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Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags

Berufliche Schulen im Fokus

Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags zur beruflichen Bildung setzt einen starken Reformimpuls für das berufliche Schulwesen. Für eine Ausbildungsgarantie oder das Recht auf Weiterbildung gibt es dagegen kein Mehrheitsvotum.

Durchaus zufrieden ist Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende, mit der Arbeit der Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ des Bundestags, die zum Ende der Legislaturperiode ihre fast dreijährige Arbeit abschloss. Der mit Anlagen 543 Seiten starke Bericht fand trotz vieler Repliken und Gegenrepliken zu den Sondervoten zum Gesamtbericht und einzelnen Kapiteln einstimmige Zustimmung. „Es gab ein starkes gewerkschaftliches Engagement. Unsere Sachverständigen waren exzellent aufgestellt und gut eingebunden in die Arbeit der wichtigsten Fraktionen. Wir hatten dadurch viele Möglichkeiten, unsere Themen zu platzieren, wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg“, beschreibt Hannack die Arbeit.

Als besonders gelungen bewertet sie die Handlungsempfehlung für einen „Pakt für berufsbildende Schulen“. Für eine Ausbildungsgarantie nach österreichischem Vorbild oder einem zukunftsträchtigen Aufriss zur Weiterbildung gab es zustimmende Empfehlungen nur von einem Teil der Kommission – Ziele, für die sich beispielsweise die GEW seit Jahren stark macht. Für Hannack ist klar: Politiker im Bund, den Ländern und Kommunen müssen den Konsens bei den berufsbildenden Schulen in der nächsten Wahlperiode unbedingt nutzen. „Die Enquete-Kommission hat Zukunftsideen geliefert, die wir anpacken müssen.“

Kostenfreie Laptops

Der „Pakt für berufsbildende Schulen“ fordert eine verlässliche Finanzierung der digitalen Lernausstattung und -infrastruktur. Auf der Basis pädagogischer Konzepte sollen die Schulen eigenständig über die Verwendung der Mittel für die Ausgestaltung des digitalen Unterrichts entscheiden sowie externe IT-Kräfte die Pflege und den Ausbau der digitalen Ausstattung übernehmen. „Hierzu gehört auch die Bereitstellung von Endgeräten für jede Lehrkraft und deren technische Unterstützung bei der Weiterentwicklung didaktischer Konzepte. Diese sollen vorrangig fachübergreifend in multiprofessionellen Teams erarbeitet werden“, heißt es in einer der zehn Pakt-Empfehlungen. Eine bundesweite digitale Lernplattform wird die Unterrichtmaterialien bereitstellen.

Unbedingt ausbauen will die Kommission auch die digitalen Lehr- und Lernmöglichkeiten in der Lehreraus- und -weiterbildung. Eine „Rekrutierungsoffensive“ soll dabei helfen, den schon chronischen Lehrkräftemangel anzugehen. In ihren Haushalten müssen die Schulträger berücksichtigen, dass technische Innovationen regelmäßige Sachinvestitionen bei der Ausstattung nach sich ziehen.

Ausdrücklich bekennt sich die Enquete-Kommission in einer der Empfehlungen zu regionalen Netzwerken, die alle örtlichen Berufsbildungsakteure (Schulen, Betriebe, überbetriebliche Berufsbildungsstätten, Bildungsträger) einbeziehen. Die bereits an einigen Orten eingeschlagene Profilbildung einzelner Schulen (Lernfabriken, Fabrikationslabore) müsse unbedingt weitergehen.

„Für die Berufsbildungs-Community ist die Weiterentwicklung des beruflichen Schulwesens jetzt gesetzt.“ (Elke Hannack)

Die Mobilität der Schülerinnen und Schüler sowie eine wohnortnahe Beschulung sind nach Auffassung der Kommission vor allem im ländlichen Raum durch -Azubi-Tickets (Länder-Modell 365-Euro-Ticket), Jugendwohnheime, die Übernahme von Fahrt- und Aufenthaltskosten beim Blockunterricht, flexible Mindestschülerinnen- und -schülerzahlen und den verstärkten Einsatz flexibler Methoden des virtuellen Klassenzimmers zu unterstützen. Dort, wo immer noch Schulgeld zu zahlen ist, gelte es, dieses Relikt endgültig abzuschaffen. Und dass Schülerinnen und Schüler einen Laptop (inklusive einer kostengünstigen „Azubi-DatenFlat“) über die Lernmittelfreiheit erhalten, ist für die Kommission eine Selbstverständlichkeit.

„Für die Berufsbildungs-Community ist die Weiterentwicklung des beruflichen Schulwesens jetzt gesetzt“, bilanziert Hannack. Dass die Länder, als die Hauptverantwortlichen für die beruflichen Schulen, in die Arbeit der Kommission nicht intensiver einbezogen waren, wertet sie als Manko. „Aber letztlich können auch die Länder die ausgestreckten Hände des Bundes und die schlichte Notwendigkeit, mehr für berufliche Schulen zu tun, nicht einfach ignorieren.“

Kontroverse Debatten

Den Diskurs in der Kommission beförderte, dass es keinen Einigungszwang gab. Unterschiede in kontroversen Debatten fielen nicht einfach unter den Tisch, sondern wurden im Bericht berücksichtigt. Wenn zwei Fraktionen eine Position unterstützten, kam sie als geteiltes Votum (Pro-Contra) in den Report. „Mehrheits- und Minderheitsmeinungen bei einem Zukunftspapier zu dokumentieren, entwertet nicht den Bericht. Sie spiegeln den Stand der Debatte und benennen die zentralen Unterschiede. Das ist doch ausgesprochen hilfreich“, erläutert die DGB-Vize.

Bewährt haben sich diese Spielregeln auch bei der Kontroverse um die Ausbildungsgarantie (nach österreichischem Vorbild). Ein Teil der Kommission sieht die über Jahrzehnte hinweg hohe Zahl junger Menschen ohne abgeschlossene Ausbildung als gravierendes Problem und möchte dies durch eine Ausbildungsgarantie angehen – andere sehen eine gesetzlich verankerte, voraussetzungslose „Ausbildungsgarantie“ grundsätzlich kritisch. Der Enquete-Report berichtet ausführlich über die strittige Auseinandersetzung.

Für eine neujustierte Weiterbildungspolitik konnte die Enquete-Kommission einige Impulse setzen. In diesem, für die Zukunft ausgesprochen wichtigen Bildungssektor kam sie allerdings häufig über geteilte Voten und Prüfhinweise nicht hinaus. Hannack ist trotzdem optimistisch, dass die neue Regierung und der Bundestag wichtige Reformakzente in der beruflichen Bildung setzen werden: „Die Abgeordneten haben sich in den vergangenen drei Jahren intensiv der beruflichen Bildung angenommen, das wird sich auszahlen.“