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Wissenschaftszeitvertragsgesetz

Bundestag debattiert erneut über Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft

Vergangenen Freitag hat der Deutsche Bundestag erneut über Beschäftigungsbedingungen und Karrierewege in der Wissenschaft debattiert. Anlass dafür war ein Antrag der Fraktion Die Linke.

Foto: Kay Herschelmann

„Prekäre Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft wirksam bekämpfen“ lautet der Titel des Antrags der Linksfraktion. Die Oppositionsfraktion macht sich u. a. für eine erneute Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes stark, die sicherstellt, dass der Befristungsgrund Qualifizierung ausschließlich formale Abschlüsse wie Promotion oder Habilitation umfasst, konkrete Mindestvertragslaufzeiten von zwei Jahren – bei Qualifizierungsbefristungen vier Jahre – vorgegeben werden und nach abgeschlossener Promotion eine Qualifizierungsbefristung nur noch zulässig ist, wenn gleichzeitig ein Tenure Track angeboten wird. Weiter fordert Die Linke die Bundesregierung auf, mit einem Anreizprogramm die Einrichtung von 100.000 Dauerstellen an den Hochschulen zu fördern.

Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender der GEW und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung, begrüßte die Initiative der Linken im Bundestag und forderte das Parlament zu wirksamen Maßnahmen zur Bekämpfung des Befristungsmissbrauchs an Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf. „Die Große Koalition hat zwar in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, ‚den wichtigen Weg für gute Arbeit in der Wissenschaft fortsetzen‘ zu wollen, bei dieser Ankündigung ist es aber bislang geblieben. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) ist seit einem Dreivierteljahr im Amt, aber bisher ist nicht erkennbar, für welchen Kurs sie in der Wissenschaftspolitik steht. Höchste Zeit, dass sich der Bundestag mit den Nöten der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auseinandersetzt: Neun von zehn wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden mit einem Zeitvertrag abgespeist. Zumeist handelt es sich um Kurzzeitverträge mit einer Laufzeit von unter einem Jahr. Ministerin Karliczek darf die Zeit bis zur nächsten Wahl nicht aussitzen, sondern muss jetzt Maßnahmen ergreifen“, sagte Keller.

Der GEW-Vize forderte, die Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vorzuziehen, um zügig über Nachbesserungen der 2016 in Kraft getretenen Novelle beraten zu können. Weiter müsse der Bund über einen neuen Hochschulpakt für eine Entfristungsoffensive an den Hochschulen sorgen. „Dauerstellen für Daueraufgaben lautet das Gebot der Stunde“, sagte Keller.

„Ein weltoffenes Land für freie Wissenschaft“

Der Bundestag beriet ferner einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der sich für „Ein weltoffenes Land für freie Wissenschaft“ stark macht. Auch darin ist die Forderung nach einer Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes enthalten. Weiter machen sich die Grünen für mehr Austausch und Kooperation statt Abwerbung und Abschottung im internationalen Maßstab stark. Die Bundesregierung soll die Wahrung der Wissenschaftsfreiheit zu einem wichtigen Ziel ihrer Außen- und Menschenrechtspolitik machen. GEW-Vize Keller begrüßte auch diese Initiative: „Wir brauchen weltoffene Hochschulen, die akademische Freiheit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern egal ob mit oder ohne Professorentitel groß schreiben“, sagte er.

Die Plenardebatte des Bundestages zur Wissenschaftspolitik endete am Freitag in tumultartigen Szenen. Die AfD-Fraktion zweifelte, offensichtlich aus Ärger über das Scheitern ihrer Kandidatin bei der Wahl zur Vizepräsidentin, am Ende der Debatte die Beschlussfähigkeit des Parlaments an. Um den Abbruch der Sitzung zu erzwingen, verließen die AfD-Abgeordneten geschlossen den Plenarsaal und nahmen nicht am anschließenden Hammelsprung teil, mit dem das Präsidium die Beschlussfähigkeit überprüfte. Es ergab sich, dass auch ohne AfD ausreichend Abgeordnete anwesend waren. Die Sitzung konnte fortgesetzt und die Fraktionsanträge an den Ausschuss überwiesen werden.