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Bildungsgewerkschafter fordern Pearson zur Mäßigung auf

Eine Delegation aus internationalen Gewerkschaften kritisierte auf der Aktionärsversammlung den Anbieter von Bildungsangeboten Pearson. Dabei ging es nicht um Aktienkurse.

Immer mehr Schulen ziehen sich aus dem Prüfungsstress zurück und ersetzen die zahlreichen Tests von Pearson wieder durch die professionelle Beurteilung durch Lehrerinnen und Lehrer.

Wenn sich Bildungsgewerkschaftlerinnen und -gewerkschafter aus vier Kontinenten auf den Weg zu einer jährlichen Aktionärsversammlung machen, muss es schon um etwas Spektakuläres gehen. So geschah es am 29. April in London als Pearson, der weltgrößte Bildungsverlag, seine Aktionärinnen und Aktionäre in die vornehme Adresse Strand am Themseufer zum Jahresbericht und zur Abstimmung von 19 Anträgen eingeladen hatte. Der Gewerkschaftsdelegation von der AFT (USA), NUT, ATL, UCU aus UK, SADTU aus Südafrika, NZEI aus Neuseeland und der GEW ging es nicht um die um 40 Prozent gesunkenen Aktienwerte des Konzerns. Es ging ihnen um die Betätigungsfelder des Konzerns. Bereits im Vorfeld hatten internationale Gewerkschaften, darunter auch die GEW, die Petition "Sag' es Perason" unterstützt und damit den Bildungsanbieter kritisiert.

In einer Resolution forderten die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter den Vorstand auf, sich aus der Testindustrie und aus den low-fee Schools in Afrika zurückzuziehen. Randi Weingarten, die Präsidentin der AFT, legte der Versammlung eindrücklich dar, welchen Schaden die Testeritis im amerikanischen Bildungssystem angerichtet hat. Immer mehr Bundesstaaten zögen sich aus diesem Prüfungsstresss zurück und führten die Beurteilung durch die unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer wieder ein, so Weingarten. Pearson ist der Hauptanbieter dieser Tests in den USA. Kevin Courtney, der stellvertretende Vorsitzende der NUT, wies auf die immer größere Ablehnung und den bevorstehenden Boycott der Tests durch Eltern hin. Zu diesem Zeitpunkt konnte er noch nicht wissen, wie viele Schülerinnen und Schüler ein paar Tage später, am 3. Mai, den Tests der 7 und 11-Jährigen fernbleiben würden. Es wurden Tausende von Newcastle bis Brighton, die an diesem Tag in der Natur oder in Museen etwas Sinnvolles lernen sollten.

Magwena Malekele berichtete von der katastrophalen Auswirkung der low-fee schools in Südafrika. Sie führten zu einer Verschärfung der Chancenungleichheit und zu einer zusätzlichen Benachteiligung der vielen HIV-Waisen im Land, so Malekele. David Archer (Action Aid) legte sehr beeindruckend dar, dass es kein einzigen Beweis dafür gäbe, dass profitorientierte Schulen bessere Ergebnisse brächten oder die Beschulungsrate in den Ländern erhöhe. Auch auf die Vorhaltung von David Archer, dass Pearson das von der UN Vollversammlung im September 2015 verabschiedete Nachhaltigkeitsziel für Bildung (SDG 4) unterwandere, fand der Aufsichtsratsvorsitzende keine Antwort. Das bis 2030 zu erreichende Ziel lautet auf kostenlose (free) und nicht wie von der Bildungsindustrie gefordert erschwingliche (affordable)Bildung.

Die etwa 200 Aktionäre im Saal waren jedoch hauptsächlich an der Geschäftsentwicklung des Konzerns interessiert und warfen dem Vorstand immer wieder den Verkauf der gewinnbringenden Financial Times vor. Den Aktionären war die Zustimmung der ersten 18 und die Ablehnung des von den Gewerkschaften eingebrachten 19. Antrags empfohlen wurden.

Auch wenn die gewerkschaftlichen Forderungen keine Mehrheiten erhielten, so machten die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter dennoch klar: „Wenn der Vorstand den Kurs nicht ändert, leben sie in der Vergangenheit. Wir werden aufklären, dass der globale Süden ein Experimentierfeld für das ist, was Pearson im globalen Norden vorhat. Wir machen aus den Zielen des Antrags eine Bewegung der sozialen Gerechtigkeit", so Randi Weingarten.