Zum Inhalt springen

Ausbildungsplatz-Statistik: Geschönte Bilanzen

Auch massives Eigenlob von Arbeitgebern und Bundesagentur für Arbeit (BA) für eine "gute Vermittlung von Jugendlichen in Ausbildung" täuscht nicht über die ernüchternden Fakten hinweg: Im Ausbildungsjahr 2008/2009 ging die Zahl der gemeldeten Lehrstellen gegenüber dem Vorjahr deutlich um 7,1 Prozent zurück.

Die Ausbildungspakt-Partner können nur deswegen von einem "erfolgreichen" Jahr sprechen, weil die Zahl der Schulabgänger, die sich um einen Ausbildungsplatz bewarben, noch stärker sank als die Zahl der Lehrstellen, nämlich um 14 Prozent.

Wie die Bundesagentur für Arbeit am Dienstag in Nürnberg mitteilte, standen Ende September 17.300 unbesetzten Stellen (2.300 weniger als vor einem Jahr) 9.600 Jugendliche gegenüber, die noch einen Ausbildungsplatz suchten (4900 weniger als im Vorjahr).

Auch die Zahl der bereits geschlossenen Ausbildungsverträge ging deutlich zurück: In Industrie und Handel wurden 311.825 (31.434 oder 9,2 Prozent weniger als im Vorjahr), im Handwerk 143.121 (minus 9.324 oder 6,1 Prozent) Ausbildungsverträge abgeschlossen. Bei den Freien Berufen wurden 42.501 Verträge abgeschlossen, ein Minus von 873 bzw. 2,0 Prozent.


Altbewerber nicht mitgezählt

Dass es offiziell keine "Lehrstellenlücke" mehr gibt, haben Arbeitgeber und BA nicht nur der demografischen Entwicklung zu verdanken, sondern auch der Tatsache, dass so genannte Altbewerber - Jugendliche und junge Erwachsene, die bereits in den Vorjahren keinen Ausbildungsplatz bekamen und Übergangsmaßnahmen oder andere "Warteschleifen" absolvierten - schlicht nicht mitgezählt wurden. Aktuell sind dies nach Angaben der BA 243.800 zusätzliche und knapp 46 Prozent aller Lehrstellenbewerber (gesamt 533.400).

GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne kritisierte die geschönte Ausbildungsplatz-Statistik scharf. Nur ohne Berücksichtigung der Altbewerber sei es möglich, die Zahl unversorgter junger Menschen klein zu rechnen. Er plädierte außerdem für sinnvollere Lösungen als die derzeit existierenden Übergangsmaßnahmen. "In aller Regel sind die Warteschleifen für junge Menschen kein Sprungbrett, um einen Ausbildungsplatz zu ergattern. Hier werden Lebenszeit und Potenzial der nachwachsenden Generation vergeudet, weil sie in den Maßnahmen nicht die notwendigen Qualifikationen erwerben“, so der GEW-Vorsitzende.

Thöne forderte, dass das Duale System ergänzt werden müsse. Jungen Menschen sollten voll qualifizierende Ausbildungsgänge auch an anderen Lernorten wie beruflichen Schulen angeboten werden. "Der Staat muss in die Bresche springen, wenn die Wirtschaft ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, eine ausreichende Zahl betrieblicher Ausbildungsplätze bereitzustellen, nicht nachkommt."