
Sieglinde Ludwig: Der Kitaträger als Unternehmer ist verpflichtet, die Sicherheit und Gesundheit in seinen Einrichtungen zu gewährleisten. Dazu gehört es auch, eine Gefährdungsbeurteilung für die Beschäftigten und Kinder zu erstellen und diese je nach Bedarf, etwa im Falle der aktuellen Pandemie, zu aktualisieren. Die Kitaleitung stellt vor Ort sicher, dass alle erforderlichen Maßnahmen umgesetzt werden. Die rechtlichen Grundlagen hierfür sind das Arbeitsschutzgesetz und die Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“.
Ludwig: Das steht in engem Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung, in der Infektionsschutzmaßnahmen mitgeregelt werden sollen. Zu deren Umsetzung gehört eine Unterweisung der Beschäftigten, welche Maßnahmen festgelegt wurden, und wie sich Mitarbeitende in bestimmten Situationen verhalten sollen. Dazu würde gehören, dass man Infomaterial bereitstellt, Verhaltensregeln wie das Abstandhalten erklärt, allgemeine Hygieneregeln und dass man Masken benutzt, wenn der Abstand nicht eingehalten werden kann.
Ludwig: Kinder sollten keine Maske tragen. Sie müssen in diesem Entwicklungsstadium Mimik erkennen und lernen zu sprechen. Außerdem sind sie noch viel zu spielerisch veranlagt. Sie würden die Masken untereinander tauschen und damit womöglich das Infektionsrisiko erhöhen. Erzieher und Erzieherinnen müssen in den Gruppen ebenfalls keine Maske tragen, aber in direktem Kontakt untereinander oder mit den Eltern, wenn der nötige Abstand nicht eingehalten werden kann. Zur Begrenzung von Kontakten empfehlen wir während der Dauer der Pandemie dringend, feste Gruppen zu bilden, auch wenn einzelne Bundesländer offene Konzepte erlauben.
Ludwig: Das kommt auf die jeweilige Kita an. Bodenmarkierungen, damit der Abstand eingehalten wird, können hier sinnvoll sein. Wir empfehlen außerdem, dass die Kinder an der Türe abgegeben werden, um Eintragungen von Infektionen zu vermeiden. Stühle aus dem Pausenraum der Mitarbeitenden könnten entfernt werden, damit sich immer nur eine bestimmte Zahl an Menschen dort aufhält. Für die Gruppenräume sind aus unserer Sicht keine besonderen räumlichen Maßnahmen erforderlich.
Ludwig: Luftreiniger können das Lüften nicht ersetzen. Sie können aber ergänzend eingesetzt werden. Allerdings sind diese Geräte meist laut. Außerdem müsste man prüfen, ob sie kindersicher sind. Aber ausreichendes Lüften ist nach einhelliger Fachmeinung immer noch der beste Weg, die Konzentration mit virenbelasteten Aerosolen zu minimieren.
Ludwig: Es muss regelmäßig gelüftet werden, alleine schon, damit das Kohlendioxid abtransportiert werden kann und neuer Sauerstoff reinkommt. Im Winter wird empfohlen, Fenster oder Türen drei Minuten weit zu öffnen. Die Heizung sollte dabei etwas höhergestellt werden. Hilfreich ist auch die App „CO2-Timer“*, die anhand der Raumgröße und Personenzahl ein Lüftungsintervall berechnet. Das empfehlen wir, um einen groben Richtwert für das Lüftungsintervall zu bestimmen. Genauer ist ein CO2-Messgerät, damit kann man individuell die Lüftung für jede Gruppe in der Einrichtung bestimmen.
Ludwig: Die Desinfektion von Flächen und Gegenständen sollte dann vorgenommen werden, wenn diese zum Beispiel mit Körpersekreten wie Erbrochenem oder Urin verunreinigt worden sind. Ansonsten reicht ein tensidhaltiges Reinigungsmittel. Desinfektionen sollte man nicht übertreiben, weil man damit auch gewünschte Bakterien abtötet und das Grundwasser belastet. Den Wickeltisch oder Sanitärräume kann man mit Desinfektionsmitteln reinigen. Das alles sollte in einem Reinigungsplan geregelt werden.
Ludwig: Nein. Der Kitabetreiber sollte mit dem Reinigungspersonal vereinbaren, dass dieses öfter kommt. Einige Bundesländer stellen den Trägern aber auch zusätzliche Mittel für „Alltagshelfer“ bereit, um den pandemiebedingten Mehraufwand aufzufangen.
Ludwig: Nach unserem bisherigen Erkenntnisstand sind Kinder in diesem Alter weniger infektiös. Wenn die Gruppen voneinander getrennt waren, reicht es, wenn die Gruppe mit dem Verdachtsfall geschlossen wird und diejenigen untersucht werden, die in direktem Kontakt waren. Das Gleiche gilt bei einer Infektion.
Ludwig: Sie sollten sofort die Kitaleitung informieren, gegebenenfalls auch die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt. Und es sollten alle informiert werden, die direkten Kontakt mit der Person hatten. Außerdem sollte die Kitaleitung unseres Erachtens einen Test veranlassen für alle Menschen in der Infektionskette, egal ob sie Symptome haben oder nicht. Spätestens wenn die Infektion bestätigt wird, ist darüber hinaus das Gesundheitsamt zu benachrichtigen. In diesen Fällen sind die landesspezifischen Regelungen zu beachten.
Ludwig: Wichtig ist, mit diesen das offene Gespräch zu suchen und gemeinsam nach alternativen Tätigkeiten zu suchen, bei denen das Infektionsrisiko reduziert werden kann. Beispielsweise könnten Beschäftigte, die diesem Kreis angehören, im Homeoffice Betreuungspläne erarbeiten oder Projekte vorbereiten. Bei Kindern, die zu einer Risikogruppe gehören, ist mit den Erziehungsberechtigen zu klären, ob und unter welchen Bedingungen eine Betreuung stattfinden kann. Erziehungsberechtigte sollten hierzu natürlich mit dem behandelnden Arzt in engem Kontakt stehen. Beratend sollte die Kitaleitung ihre arbeitsmedizinische Betreuung hinzuziehen.
Ludwig: Nicht anlassbezogene Tests halte ich persönlich nicht für sinnvoll, da es immer auch um Ressourcen geht. Wenn sie jedoch dazu beitragen, Ängste und damit psychische Belastung zu nehmen, würde ich sie anbieten. Auch hier gilt, dass die Kitaleitung das offene Gespräch mit dem Personal suchen sollte.
Interview: Michael Stahl, freier Journalist