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Coronapandemie

Kita-Beschäftigte besser schützen!

Berlin hat zwar die Entscheidung zurückgenommen, die Schulen während des Lockdowns schrittweise zu öffnen. In Kitas fehlen aber weiter klare Regeln für die Notbetreuung. Die GEW Berlin bereitet einen Brandbrief vor.

Foto: GEW/shutterstock.com
In Berlin gibt es hitzige Debatten über die Präsenzpflicht an Schulen und die Notbetreuung in Kitas. (Foto: GEW/Shutterstock)

Nach der Aufhebung der Präsenzpflicht für Schulen während des Lockdowns fordert die GEW Berlin auch verbindliche Vorgaben für die Kita-Notbetreuung. „Für die Erzieherinnen und Erzieher gibt es weiterhin keine Lösung. Das Haus von Frau Scheeres weigert sich, klare Regeln dafür zu schaffen, welche Kinder auch im Lockdown Anspruch auf Betreuung haben – eine Zumutung für Beschäftigte und Eltern. Es fehlt zudem an Schnelltests und der Priorität bei Impfungen“, sagte die Landesvorsitzende Doreen Siebernik.

„Der Gesundheitsschutz hat in den über 2.600 Kitas der Stadt nach wie vor nicht die erste Priorität, obwohl wir alle wissen, dass die Berufsgruppe der Erzieherinnen und Erzieher die mit am stärksten gefährdete und betroffene Beschäftigtengruppe überhaupt ist.“ (Doreen Siebernik)

„Unterstützt unseren Brandbrief!“

Derzeit sammeln Erzieherinnen und Erzieher sowie Personalräte der GEW Unterschriften unter einem Brandbrief, der noch Ende der Woche an die Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) übergeben werden soll. „Auch Kitas brauchen eine klare Strategie und einen Stufenplan, der vorgibt, bei welchen Inzidenzwerten welche Maßnahmen greifen sollen“, betonte Siebernik. „Der Gesundheitsschutz hat in den über 2.600 Kitas der Stadt nach wie vor nicht die erste Priorität, obwohl wir alle wissen, dass die Berufsgruppe der Erzieherinnen und Erzieher die mit am stärksten gefährdete und betroffene Beschäftigtengruppe überhaupt ist.“

Einer Auswertung von Versichertendaten der AOK hatte jüngst nahegelegt, dass Menschen, die Kinder betreuen und erziehen deutlich häufiger an Covid-19 erkranken als andere Berufsgruppen.  

Für die Kitas verlangt die GEW, die individuellen Gefährdungsbeurteilungen nach Arbeitsschutzgesetz umzusetzen. Jede Kita braucht passgenaue und wirksame Hygienepläne. „Die Regelungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für Kitas zum Infektionsschutz sind zu beachten und umzusetzen. Weiter müssten alle Kitaträger Betriebsmediziner einsetzen, diese sollten die Risikogruppen bei den Beschäftigten beraten und im Einzelfall von der Arbeit in der Kita freistellen“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe. Sie regte zudem an, freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten anzubieten.

  • Freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten
  • Passgenaue und wirksame Hygienepläne für jede Kita
  • Umsetzung der Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) an Kitas
  • Risikogruppen von Betriebsmedizinern beraten lassen und im Einzelfall von der Arbeit an der Kita freistellen

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.

Petition gegen Schulöffnungen erfolgreich

Die Proteste gegen die zunächst geplante schrittweise Öffnung der Schulen ab dieser Woche waren zuvor erfolgreich gewesen. Am Montag überbrachten Siebernik und ihr Co-Vorsitzender Tom Erdmann gemeinsam mit Change.org der Senatsbildungsverwaltung die 47.650 Unterschriften der Onlinepetition „Kein Präsenzunterricht in Berlin, so lange Covid-19 nicht unter Kontrolle ist“. „Die Beschäftigten haben gemeinsam mit GEW-Personalräten, Eltern, Schulleitungen und natürlich den Schülerinnen und Schülern deutlich gemacht, dass sie nicht alles mit sich machen lassen. Die Gesundheit geht vor, das muss auch für die Schulen gelten“, betonten sie.   

„Offen bleibt allerdings, wie es jetzt weitergeht.“ (Christoph Podewils)

Der Berliner Vater Christoph Podewils hatte die Petition gestartet und die GEW eingeladen, als Partnerorganisation die Petition zu vertreten und das gemeinsame Anliegen weiterzuverfolgen. „Ich bin sehr erleichtert über die Entscheidung, die Präsenzpflicht bis 25. Januar auszusetzen. Offen bleibt allerdings, wie es jetzt weitergeht“, sagte Podewils.

