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Deutsche Auslandsschulen

Personalvertretung oftmals nur schmückendes Beiwerk

Lehrkräfte aus verschiedenen Ländern tauschten sich in zwei Videokonferenzen der GEW über Partizipation und Mitbestimmung aus.

Um die Mitbestimmung an Deutschen Auslandsschulen ist es schlecht bestellt. (Foto: GEW)

„Partizipation und Mitbestimmung an Deutschen Auslandsschulen“ – damit befassten sich zwei Videokonferenzen der GEW. Lehrerinnen und Lehrer, live zugeschaltet auch aus Asien oder Westafrika, tauschten Erfahrungen aus und diskutierten, wie sich eine wirksame Personalvertretung durchsetzen lässt.

Die Angst im Kollegium ist groß

Die Ortslehrkräfte, angestellt beim Trägerverein der Schule, hätten keine Personalvertretung. Nach Hire-and-Fire-Manier werde entschieden, wer seinen Job verliere. Das berichtete ein Pädagoge, der an einer Deutschen Auslandsschule (DAS) in Südamerika unterrichtet. Die Angst sei groß. Im Kollegium gebe es deshalb wenig Interesse, Kritik an der Schulleitung oder am Schulvorstand zu üben. Ortslehrkräfte (OLK) unterrichten oft zu prekären Bedingungen. Für sie gilt allein das Arbeitsrecht des Gastlandes.

Wie die Lage an DAS in Spanien aussieht, erläuterte eine aus Deutschland vermittelte Auslandsdienstlehrkraft (ADLK). Dort gebe es zwei Mitbestimmungsgremien. Zum einen den Lehrer:innenbeirat. Zum anderen eine Art Betriebsrat. Der sei vom spanischen Staat vorgeschrieben. Doch vertrete er lediglich OLK und andere Angestellte des Trägervereins. Da fühle er sich als ADLK alleingelassen.

Allein der Schulvorstand entscheidet

Nächste Wortmeldung. Eine Kollegin, die als OLK in Osteuropa unterrichtet, erzählte: Ihre Schulleitung sei zwar gewerkschaftsnah. Doch entscheide allein der Vorstand des Trägervereins, wo es lang geht. Der habe vor zehn Jahren durchgesetzt, dass die Gehälter für OLK um 30 Prozent zu kürzen sind. Nun sei der Vorstand der Meinung, eine Gehaltserhöhung für OLK von drei Prozent sei ausreichend. An ihrer Schule sei der Lehrer:innenbeirat nichts weiter als schmückendes Beiwerk.

Ein in Asien unterrichtender Kollege, ehemals Mitglied im Lehrer:innenbeirat, erklärte: Er habe eine Abmahnung erhalten und fühle sich arbeitsrechtlich an seiner Schule nicht sicher. Missstände an der DAS könne er mit zahlreichen Dokumenten belegen.

Welche Strukturen nutzen die Beiräte?

Thomas Rosenbaum, Vorstandsmitglied der GEW-Arbeitsgruppe Auslandslehrerinnen und –lehrer (AGAL), wollte wissen, welche Strukturen der Lehrer:innenbeirat jeweils nutzen kann. „Gibt es feste Zeiten für Sitzungen? Hat er einen Raum, in den er sich zurückziehen kann? Könne er am Schwarzen Brett der Schule veröffentlichen?“ Kopfschütteln bei vielen Teilnehmenden.

Und wie sieht es mit Freistellungsstunden für dessen Mitglieder aus? Wer den Vorsitz im Lehrer:innenbeirat habe, müsse eine Stunde weniger unterrichten. Alle anderen Beiratsmitglieder hätten eine halbe Freistellungsstunde. So eine Pädagogin, die an einer DAS in Asien tätig ist. Auch an ihrer Schule gebe es eine halbe Freistellungsstunde, ergänzte eine Lehrerin, die in einer osteuropäischen Großstadt unterrichtet.

Die Qualität einer DAS zu prüfen, ist Aufgabe der Bund-Länder-Inspektion. 2014 sei im Rahmen eines solchen Inspektionsbesuchs auch gefragt worden, wie die Mitwirkungsmöglichkeiten der Lehrkräfte aussehen. Daran erinnerte ein Kollege, der aus Asien zugeschaltet war. Doch vier Jahre später, beim nächsten Besuch, sei das kein Thema gewesen. Dennoch habe die Schule das Label „Deutsche Auslandsschule“ wieder erhalten.  

Bei Inspektionen auf Mitbestimmung achten

Was tun? Vorschlag von Wilfried Auel, AGAL-Landesbeauftragter Hamburg: Die GEW müsse darauf drängen, dass die Bund-Länder-Inspektionen stets auch „auf Mitbestimmung achten“. AGAL-Vorstand Stephan Münchhoff verwies auch auf die Bildungsgewerkschaften, die in manchen Gastländern „traditionell sehr stark“ seien. „Haben die Lehrer:innenbeiräte da Kontakte?“. Durch eine Zusammenarbeit mit den OLK und ihren Gewerkschaften lasse sich mehr Druck gegenüber den Schulvorständen aufbauen, betonte Münchhoff.

GEW will Mindeststandards durchsetzen

Das jetzige Mitbestimmungsgremium sei ein „zahnloser Tiger“, fasste Thomas Rosenbaum zusammen. Wie der Weg zu einer wirksamen Personalvertretung aussehen könnte, beschreibt ein Papier der GEW. Anknüpfungspunkt ist das Auslandsschulgesetz, das in Paragraph 8 festlege, wann eine Schule im Ausland vom Bund gefördert werden könne.

„Da geht es um demokratische Werte und eine angemessene Beteiligung der Lehrkräfte am Schulleben“, unterstrich Rosenbaum. Entsprechende Mindeststandards ließen sich durch eine Verwaltungsvorschrift verankern. Die GEW führe dazu Gespräche mit Bundestagsabgeordneten, die im Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (UAKB) aktiv sind. „Das Thema Personalvertretung ist dort mittlerweile angekommen“, berichtete Rosenbaum.

Die Mitglieder im UAKB hätten allerdings signalisiert: Bis zum Ende der Legislaturperiode im September dieses Jahres werde es keine Änderung des Auslandsschulgesetzes geben. Thomas Rosenbaum betonte: „Wir gehen davon aus, dass sich auch der kommende Unterausschuss mit dem Thema Personalvertretung befassen wird.“ Einstweilen sammelt die GEW Informationen darüber, wie die Satzungen oder Vorschriften der Deutschen Auslandsschulen aussehen, die die Aufgaben des jeweiligen Lehrer:innenbeirats regeln.

Unterlagen bitte schicken an: carmen.ludwig(at)gew(dot)de.