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Familienzuschlag für Beamte

Es ist eine Geschichte ohne Ende: Bereits in den Jahren 1977 und 1990 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) festgestellt, dass der Orts- bzw. Familienzuschlag für das dritte und weitere Kinder, der seinerzeit genauso hoch war wie für das erste und zweite, für Beamte zu niedrig bemessen sei.

Das verfassungsrechtlich festgeschriebene Alimentationsprinzip verlange, so das Bundesverfassungsgericht, dass der Dienstherr dem Beamten und seiner Familie amtsangemessenen Unterhalt zu leisten habe. Jede Beamtenfamilie müsse sich, ohne Rücksicht auf deren Größe, annähernd das Gleiche leisten können.

Der Gesetzgeber ignorierte diese Entscheidungen bis 1997, um sodann den Zuschlag um einen lächerlichen Betrag von 50 Mark zu erhöhen. Dem BVerfG platzte der Kragen: In seiner Entscheidung vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 - forderte es den Gesetzgeber nochmals auf, Abhilfe zu schaffen. Der Zuschlag für das dritte und jedes weitere Kind müsse 15 Prozent des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs überschreiten. Wie dieser zu ermitteln sei, wurde detailliert vorgegeben. Darüber hinaus erließ das Gericht eine verfassungsrechtliche Vollstreckungsanordnung: Für den Fall, dass auch die neue Entscheidung nicht oder nur unzureichend umgesetzt werden würde, wurden die Verwaltungsgerichte ermächtigt, anstelle des Gesetzgebers den betoffenen Beamten Leistungen unmittelbar zuzusprechen.

Hunderte Verfahren

In der Folgezeit wurde der Familienzuschlag für kinderreiche Beamte zwar erhöht, das Bundesverwaltungsgericht stellte jedoch in seinem Urteil vom 17. Juni 2004 - 2 C 34.02 - fest, dass das nicht ausreichend sei. Es wurden Differenzbeträge in der Größenordnung von etwa 400 Euro netto jährlich zugesprochen. Auch damit war die Sache nicht ausgestanden. Die Dienstherren weigerten sich, dem Gericht zu folgen. Inzwischen sind Hunderte von Verfahren bei fast allen Verwaltungsgerichten in Deutschland anhängig. Gestritten wird im Wesentlichen über zwei Punkte: Ein Teil der Verwaltungsgerichte vertritt die Auffassung, dass Ansprüche nicht für mehrere Jahre rückwirkend, sondern nur zeitnah im laufenden Jahr geltend gemacht werden könnten. Wer seine Ansprüche 2004 angemeldet habe, könne eine Nachzahlung nur für dieses Jahr, nicht aber für 2000 bis 2003 beanspruchen. Über diese Frage wird aller Voraussicht nach in etwa einem Jahr das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.

Nach den Vorgaben des BVerfG muss die Gesamtalimentation 115 Prozent des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs betragen. Die meisten Dienstherren stellen sich auf den Standpunkt, dass beginnend mit dem Jahr 2005 dieser Bedarf nicht mehr rechnerisch ermittelt werden könne, da das Bundessozialhilfegesetz außer Kraft getreten und im Wesentlichen durch das SGB II ersetzt worden sei. Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat jedoch unter Beweis gestellt, dass eine Berechnung auch nach den neuen Bestimmungen ohne Weiteres möglich ist (Urteil vom 16. Mai 2006 - 5 A 279/05 -).

Allmählich gehen jetzt die ersten Nachzahlungen ein. Einige Bundesländer (z. B. Niedersachsen) machen von ihrer neuen gesetzgeberischen Kompetenz im Besoldungsrecht Gebrauch und erhöhen den gesetzlichen Zuschlag ab 2007 für das dritte Kind und weitere Kinder. Zumindest für die abgelaufenen Zeiträume wird man jedoch höchstrichterliche Entscheidungen abwarten müssen.