Zum Inhalt springen

Kommentar zum Lockdown in der Coronazeit

„Das föderale Durcheinander endlich beenden“

Die GEW unterstützt die Verlängerung des Lockdowns grundsätzlich. Sie fordert aber eine klare Strategie für Schulen und Kitas in Form eines Stufenplans, der vorgibt, bei welchen Inzidenzwerten, welche Maßnahmen greifen sollen.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe (Foto: Kay Herschelmann)

„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) unterstützt den Beschluss von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten, den Lockdown für Schulen und Kitas bis 31. Januar zu verlängern, grundsätzlich. Mit der Entscheidung wird den hohen Infektionszahlen auch an Bildungseinrichtungen, den vielen Todesfällen und einer möglichen zusätzlichen Bedrohung durch Mutationen des Corona-Virus Rechnung getragen. Damit verbindet die GEW die Erwartung, dass das föderale Durcheinander in Deutschland endlich beendet wird. Pädagoginnen und Pädagogen, Lernende und deren Eltern benötigen Verlässlichkeit und Sicherheit, um Lernen, Betreuung, Beruf sowie Gesundheits- und Infektionsschutz unter einen Hut zu bekommen.

Die Schulen brauchen eine klare Strategie und einen Stufenplan, der vorgibt, bei welchen Inzidenzwerten, welche Maßnahmen greifen sollen. Die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) bieten hierfür eine gute Basis. Bei der Umsetzung müssen die Schulen wissen, wer sie wie unterstützt. Auf dieser Grundlage können Schulleitungen und Lehrkräfte dann vor Ort gemeinsam mit den Gesundheitsämtern flexibel auf die Pandemie-Situation vor Ort reagieren. 

Die GEW setzt sich nach Beendigung des Lockdowns zunächst für Wechselunterricht ein. Mit diesem Modell können die Schulen auf unterschiedliche Herausforderungen entsprechend der personellen und räumlichen Situation vor Ort Lösungen anbieten. Entscheidend ist, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler in den Klassen halbiert wird. So können Abstände zwischen den Menschen besser eingehalten und damit die Infektionsrisiken gesenkt werden. Mit dem Wechselunterricht wird der Kontakt zu allen Schülerinnen und Schülern gehalten. Kein Kind geht verloren. Das ist insbesondere für die Kinder und Jugendlichen wichtig, die ohnehin benachteiligt sind und im Elternhaus nicht die Unterstützung bekommen können, die notwendig ist. Dabei müssen die Grundschulen wie andere Schularten behandelt werden. Wer glaubt, dass die Pandemie einen Bogen um die Grundschulen macht, ist auf dem Holzweg.

Es muss eine klare Ansage geben, ab welchem Inzidenzwert die Schulen auf Fernunterricht umstellen. Bisher haben sich die Kultusministerinnen und -minister bei dieser Frage weggeduckt.

Auch nach einem dreiviertel Jahr sind die Schulen nicht coronafest. Die Kultusminister und -ministerinnen haben ihre Hausaufgaben noch nicht erledigt. Natürlich sind Fortschritte gemacht worden. Aber bis heute gibt es keine flächendeckende Versorgung der Lehrenden und Lernenden mit digitalen Endgeräten, es mangelt an stabilem, schnellem W-Lan, die Gelder für IT-Administratoren sind noch im Vereinbarungsprozess zwischen Bund und Ländern und deshalb nicht für die Schulen einzusetzen. Zudem brauchen die Lehrkräfte mehr und passgenauere Fortbildungsangebote für das digitale Lernen. Auch FFP2-Masken für Lehrende und Lernende sowie Luftfilter für Räume, die sich schlecht oder gar nicht lüften lassen, sind in vielen Bundesländern nicht in ausreichendem Maß vorhanden. Bund, Länder und Kommunen müssen sich zügiger abstimmen und nicht gegenseitig Verantwortung zuschieben.

Die Kultusministerinnen und -minister müssen endlich ein Konzept vorlegen, wie Prüfungen und Abschlüsse unter Corona-Bedingungen zu gestalten sind. So muss beispielsweise sichergestellt sein, dass die Länder Abschlüsse gegenseitig anerkennen. Für die Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen spielen Prüfungen und Abschlüsse eine wichtige Rolle. Die Entwicklung der Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen muss dabei im Mittelpunkt stehen, die Stoffmenge reduziert werden.  

Auch für die Kitas brauchen wir ein verlässliches und bundesweit einheitliches Stufenmodell für die Rückkehr in den Kita-Normalbetrieb. Erzieherinnen und Eltern brauchen einen Plan, wie es mit der Kinderbetreuung weiter gehen soll. Ein einheitliches Vorgehen darf nicht am Widerstand der Länder oder einzelner Träger scheitern.

Wir verlangen eine praxistaugliche Test- und Impfstrategie für die Lehrkräfte und die Erzieherinnen an Kitas. Selbsttests sind keine Lösung – im Gegenteil. Auch hier bedarf es nach der Ansage einer klaren Planung: Sind Tests für alle möglich, wie laufen die Verfahren, wie ist die wissenschaftliche Begleitung organisiert?

Es ist richtig, Eltern, die ihre Kinder betreuen müssen, zu entlasten und ihnen beispielsweise bezahlten Urlaub während der Schul- und Kitaschließungen zu ermöglichen. Auch eine Vermittlungsbörse für Studierende, die keine Jobs finden und deshalb Eltern in der Kinderbetreuung unterstützen könnten, ist sinnvoll.“