Zum Inhalt springen

Coronapandemie

GEW warnt vor Abschaffung der Maskenpflicht in Klassenräumen

„Jetzt bereits die vollständige Aufhebung der Maskenpflicht an Schulen anzuregen, kommt zur Unzeit und setzt ein falsches Zeichen", sagt die neue GEW Vorsitzende Maike Finnern. Viele Klassenräume lassen sich nicht richtig lüften.

Foto: pixabay, CC0

Angesichts sinkender Corona-Infektionszahlen ist eine Debatte um die Maskenpflicht entbrannt. Die GEW warnt: „Jetzt bereits die vollständige Aufhebung der Maskenpflicht an Schulen anzuregen, wie Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) dies getan hat, kommt zur Unzeit und setzt ein falsches Zeichen“, sagt Maike Finnern, Vorsitzende der GEW.

„Viele Klassenräume lassen sich nicht richtig lüften. (...) Viele Lehrkräfte sind noch nicht vollständig geimpft“ (Maike Finnern)

„Unterricht findet in geschlossenen Räumen statt – und nicht im Freien. Viele Klassenräume lassen sich nicht richtig lüften. Zudem gibt es bei der Bereitstellung und Einrichtung von Lüftungsanlagen noch erheblichen Nachholbedarf. Die bereitgestellten Gelder sind bisher kaum abgerufen worden. Viele Lehrkräfte sind noch nicht vollständig geimpft“, gab Finnern zu bedenken. Deshalb warne die GEW davor, die Maskenpflicht in Klassenräumen bereits jetzt abzuschaffen.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte am Wochenende darauf verwiesen, dass die Länder laufend prüfen müssten, ob und wo die Maskenpflicht noch verhältnismäßig ist. Sie ist in Verordnungen der Länder geregelt. Für draußen gibt es zum Beispiel Vorgaben für belebte Plätze und Einkaufsstraßen, teils auch für Spielplätze.

Die Richtschnur für die Maßnahmen in der Schule sollen nach Ansicht der GEW die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts sein. Dafür schlägt die GEW ein Fünf-Punkte-Programm vor:

5-Punkte-Programm zum Gesundheitsschutz an Schulen
Ab der 5. Klasse muss das gesellschaftliche Abstandsgebot von 1,5 Metern gelten. Dafür müssen Klassen geteilt und zusätzliche Räume beispielsweise in Jugendherbergen gemietet werden.
Um die Schulräume regelmäßig zu lüften, gilt das Lüftungskonzept des Umweltbundesamtes. Können die Vorgaben nicht umgesetzt werden, müssen sofort entsprechende Filteranlagen eingebaut werden.
Die Anschaffung digitaler Endgeräte für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler muss endlich beschleunigt werden. Flächendeckend müssen eine datenschutzkonforme digitale Infrastruktur geschaffen und IT-Systemadministratoren eingestellt werden. Zudem müssen die Länder Sofortmaßnahmen zur digitalen Fortbildung der Lehrkräfte anbieten.
Für die Arbeitsplätze in den Schulen müssen Gefährdungsanalysen erstellt werden, um Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler besser zu schützen.
Transparenz schaffen: Kultusministerien und Kultusministerkonferenz müssen zügig ihre Planungen umsetzen, wöchentlich Statistiken auf Bundes-, Landes- und Schulebene über die Zahl der infizierten sowie der in Quarantäne geschickten Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler zu veröffentlichen. „Wir brauchen eine realistische Datenbasis, um vor Ort über konkrete Maßnahme zu entscheiden“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. 

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.

„Corona ist nicht vorbei“

Die GEW verweist auf den Nachholbedarf bei Schulen und mahnt, dass „die Länder die Sommermonate nutzen und in Sachen Hygieneschutz für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern nacharbeiten“ sollten. „Corona ist nicht vorbei. Es ist bei aller berechtigten Hoffnung auf Normalität unredlich, eine Prognose abzugeben, wie sich das Infektionsgeschehen nach den Sommerferien gestalten wird“, gab die GEW-Chefin zu bedenken.

„Wir haben alle mehr davon, wenn wir uns noch ein wenig disziplinieren.“ (Martina Fietz)

Politik und Wirtschaft wollen vorerst überwiegend an der Maskenpflicht als Corona-Schutz festhalten. Die Bundesregierung mahnte auch angesichts neuer Virusvarianten zur Vorsicht vor allem in Innenräumen. „Wir haben alle mehr davon, wenn wir uns noch ein wenig disziplinieren“, sagte die Vize-Regierungssprecherin Martina Fietz am Montag in Berlin. Auch von Ländern, Kommunen und dem Handel kamen Warnungen vor zu raschen Lockerungen.

Erst die Impfquote erhöhen

Nach Ansicht von Wissenschaftlern könnte eine generelle Aufhebung der Maskenpflicht ein Wiederaufflammen der Pandemie nach sich ziehen. „Wenn wir in puncto Impfquote bei 70 Prozent angelangt sind, und die Inzidenzen weiterhin auf niedrigem Niveau bleiben - dann ist der richtige Zeitpunkt für solche Diskussionen gekommen“, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ mit Blick auf Innenräume.

Derzeit haben rund 26 Prozent der Bürger die für den vollen Impfschutz nötige Impfdosis bekommen - wenn man die zweiwöchige Wartezeit bis zur vollen Wirkung einbezieht, sind erst knapp 18 Prozent voll impfgeschützt. Bis zu 70 Prozent Impfquote wird es also noch Monate dauern.

„Wenn wir nach dem Wegfall der Testpflicht in vielen Situation nun auch noch die Maskenpflicht fallen lassen, sind wir im Grunde in einem ungestörten Leben wie vor der Pandemie“, sagte Eberhard Bodenschatz vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Das Virus aber sei noch da und wesentlich infektiöser durch Mutationen. „Warum soll die Pandemie dann nicht wiederkommen?“

„Es geht hier auch um den Schutz vor ansteckenderen neuen Varianten des Virus.“ (Eva Grill)

Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen sagte der dpa. „In der Tat droht - siehe Großbritannien - eine vierte Welle, wenn Maßnahmen sehr weitgehend beendet werden.“

Die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie, Eva Grill, hält es vorerst für wichtig, zumindest drinnen weiterhin Maske zu tragen. „Masken sind ein einfacher und wirksamer Schutz, vor allem in Innenräumen“, so die Epidemiologin von der Ludwig-Maximilians-Universität in München. „Es geht hier auch um den Schutz vor ansteckenderen neuen Varianten des Virus.“

Für die Kitas verlangt die GEW, die individuellen Gefährdungsbeurteilungen nach Arbeitsschutzgesetz umzusetzen. Jede Kita braucht passgenaue und wirksame Hygienepläne. „Die Regelungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für Kitas zum Infektionsschutz sind zu beachten und umzusetzen. Weiter müssten alle Kitaträger Betriebsmediziner einsetzen, diese sollten die Risikogruppen bei den Beschäftigten beraten und im Einzelfall von der Arbeit in der Kita freistellen“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe. Sie regte zudem an, freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten anzubieten.

  • Freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten
  • Passgenaue und wirksame Hygienepläne für jede Kita
  • Umsetzung der Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) an Kitas
  • Risikogruppen von Betriebsmedizinern beraten lassen und im Einzelfall von der Arbeit an der Kita freistellen

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.