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Ausbildung zum Demokratieberater

Politische Bildung für Erwachsene: Das Projekt „Gut beraten?! Mit Konzept“ bildet Gewerkschaftsmitglieder zu Demokratieberatern aus – und fördert damit ganz konkret politische Arbeit.

Politische Erwachsenenbildung in Projektarbeit. Foto: Doreen Breuer

Leicht fällt es Olaf Kämpfer immer noch nicht. Doch in seiner Ausbildung zum Demokratieberater hat er gelernt, wie wichtig es ist, sich bei Konflikten zurückzunehmen. „Früher habe ich immer versucht, die Probleme zu lösen“, sagt der Betriebsratsvorsitzende eines Fahrzeuganhängerherstellers in Gotha. Im Projekt „Gut beraten?! Mit Konzept“ für ehrenamtlich aktive Mitglieder des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) hat er ein neues Rollenverständnis vermittelt bekommen. Und erprobt. Durch Rollenspiele in Kleingruppen trainierte der 54-Jährige, wie so ein Gespräch am besten klappt – mit Beispielen aus dem eigenen Alltag.

In erster Linie zielt das Projekt darauf ab, dass ehrenamtlich aktive Gewerkschaftsmitglieder die Arbeit in Kreis- und Stadtverbänden besser gestalten können. An vier Wochenenden übers Jahr verteilt erhalten sie praktische Tipps. Dabei ist der Umgang mit Konflikten nur ein Thema von vielen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer üben auch, wie sie mehr Schwung in ihre Sitzungen bringen können. Oder neue Ideen für Veranstaltungen entwickeln.  Auch der Umgang mit menschenverachtenden Einstellungen wie Rechtsextremismus und Antisemitismus steht auf dem Programm. Vor jeder Runde berichten die Aktiven, welche Fragen ihnen besonders am Herzen liegen. „Das Curriculum wird daraufhin angepasst“, erklärt Projektleiterin Kathrin Heinrich vom gewerkschaftsnahen Bildungsträger Arbeit und Leben Thüringen in Erfurt.

Der nächste Ausbildungsgang zum Beispiel richtet sich an junge Leute aus der Jugendarbeit von DGB, ver.di, GEW & Co, die bewährte Methoden für die antirassistische Arbeit kennenlernen wollen. Ein andermal liegt der Schwerpunkt auf Sexismus. „Die Teilnehmenden werden sensibilisiert für Diskriminierung“, sagt die Projektleiterin, „bekommen besseres Knowhow.“ Gefördert wird das Projekt durch das Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ des Bundesinnenministeriums sowie das Thüringer Landesprogramm „Denk bunt“.

„Die Leute wollen zusammen politisch handeln und nicht nur individuell schlauer werden.“ (Uwe Roßbach)

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verbringen jeweils drei Tage –  Freitag bis Sonntag – zusammen in einem Seminarhaus im Grünen. Nach Feierabend diskutieren sie weiter, gehen in der Pause gemeinsam spazieren. Kurzum: Sie wachsen als Gruppe zusammen. „Ziel ist, dass sie danach im Austausch bleiben“, sagt Heinrich, „sich gegenseitig unterstützen.“

Für den Geschäftsführer von Arbeit und Leben Thüringen, Uwe Roßbach, ist das Projekt ein gutes Beispiel dafür, „wie politische Bildung auch wirksam wird“. Sein Ziel: „Menschen politisch handlungsfähig zu machen.“ Politische Bildungsangebote wie Lesungen oder Diskussionsrunden bezweckten nur, dass sich das klassische Bildungsbürgertum über politische Themen informiere – und empöre. Damit sei aber noch nichts gegen konkrete Probleme getan. Das sei beim Gewerkschaftsprojekt anders. „Die Leute wollen zusammen politisch handeln und nicht nur individuell schlauer werden“, betont GEW-Mitglied Roßbach. Aufgabe politischer Bildung sei, dafür das Rüstzeug bereitzustellen und Hilfestellung zu geben.

Für Betriebsrat Kämpfer waren die Seminare eine tolle Erfahrung. „Die Ausbildung hat mir richtig viel gebracht“, sagt der 54-Jährige. Als Demokratieberater ist er oft im Einsatz. Im Betrieb sprechen ihn Kollegen an, wenn es Probleme gibt. Und auch Nachbarn baten ihn um Hilfe, als in der Reihenhaussiedlung ein Heckenstreit hochkochte. Das Ergebnis: „Sie geben sich wieder die Hand und reden miteinander. Immerhin.“