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Ausstrahlung ins Gastland

Wirkung und Wahrnehmung der deutschen Schulen im Ausland standen Mitte November im Mittelpunkt einer fünftägigen GEW-Tagung zur auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik.

Foto: Ulrike Warmbier-Panten

Erhöhungen und Kürzungen
… waren intensiv diskutierte Themen der 18. RückkehrerInnen-Tagung der Arbeitsgemeinschaft Auslandslehrerinnen und Auslandslehrer in der GEW (AGAL), die vom 19. - 24. November 2011 in Mariaspring stattfand: die Erhöhung der Pflichtstundenzahlen für Auslandslehrer und die vorgesehenen Kürzungen im Etat der auswärtigen Kulturpolitik im Verein mit neuen Reformplänen der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen bzw. des Auswärtigen Amts, die sich über weite Teile als Sparmaßnahmen darstellen. Zu beiden Bereichen verabschiedeten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Resolutionen, gemeinsam mit den anwesenden Vertretern des 'Verbandes deutscher Lehrer im Auslands' (VdLiA).

Zur Begrüßung der Teilnehmer
… am Freitagabend hatte Gesa von der Fecht einige „Kennenlernaktivitäten“ vorbereitet und zum Abschluss ein „Persönliche-Fragen-Bingo“, durch die viele Vieles über viele erfahren konnten.

Als Referent für Internationales
… beim Hauptvorstand der GEW eröffnete Manfred Brinkmann am Samstag die Tagung mit Informationen über die Schwerpunkte internationaler Gewerkschaftsarbeit . Mit vielen Beispielen vermochte er den Zuhörern die Bedeutung transnationaler Zusammenarbeit nicht nur im EU-Rahmen (Beispiel Bolognaprozess) nahezubringen. So wußte er zu berichten, dass sich immer mehr Auslandsschulen an den jährlichen Aktionswochen der globalen Bildungskampagne zum Recht auf Bildung für alle einsetzen. Die Fragen der Zuhörer bezogen sich u.a. auf die Möglichkeiten der Unterstützung gewerkschaftlicher Arbeit in den verschiedenen Gastländern. Manfred Brinkmann empfahl hier zunächst Neugier, die als solche wohl kaum Anstoß erregt.

Wie wirken wir, wenn wir wirken?
… Mit dieser Fragestellung ging Franz Dwertmann, Vorsitzender der AGAL, auf das diesjährige Thema 'Ausstrahlung ins Gastland' ein. Ob diese Wirkung stets den hehren Grundsätzen der Partnerschulinitiative (PASCH) und dem dort proklamierten Dialog der Kulturen entspricht, kann im Einzelnen durchaus bezweifelt werden. Positive Beispiele finden sich indessen zuhauf: Franz Dwertmann erwähnte hierzu auch seine Mitarbeit an einem „feinen“ Projekt der Universität Danzig zu den Bezügen zwischen Günter Grass und Danzig, während gleichzeitig der Springer-Konzern mit dem Bild-Ableger Fakt in Polen auf seine Weise Kulturpolitik betrieb.

Politische Dinosaurier
… ehemalige Nazis, die in Argentinien nicht nur überlebten, sondern dort manchmal auch nachhaltig im unmittelbaren Umfeld deutscher Schulen tätig waren – dies war das Thema von Marc Seegers Referat 'Geschichtsrevisionistische und antisemitische Tendenzen an einer Deutschen Schule'.

Einen großen Bogen
… von Franco in Spanien bis zur FARC in Kolumbien vermochte der nachfolgende Referent zu spannen. Dr. Heinz-Edgar Fischersworring berichte unter dem Thema 'Welche Schwierigkeiten müssen deutsche Auslandschulen unter extremen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen bewältigen?' über seine Tätigkeit im Spanien Francos, im Chile Pinochets und ab 1985 in Bogotá/Kolumbien.

Die Konstituierung der Arbeitsgruppen
… folgte am späten Nachmittag. Ausnahmslos folgten sie dem Tagungsmotto 'Ausstrahlung ins Gastland', wobei die folgenden Aspekte bearbeitet wurden: demokratische Strukturen, sozialer Dialog, pädagogisch-didaktische Modelle, Mitarbeit in politischen Gruppierungen, Kontrast der Kulturen.

Kultur ist Auslöser von Konflikten
… aber auch die einzig sinnvolle Lösungsmöglichkeit, wenn sie hilft, Missverständnisse zu reduzieren. Dies war eine der Thesen im lebendig vorgetragenen Referat von Ronald Grätz, Generalsekretär des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) als Auftakt des zweiten Tagungstages. Regierungsfern zwar, aber staatsnah setzt das ifa Vorgaben des Auswärtigen Amts um und ist dabei außerordentlich geschätzt von allen, die es kennen.

