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Entwicklungsland Deutschland

Zum zehnten Mal fand am 20./21. November 2015 eine GEW Jahrestagung Internationales statt. Wichtigstes Thema war die Arbeit der GEW in der Bildungsinternationale, deren Vizepräsidentin die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe seit Juli ist.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe bei der Jahrestagung Internationales. (Foto: Manfred Brinkmann)

GEW trägt Verantwortung in der Bildungsinternationale
Die Jahrestagung Internationales dient seit 2006 dem regelmäßigen Informationsaustausch und der Verabredung von GEW-KollegInnen, die international für die Bildungsgewerkschaft aktiv sind. Fast fünfzig Personen waren angereist ins hessische Bad Hersfeld, das erstmalig als Tagungsort ausgewählt wurde, da es geografisch zentral in Deutschland liegt und gut erreichbar ist. Zeit zum Feiern des runden Jubiläums blieb angesichts des dichten Tagungsprogramms nicht. Im Mittelpunkt stand diesmal die Arbeit der Bildungsinternationale (BI) und ihrer europäischen Regionalorganisation EGBW, deren Gründungsmitglied die GEW ist. Die Bildungsinternationale ist die größte gewerkschaftliche Branchenorganisation und vertritt fast 400 Bildungsgewerkschaften mit mehr als 32 Millionen Mitgliedern weltweit. Seit dem Weltkongress der Bildungsinternationale im Juli 2015 in Ottawa ist die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe eine von fünf VizepräsidentInnen. Die GEW stellt mit ihren 280.000 Mitgliedern nicht einmal ein Prozent der Mitgliedschaft der Bildungsinternationale, gehört jedoch mit rund 300.000 Euro Jahresbeitrag zu den zehn größten Beitragszahlern.

Gewalteskalation in der Türkei
In Kurzberichten informierten zu Beginn mehrere Kolleginnen und Kollegen über die bilateralen Aktivitäten der GEW mit gewerkschaftlichen Partnern in Ländern wie Polen, Israel, Burkina Faso, Albanien und der Türkei. Große Aufmerksamkeit und Betroffenheit löste ein Bericht von Cetin Mogultay über eine Reise Anfang Oktober in den Südosten der Türkei aus, wo jetzt wieder Gewalt herrscht und Schulen beschossen werden, Straßen gesperrt sind, Ausgangssperre gilt und Menschen ohne Wasser und Strom aushalten müssen.  Berichtet wurde weiterhin über das GEW-Engagement zum internationalen Holocaustgedenken, in der Globalen Bildungskampagne, im deutschen Auslandsschulwesen, beim Weltsozialforum und im Kampf gegen Kinderarbeit.

Internationale gewerkschaftliche Lobbyarbeit
Als deutschsprachige ReferentInnen der Bildungsinternationale aus Brüssel waren Timo Linsenmeier und Susan Flocken angereist, die seit Jahren als verantwortliche ReferentInnen für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit bzw. für politische Koordinierung und Gesundheitsschutz für die Weltorganisation tätig sind. Linsenmeier berichtete über die weltweite BI Kampagne ‚Gemeinsam für gute Bildung‘ (Unite for Quality Education Campaign), deren Erfolg auf der aktiven Mitwirkung zahlreicher Mitgliedsgewerkschaften in den verschiedenen Kontinenten beruht. Flocken schilderte das Engagement des EGBW für einen europäischen sozialen Dialog zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften im Bildungswesen und beklagte, dass weder die deutsche Kultusministerkonferenz noch die Tarifgemeinschaft der Länder daran beteiligt seien.

Neue UN-Nachhaltigkeitsziele
In vier Arbeitsgruppen, die von Marlis Tepe, dem stellvertretenden GEW-Vorsitzenden und EGBW-Vizepräsidenten Andreas Keller, dem GEW-Vorstandmitglied für den Bereich Schule Ilka Hoffmann und dem Referenten für Internationales Manfred Brinkmann geleitet wurden, diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am zweiten Tag weiter über die Arbeit der Bildungsinternationale und des EGBW sowie über Menschen- und Gewerkschaftsrechte und über die neuen siebzehn Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals – SDGs), die im September 2015 von den Staats- und Regierungschefs in der UN-Vollversammlung in New York beschlossen wurden. Mit dem vierten Nachhaltigkeitsziel verpflichtet sich die Staatengemeinschaft, bis zum Jahr 2030 allen Menschen weltweit eine  inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung zu gewährleisten. Die UN-Nachhaltigkeitsziele gelten für alle Länder und damit auch für Deutschland. Man werde sich anstrengen müssen, um dies in den nächsten 15 Jahren zu erreichen, da auch das reiche Deutschland in vielen der Nachhaltigkeitsziele noch Entwicklungsland sei, wie ein Teilnehmer in der Diskussion anmerkte.

Ausblick 2016
Als Schwerpunkte internationaler gewerkschaftlicher Arbeit für das Jahr 2016 nannte Marlis Tepe den Einsatz für das Menschenrecht auf Bildung für Flüchtlingskinder in Deutschland und weltweit,  das gemeinsame Holocaustgedenken von polnischen, israelischen, österreichischen und deutschen Gewerkschaften der Bildungsinternationale Ende Januar in Auschwitz und Krakau, den sechsten internationalen Gipfel zum Lehrkräfteberuf (International Summit on the Teaching Profession – ISTP) mit Bildungsministern und GewerkschaftsvertreterInnen aus OECD Ländern am 2. – 4. März in Berlin sowie ein gewerkschaftliches Besuchsprogramm für eine Frauendelegation der palästinensischen Gewerkschaft ‚General Union of Palestinian Teachers‘ (GUPT) im Mai. Während der Sommerferien soll außerdem wieder eine Masurenakademie von GEW und Solidarnosc im polnischen Nowa Kalektka stattfinden, bei der Polen deutsch und Deutsche polnisch lernen und sich darüber hinaus mit Fragen der beruflichen Bildung beschäftigen werden.