
In den sozialen Netzwerken lösen die jüngsten Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern zu Schulen und Kitas kontroverse Diskussionen aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder hatten bei ihrem Treffen am Dienstag beschlossen, die seit Mitte Dezember geltenden Maßnahmen an Schulen und Kitas bis Mitte Februar fortzuschreiben. Je nach Bundesland gibt es Schließungen oder eine Aussetzung der Anwesenheitspflicht und Empfehlungen an Eltern, Kinder nicht in die Betreuung zu geben. Für viele Pädagoginnen und Pädagogen ist dies indes ein „Etikettenschwindel“, sie sehen sich selbst als „Kollateralschaden“ der Maßnahmen. Es gibt aber auch Kommentare, die Mut machen.
Das große Problem ist die Notbetreuung, von der sehr viele Eltern Gebrauch machen. Aus der Notversorgung wird so vielerorts ein Regelbetrieb, wie aus den Kommentaren im Netz hervorgeht. Zwar betonten die politisch Verantwortlichen am Dienstag, der Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten in Schulen und Kitas habe hohe Priorität. Davon kommt im beruflichen Alltag der Betroffenen nach deren Wahrnehmung aber nichts an. Der dringende Appell, Kontakte zu reduzieren, ließe sich so nicht umsetzen, heißt es.
Diese zehn Kommentare in den sozialen Medien bringen die Stimmung zwischen Mut und Wut auf den Punkt:
Auch die GEW kritisierte bereits, die Öffnungsklauseln ermöglichten den Ländern sehr weitgehenden Spielraum, Schulen und Kitas offen zu halten. „Das kritisieren wir scharf, weil die Länder weiterhin entscheiden können, wie sie die Vereinbarung umsetzen. Damit bleibt es beim föderalen Flickenteppich in der Bildung“, sagte die Vorsitzende Marlis Tepe. „Pädagogisches Personal, Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern wollen endlich ein bundesweit einheitliches, verbindliches Vorgehen. Schulen und Kitas brauchen eine klare Strategie und einen verlässlichen Stufenplan, der vorgibt, bei welchen Inzidenzwerten, welche Maßnahmen greifen.“
Für die Kitas verlangt die GEW, die individuellen Gefährdungsbeurteilungen nach Arbeitsschutzgesetz umzusetzen. Jede Kita braucht passgenaue und wirksame Hygienepläne. „Die Regelungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für Kitas zum Infektionsschutz sind zu beachten und umzusetzen. Weiter müssten alle Kitaträger Betriebsmediziner einsetzen, diese sollten die Risikogruppen bei den Beschäftigten beraten und im Einzelfall von der Arbeit in der Kita freistellen“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe. Sie regte zudem an, freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten anzubieten.
Klare Regelungen seien auch für den Anspruch auf Notbetreuung erforderlich, betonte Tepe. „Es ist nicht Aufgabe einer Erzieherin oder einer Lehrkraft, aber auch nicht der Eltern, über die Aufnahme von Kindern in die Notbetreuung zu entscheiden.“ Das Angebot sei nicht als eingeschränkter Regelbetrieb gedacht. So gebe es auch keine Planungssicherheit: „Wer heute nicht weiß, wie viele Kinder morgen in die Schule oder Kita kommen, kann Unterricht und Bildungsarbeit nicht professionell vorbereiten.“
Die Richtschnur für die Maßnahmen in der Schule sollen nach Ansicht der GEW die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts sein. Dafür schlägt die GEW ein Fünf-Punkte-Programm vor:
5-Punkte-Programm zum Gesundheitsschutz an Schulen |
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Ab der 5. Klasse muss das gesellschaftliche Abstandsgebot von 1,5 Metern gelten. Dafür müssen Klassen geteilt und zusätzliche Räume beispielsweise in Jugendherbergen gemietet werden. |
Um die Schulräume regelmäßig zu lüften, gilt das Lüftungskonzept des Umweltbundesamtes. Können die Vorgaben nicht umgesetzt werden, müssen sofort entsprechende Filteranlagen eingebaut werden. |
Die Anschaffung digitaler Endgeräte für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler muss endlich beschleunigt werden. Flächendeckend müssen eine datenschutzkonforme digitale Infrastruktur geschaffen und IT-Systemadministratoren eingestellt werden. Zudem müssen die Länder Sofortmaßnahmen zur digitalen Fortbildung der Lehrkräfte anbieten. |
Für die Arbeitsplätze in den Schulen müssen Gefährdungsanalysen erstellt werden, um Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler besser zu schützen. |
Transparenz schaffen: Kultusministerien und Kultusministerkonferenz müssen zügig ihre Planungen umsetzen, wöchentlich Statistiken auf Bundes-, Landes- und Schulebene über die Zahl der infizierten sowie der in Quarantäne geschickten Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler zu veröffentlichen. „Wir brauchen eine realistische Datenbasis, um vor Ort über konkrete Maßnahme zu entscheiden“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. |