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Auswahlverfahren: Vorstellungsgespräche keine Leistungskriterien

Ein deutlich schlechter beurteilter Mitbewerber wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen und für eine Beförderungsposition ausgewählt. Die Klage der Konkurrentin war erfolgreich.

Die Klägerin beteiligte sich an einem Auswahlverfahren und bewarb sich um die Position der "Ständigen Vertreterin der Schulleitung" einer Berufsschule. Als Studiendirektorin (A 15) legte sie eine aktuelle Beurteilung mit dem Gesamturteil "übertrifft die Anforderungen in herausragender Weise" vor. Mit drei weiteren Mitbewerbern wurde sie zum Auswahlgespräch eingeladen, darunter ein Oberstudienrat mit der Beurteilung "übertrifft deutlich die Anforderungen". Die Dienststelle traf nach dem Gespräch eine Entscheidung zu Gunsten des um eine ganze Note schlechter beurteilten Oberstudienrats, der zudem niedriger eingestuft (A 14) war.

Auswahlgespräch lediglich Entscheidungshilfe

Die Klägerin legte gegen die Auswahlentscheidung vor dem Verwaltungsgericht (VG) Einspruch ein und beantragte deren Aufhebung. Das VG wies die Dienststelle im Verfahren darauf hin, dass die nach dem Vorstellungsgespräch getroffene Auswahl sich mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig erweisen werde. Denn, so das VG, die Entscheidung für die Einstellung habe verfassungsgemäß (Grundgesetz und Bayerische Verfassung) nach den Grundsätzen Eignung, Leistung und Befähigung zu erfolgen, die offensichtlich in dem vorliegenden Fall verletzt worden sind. Ein Auswahlgespräch als nicht leistungsbezogenes Kriterium sei lediglich eine Entscheidungshilfe, wenn mehrere gleich qualifizierte Bewerber bei annähernd gleicher Beurteilungslage um eine Stelle konkurrieren. Da die Dienststelle nach der Klarstellung des VG die Auswahlentscheidung von sich aus aufhob und das Auswahlverfahren abbrach, wurde der Antrag der Klägerin abgelehnt.

Dagegen legte die Studiendirektorin erfolgreich Beschwerde ein. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München stellte klar, dass einstellende Dienstherren laufende Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen zwar jederzeit abbrechen könnten. Im vorliegenden Fall sei dafür jedoch kein Sachgrund gegeben.

Die offensichtlich rechtswidrige Auswahlentscheidung gehe daher zu Lasten des Arbeitgebers. Für die Klägerin könne sich der Abbruch des Auswahlverfahrens nachteilig auswirken. Entscheide eine Dienststelle rechtswidrig, haben die verbleibenden Bewerber Anspruch auf Fortsetzung des Verfahrens unter Anwendung leistungsbezogener Kriterien, so der VGH. Wenn Dienststellen willkürlich - ohne sachliche Gründe - Auswahlverfahren abbrechen könnten, wäre die rechtliche Position von Bewerbern unzulässig geschwächt. Beamte hätten das Recht und das berechtigte Interesse, sich ein angemessenes berufliches Fortkommen durch rechtlich einwandfreie und faire Verfahren zu sichern.

(Verwaltungsgerichtshof München vom 29. September 2005 - Aktenzeichen 3 CE 051705)