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„Nationale Weiterbildungsstrategie“

Ein wichtiger Baustein

Die „Nationale Weiterbildungsstrategie“ (NWS) soll helfen, Beschäftigte und Arbeitssuchende auf den digitalen und strukturellen Wandel der Arbeitswelt vorzubereiten. Ein „Strategiepapier“ formuliert Zwischenergebnisse. Was sagt die GEW dazu?

Die Verhandlungen zur NWS begannen im November 2018. Beteiligt waren: drei Bundesministerien (Bildung, Wirtschaft, Arbeit), Gremien der Bundesländer (Arbeits- und Sozialminister-, Wirtschaftsminister-, Kultusministerkonferenz) und die Bundesagentur für Arbeit. Außerdem Arbeitgeberverbände sowie DGB, IG Metall, IG BCE, ver.di und GEW.

Die Akteure verabschiedeten im Juni 2019 ein 23-seitiges Strategiepapier. Dieses definiert zehn Handlungsziele, einschließlich Versprechen zu den jeweiligen konkreten Aktivitäten und Vorhaben („Commitments“). Ziel 1 lautet beispielsweise: „Die Transparenz von Weiterbildungsmöglichkeiten und -angeboten unterstützen.“ Ziel 6 sieht vor: „Erworbene Kompetenzen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der beruflichen Bildung sichtbar machen und anerkennen.“ Das richtet sich vor allem an formal gering Qualifizierte, die berufliche Erfahrung im Alltag, am Arbeitsplatz oder in der Familie erworben haben. Verabredet wurde, den beruflichen Aufstieg von Frauen und Männern durch eine Novelle des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes finanziell zu fördern. Dafür will der Bund in dieser Legislaturperiode zusätzlich 350 Millionen Euro bereitstellen. Geplant ist ferner, die Weiterbildungsberatung ausbauen.

„Als ersten Schritt fordern wir hierfür 1 Prozent des Bildungsbudgets.“ (Ansgar Klinger)

Ansgar Klinger, beim GEW-Hauptvorstand für Weiterbildung verantwortlich, urteilt: „Die NWS zielt dem Auftrag aus dem Koalitionsvertrag entsprechend darauf, die berufliche Weiterbildung zu fördern.“ Die Bundesregierung sehe dies als „Teil ihrer Fachkräftestrategie“. Man dürfe sich aber nicht nur auf die berufliche Weiterbildung fixieren, so Klinger. Die GEW vertritt die Position, dass in einer echten nationalen Weiterbildungsstrategie auch die kulturelle, politische und allgemeine Erwachsenenbildung berücksichtigt werden müsse. „Insbesondere die letztgenannten Bereiche der Weiterbildung sind vollkommen unterfinanziert“, sagt Klinger. „Als ersten Schritt fordern wir hierfür 1 Prozent des Bildungsbudgets.“

Gemessen am Auftrag, die berufliche Weiterbildung zu fördern, sei das Strategiepapier „weitgehend positiv“ zu bewerten. Die GEW begrüße, dass es künftig „Lernteilzeiten“ geben soll. Dann könnten Beschäftigte einen Teil ihrer Arbeitszeit nutzen, um sich beruflich weiterzubilden. Wie die Beschäftigten während der Lernteilzeit finanziell abzusichern sind, sei aber noch nicht geklärt, lautet ein Kritikpunkt. Die Autoren des Strategiepapiers überlegten zudem, „regionale Netzwerke der Weiterbildung“ zu unterstützen. Dann könnte sich beispielsweise eine Volkshochschule mit einem privaten Bildungsträger und einer Berufsbildenden Schule vernetzen.

„Die NWS ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einem echten Bundesweiterbildungsgesetz.“

Einer der wichtigsten Punkte aus Gewerkschaftssicht sei, „die Arbeitsbedingungen in der öffentlich finanzierten Weiterbildung zu verbessern“, so Klinger. Hierzu habe die GEW im Strategiepapier folgende Aussage durchgesetzt: „Bund und Länder prüfen die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Erwerbstätigen in der öffentlich finanzierten beruflichen Weiterbildung. Die Sozialpartner werden einbezogen.“ Gemeinsam mit den Bundesländern hätten die Gewerkschaften zudem erreicht, dass sich die NWS auch an die bundesweit 6,2 Millionen funktionalen Analphabeten richte.

Klinger betont: Vieles werde nun davon abhängen, „wie die zum Teil pauschalen Commitments künftig umgesetzt werden“. Bis Winter 2020 sollen die Beschlüsse des Strategiepapiers in konkrete Politik gegossen werden. Für Frühjahr 2021 ist geplant, einen gemeinsamen Bericht zum Stand der Umsetzung zu veröffentlichen. Der GEW-Weiterbildungsexperte fasst zusammen: „Die NWS ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einem echten Bundesweiterbildungsgesetz.“