Aus- und Weiterbildung“ soll fortgesetzt und diese stärker auf digitale Fort- und Weiterbildung ausgerichtet werden. Hier ist zu beachten, dass diese Allianz – anders als in der vergangenen Legislaturperiode – tatsächlich auch die Weiterbildung fördert. Ferner ist laut Koalitionsvertrag geplant, die nationale Dekade für Alphabetisierung auszubauen und den Fokus vor allem auf die familien- und arbeitsplatzorientierte Grundbildung zu legen. Dabei ist eine angemessene Beschäftigungsqualität der Kursleitenden anzumahnen.

Zusammengefasst: Die berufliche Weiterbildung soll erkennbar gestärkt werden; unklar bleibt, welche finanziellen Anreize gewährt werden sollen. Die Fortentwicklung der gegenwärtig noch befristeten Weiterbildungsprämien zu einem laufenden Weiterbildungsgeld wäre hilfreich! Stattdessen hinterlegt der Koalitionsvertrag für die beschriebenen Programme und Veränderungen entweder unzureichende oder überhaupt keine Ressourcen. Hier muss die Große Koalition deutlich nachlegen, wenn all die klingenden Titel –„Weiterbildungsstrategie“, „Weiterbildungskultur“, „Allianz für Aus- und Weiterbildung“ – wirksam mit Inhalten gefüllt und gestaltet werden sollen!