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EU-Bildungsbericht 2020

Digitale Kompetenzen gezielt fördern!

In der EU gibt es große Unterschiede in der digitalen Infrastruktur. Auch viele der „digital natives“ verfügen nicht über genügend Kompetenzen. Die Schere besteht nicht nur zwischen Alt und Jung, sondern wird zu einer sozialen Frage.

Foto: Pixabay / CC0

Der aktuelle EU-Bildungsbericht zeigt, dass zwischen und innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten weiterhin große Unterschiede bezüglich der digitalen Infrastruktur bestehen. Viele der so genannten „digital natives“ verfügen zudem nicht über ausreichende digitale Kompetenzen. Über 15 Prozent zeigen sogar unzureichende digitale Kompetenzen, so die EU-Kommission. Die GEW fordert schon lange, mehr in die digitalen Kompetenzen zu investieren.

Laut des EU-Berichts erhalten Lehrkräfte der Sekundarstufe I in den EU-Ländern selten Schulungen in Informations- und Kommunikationstechnologien. Lehrkräfte insgesamt hätten einen starken Bedarf an Weiterbildungsangeboten.

Auch deutsche Jugendliche haben Nachholbedarf

Rund ein Drittel der Jugendlichen in Deutschland (33,2 Prozent) verfügen lediglich über Grundkenntnisse im Umgang mit digitalen Medien, während nur 1,9 Prozent der Jugendlichen hier Höchstwerte erreicht. Die Ergebnisse für Deutschland bewegen sich knapp über dem EU-Durchschnitt. Die Daten zu den digitalen Kompetenzen von Achtklässlern beziehen sich auf die ICILS-Studie 2018.

„Schon lange fordert die GEW, dass mehr in die Fortbildung von Lehrkräften in Digitalisierungsfragen investiert wird.“ (Ilka Hoffmann)

„Die Ergebnisse überraschen uns nicht“, kommentierte Ilka Hoffmann, Leiterin des Organisationsbereichs Schule der GEW den EU-Bildungsbericht. „Sie bestätigen die Befunde unserer im Frühjahr durchgeführten Mitgliederbefragung zu Digitalisierung an Schulen. Schon lange fordert die GEW, dass mehr in die Fortbildung von Lehrkräften in Digitalisierungsfragen investiert wird. Schön, dass Frau Karliczek darauf hinweist, dass die Bundesregierung ‘digitale Bildung in den Mittelpunkt deutschen EU-Ratspräsidentschaft gestellt’ habe. Noch schöner wäre es, wenn sich diese Bemühungen auch vor Ort zeigten. Hier bestehen aber weiterhin enorme Defizite. Lehrkräfte zeigen große Fortbildungsbereitschaft. Sie müssen aber auch die zeitlichen Ressourcen bekommen, um an Fortbildungen teilzunehmen.“

„Die Weiterbildungskultur muss unbedingt gestärkt und weiter etabliert werden.“ (Ansgar Klinger)

Insgesamt stagniert der Anteil der Erwachsenen, die an Weiterbildungen teilnehmen, in Deutschland. Bis 2020 sollen durchschnittlich mindestens 15 Prozent der Erwachsenen in der Altersgruppe der 25- bis 64-Jährigen an formalen oder nichtformalen Lernaktivitäten teilnehmen. Deutschland liegt mit 8,2 Prozent im Jahr 2019 unter dem Zielwert von 15 Prozent und unter dem EU Durchschnitt von 11,3 Prozent. Hier zeigt sich enormer Nachholbedarf.

„Die Weiterbildungskultur muss unbedingt gestärkt und weiter etabliert werden“, so Ansgar Klinger, der Leiter des Organisationsbereichs Berufliche Bildung und Weiterbildung der GEW. „Bei diesen Zahlen erwarten wir ein klares Signal von der Bundesregierung und den Arbeitgebern“, kommentiert er weiter. Vorbild kann Schweden sein: Hier nehmen jährlich 34,3 Prozent der Erwachsenen an Bildungsmaßnahmen teil.

Tiefe soziale Kluft

Die Frage der digitalen Kompetenzen ist auch eine soziale Frage und zeigt den digital divide auf. Während 84 Prozent der Menschen mit einem hohen formellen Bildungsabschluss über grundlegende oder höhere digitale Kompetenzen verfügen, liegt dieser Wert bei Menschen mit niedrigeren oder keinen formellen Bildungsabschlüssen nur bei 32 Prozent und bei Arbeitslosen bei 44 Prozent. Der Zugang zum Arbeitsmarkt und einem guten Einkommen hängt im zunehmenden Maße von den digitalen Kompetenzen ab, die den Menschen eben nicht in die Wiege gelegt werden, sondern erlernt werden müssen.

„Auch digitale Kompetenzen müssen gezielt gefördert werden. Wir können nicht einfach davon ausgehen, dass junge Menschen dies automatisch lernen. Die Schere läuft hier nicht nur zwischen Alt und Jung, sondern wird zunehmend auch zu einer sozialen Frage. Hier müssen Weiterbildungsangebote ansetzen und gefördert werden. Arbeitgeber, Länder und Bundesregierung sind gefragt, die Weiterbildungskultur zu fördern, die Maßnahmen zur Verfügung zu stellen und entsprechende Freistellungen zu erhöhen – flächendeckend und auch für Auszubildende“, resümieren die GEW Vorstandsmitglieder Ilka Hoffmann und Ansgar Klinger.