Zum Inhalt springen

Der Charme der Euro-Bonds

Was bringen Gemeinschaftsanleihen? Für viele Deutsche sind Euro-Bonds eine Horrorvorstellung, für andere Europäer dagegen die letzte Hoffnung. Der Begriff steht für Gemeinschaftsanleihen der Euro-Staaten.

 

Das hieße: Die Bundesrepublik würde sich gemeinsam mit Italien, Griechenland und Portugal Geld an den Kapitalmärkten besorgen – zu einem einheitlichen Zinssatz. Deutschland würde, wie übrigens auch Frankreich, Österreich, Luxemburg oder die Niederlande, seine gute Bonität (Kreditwürdigkeit) einbringen und diese mit den anderen teilen. Für die gemeinsamen Schuldpapiere müsste die Bundesregierung wohl höhere Zinsen bezahlen als bisher. Dafür profitierten die hoch verschuldeten Staaten. Die eigenständige Kreditaufnahme ist für sie deutlich teurer, weil die Investoren ihnen misstrauen und zum Ausgleich für die Unsicherheit einen höheren Zins verlangen.

Diesen Anstieg der Kreditkosten kann eine Regierung selbst durch härtestes Sparen irgendwann nicht mehr kompensieren. Die Euro-Bonds gäben den bedrohten Euro-Mitgliedern dagegen die Chance, sich zu erträglichen Konditionen zu finanzieren. Das macht ihren Charme aus. Die Bundesregierung fürchtet aber, dass damit Deutschland seinen Zinsvorteil, die „Belohnung“ für die rigide Sparpolitik der Vergangenheit, verlöre. zudem könnte das Interesse in Rom oder Madrid sinken, drastisch zu sparen. Denn die „Bestrafung“ für Defizitsünder durch die Finanzmärkte entfiele durch den gemeinsamen Kredit mit einem einheitlichen Zins für alle. Schon im Mai 2010 schlugen daher Wissenschaftler vor, Euro-Bonds mit harten Auflagen für die Nutznießer zu verbinden. Auch könnten Euro-Bonds nur die „erlaubte“ Verschuldung abdecken.

Gemeint ist die Schuldenhöhe, die der Maastricht-Vertrag zulässt (also bis zu 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts). Für Staatsschulden, die darüber hinausgehen, müssten alle Nationen weiterhin allein geradestehen.

Kein definitives Nein

Dennoch wollte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sich bisher nicht auf Euro-Bonds einlassen. Allerdings sagt sie nicht definitiv nein, sondern stellt harte Bedingungen: Wenn die Fiskalunion komme, in der Haushaltssünder ihre nationale Autonomie ab gäben und die Politik von Brüssel bestimmt oder kontrolliert würde, dann wäre auch für sie eine gemeinsame Kreditaufnahme denkbar. Dies will Merkel durch eine Änderung der EU-Verträge erreichen.

Das freilich ist eine große Hürde, denn dafür müssten (wohl) alle 27 EU-Staaten zustimmen. Notfalls könne es aber auch ein Vertrag nur der 17 Euro-Länder sein, erklärten Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Die anderen Staaten könnten sich dann „freiwillig“ anschließen.

Markus Sievers,
Redakteur der „Frankfurter Rundschau“