Dass ein Außenminister, der sich mit Kunst im Büro schmückt
… so wenig für die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) übrig hat, verbittert Angelika Krüger-Leißner, MdB (SPD) und stellvertretende Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien – so eine ihrer persönlichen Anmerkungen während ihres Vortrags. Für sie ist es eine Schlussfolgerung aus den zurückliegenden Etat-Beratungen zum Bundeshaushalt. Die Dramatik im Auslandsschulwesen wird noch dadurch gesteigert, dass etliche Bundesländer vom Bund eine Umlage für die Versorgungszuschläge verlangen, was die verfügbaren Mittel weiter reduzieren würde.

Man wandelt nicht ungestraft unter Palmen
Mit diesem Zitat aus einer Rezension seines Buches 'Und immer wieder Schule … Ein Lehrerleben zwischen Äquator und Ostsee' ist Ulrich Gibitz einig. Er ist Regierungsschuldirektor in Schwerin und als solcher Vertreter Mecklenburg-Vorpommerns im Bund-Länder-Auschuss für das Auslandsschulwesen (BLASchA). Mit der Lesung einiger Passagen lockerte er die Tagung und die Teilnehmer am dritten Tagungstag auf.

Starke Schulträger
… brauchen Handlungsfreiheit am Markt: Solche und anderen Thesen machten die Position der Schulträger deutlich, die Thilo Klingebiel, Geschäftsstellenleiter des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen (WDA), in einem Grundsatzreferat zu den vorliegenden Reformvorschlägen engagiert vertrat.

Finanzkürzungsmaßnahmen
… sind nicht von sich aus schon Reformen, meinte Lothar Rheinberger als Vertreter des VdLiA. Als der Reform bedürftig erscheint ihm vor allem das Finanzierungswesen und der rechtlich problematische, wenn nicht gar sittenwidrige Zuwendungs- und Dienstvertrag der vermittelten Lehrkräfte.

Es kommt auf uns eine Lawine zu
… und wir haben noch nicht registriert, dass es schneit, kommentierte Joachim Lauer, Leiter der ZfA die Anmerkung eines Tagungsteilnehmers, dass für vermittelte Programmlehrkräfte wie auch für beurlaubte Ortslehrkräfte eigentlich auch Versorgungsrückstellungen vorgenommen werden müssten. In der Podiums-diskussion, an der neben Lauer auch Yvonne Büscher (KMK), Urich Gibitz (BLASchA) sowie Thilo Klingebiel (WDA) teilnahmen, wurden durchaus Unterschiede zwischen den Standpunkten von KMK/BLASchA und ZfA deutlich, etwa in der Frage des Stellenschlüssels oder dem rechtlichen Status der Lehrkräfte.

Schulthemen sind meist negativ besetzt
…, was PR-Arbeit in diesem Bereich erschwert, meinte Stefany Krath, u.a. Chef-Redakteurin der Zeitschrift 'Begegnung', in ihrem Referat über PR in der Auslandsschularbeit, das zusätzliche Einblicke in die Probleme der ZfA ermöglichte. Im Unterschied zu den Goethe Instituten fehle dem Auslandsschulwesen der Markencharakter.

Transkulturalität
… und damit verknüpfte transkulturelle Identitäten bezeichnete Frau Professor Dr. Hanna Kiper (Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg) in ihrem bemerkenswerten Vortrag über die Arbeit der Forschungsstelle Auslandsschulen an der Universität Oldenburg als Kennzeichen von Teilen moderner Gesellschaften. Den Begriff der nomadisch-gebundenen Lebensweise mochte mancher Teilnehmer direkt auf Auslandslehrer beziehen.

RückkehrerInnen-Berichte
… füllten die Abende in Mariaspring. In insgesamt zwölf Berichten wurden die Zuhörer mitgenommen nach Rom über Taschkent bis Bariloche in Argentinien und zu anderen Orten mit deutscher schulischer Arbeit im Ausland.

Alumni berichten
… war das Motto des letzten Tages vor der Abreise. Vertreter aus Kairo, Arequipa/Peru, Porto und Kirgisistan (Sprachdiplomschule) stellten der deutschen schulischen Arbeit im Ausland ein hervorragendes Zeugnis aus, wobei auffällig war, dass sie weniger auf die sprachliche Schulung als vielmehr auf die Aspekte der Persönlichkeitsbildung eingingen.