Erdmann forderte: „Es ist wichtig, dass die Infektionszahlen sinken. Es sollte wissenschaftliche Expertise eingeholt werden, ab welcher Inzidenz Präsenzunterricht in halbierten Gruppen stattfinden kann. Dies sollte dann verbindlich ab einer Inzidenz von über 50 erfolgen. Erst bei einer niedrigeren Inzidenz sollte der Unterricht wieder regulär stattfinden.“ Die Senatsverwaltung müsse die Beschäftigten an wesentlichen Entscheidungen beteiligen. „Die Perspektive der Beschäftigten ist bei der Öffnung von Schulen und Kitas zu berücksichtigen.“

Keine Präsenzpflicht vor dem 25. Januar

Für die Berliner Schulen gilt aktuell: Die Grundschulen werden frühestens am 25. Januar 2021 wieder im Wechselunterricht starten. Auch an den weiterführenden Schulen gibt es so lange keinen Präsenzunterricht. Ausnahmen gibt es nur für die Abschlussklassen 10, 12 und 13: Die Schulleitungen können in Abstimmung mit den Elternvertretungen und der Schulaufsicht entscheiden, ob die Schülerinnen und Schüler in wechselnden kleinen Lerngruppen in der Schule oder im schulisch angeleiteten Lernen zu Hause unterrichtet werden. Zuvor war geplant gewesen, ab 11. Januar für Abschlussjahrgänge generell wieder Wechselunterricht anzubieten, am 18. Januar sollten Grundschüler der Klassen 1 bis 3 folgen.

Die GEW Berlin hatte den Senat aufgefordert, die Entscheidungen zurückzunehmen und konkrete Inzidenzwerte für die Öffnung und Schließung von Bildungseinrichtungen in Anlehnung an die RKI-Empfehlungen zu nennen.

Die Richtschnur für die Maßnahmen in der Schule sollen nach Ansicht der GEW die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts sein. Dafür schlägt die GEW ein Fünf-Punkte-Programm vor:

5-Punkte-Programm zum Gesundheitsschutz an Schulen
Ab der 5. Klasse muss das gesellschaftliche Abstandsgebot von 1,5 Metern gelten. Dafür müssen Klassen geteilt und zusätzliche Räume beispielsweise in Jugendherbergen gemietet werden.
Um die Schulräume regelmäßig zu lüften, gilt das Lüftungskonzept des Umweltbundesamtes. Können die Vorgaben nicht umgesetzt werden, müssen sofort entsprechende Filteranlagen eingebaut werden.
Die Anschaffung digitaler Endgeräte für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler muss endlich beschleunigt werden. Flächendeckend müssen eine datenschutzkonforme digitale Infrastruktur geschaffen und IT-Systemadministratoren eingestellt werden. Zudem müssen die Länder Sofortmaßnahmen zur digitalen Fortbildung der Lehrkräfte anbieten.
Für die Arbeitsplätze in den Schulen müssen Gefährdungsanalysen erstellt werden, um Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler besser zu schützen.
Transparenz schaffen: Kultusministerien und Kultusministerkonferenz müssen zügig ihre Planungen umsetzen, wöchentlich Statistiken auf Bundes-, Landes- und Schulebene über die Zahl der infizierten sowie der in Quarantäne geschickten Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler zu veröffentlichen. „Wir brauchen eine realistische Datenbasis, um vor Ort über konkrete Maßnahme zu entscheiden“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. 

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.

Ausstieg aus dem Hygienebeirat

Um ihre Empörung über den mangelnden Gesundheitsschutz für Pädagoginnen und Pädagogen auszudrücken, beendete die GEW Berlin auch ihre Mitarbeit im Hygienebeirat der Senatsbildungsverwaltung. „Eine wirkliche Beteiligung und ein gemeinsames Abwägen mit allen Akteurinnen und Akteuren waren im Hygienebeirat nicht möglich. Er war nie ein Entscheidungsgremium. Es wurde viel diskutiert, dabei standen grundsätzliche Entscheidungen bereits fest. Auf die Perspektive der Beschäftigten wurde nicht eingegangen, selbst wissenschaftliche Empfehlungen, wie Orientierung an Infektionszahlen wurden nicht umgesetzt“, kritisierte Siebernik.