Zum Inhalt springen

Aufnahme der Weiterbildungsbranche in das Arbeitnehmerentsendegesetz beantragt

Rechtzeitig vor dem 31. März 2008 haben GEW, ver.di und der Bundesverband Berufliche Bildung beim Bundesminister für Arbeit und Soziales, Olaf Scholz, einen Antrag auf Aufnahme der Weiterbildungsbranche in das Arbeitnehmerentsendegesetz gestellt. Damit wird beantragt, dass der Tarifvertrag, der im letzten Jahr zwischen den Gewerkschaften und dem BBB geschlossen wurde, für allgemeinverbindlich erklärt wird

Mindestlohn in der Weiterbildungsbranche

Druck aufrecht erhalten

Am 31. März haben GEW und ver.di gemeinsam mit dem Arbeitgeberverband des Bundesverbands der Träger beruflicher Bildung (BBB) einen Antrag auf Aufnahme eines Mindestlohntarifvertrages Weiterbildung in das Arbeitnehmerentsendegesetz gestellt.

Seit Februar 2007 gibt es einen Mindestlohntarifvertrag für die Weiterbildung. Er legt als Mindeststandards

  • die 39-Stunden-Woche,
  • 30 Tage Urlaub,
  • ein Einstiegsgehalt von 2.076 Euro im Westen einschließlich Berlin
  • und 1.848 Euro im Osten

für das pädagogische Personal fest.
Er steht unter dem Vorbehalt, dass er erst in Kraft tritt, wenn er für allgemeinverbindlich erklärt wurde.
Mitte 2007 wurde die Möglichkeit geschaffen, die Allgemeinverbindlicherklärung auch auf dem Wege der Öffnung des Entsendegesetzes für weitere Branchen zu erreichen.
Dazu muss ein entsprechender Tarifvertrag vorliegen, die Tarifpartner müssen einen Antrag stellen und den Nachweis über das Vorliegen die geförderten Quoren erbringen.
Einen solchen Antrag haben ver.di und GEW gemeinsam mit dem BBB (Bundesverband der Träger der beruflichen Bildung) fristgerecht an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gestellt.
Um die verlangten Bedingungen zu erfüllen, haben die Tarifvertragsparteien am 20. März 2008 einen Änderungstarifvertrag geschlossen, der das Mindestentgelt und den Urlaub für pädagogische Mitarbeiter und Verwaltungsbeschäftigte regelt. Dieser Tarifvertrag gilt nur für Träger der beruflichen Bildung, die überwiegend für Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen im Bereich der außerbetrieblichen Qualifizierung oder der sozialen und beruflichen Integration tätig sind. Ausgenommen sind die Träger der beruflichen Rehabilitation behinderter Menschen.
Das vom Änderungstarifvertrag betroffene Branchensegment erfasst rund 23.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.
Gemeinsam erfüllen ver.di und die GEW damit die Voraussetzung einer 50-prozentigen Tarifbindung in diesem Branchensegment.

Widerstand in Arbeitgeberkreisen

Der Wuppertaler Kreis, der Dachverband der Weiterbildungseinrichtungen der Arbeitgeber, hatte während der Verhandlungen in Gesprächen mehrfach wohlwollendes Interesse signalisiert. Inzwischen hat er allerdings verlautbaren lassen, dass er den Branchentarifvertrag und eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung desselben ablehne. Die Mitglieder des Kreises beschäftigen nach eigenen Angaben nicht einmal halb so viel sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, versuchen aber über die CDU ihre Blockade durchzusetzen.

Ziele der Gewerkschaften

Die Ziele der Gewerkschaften sind dagegen klar.
Nach mehrjährigen Verhandlungen soll endlich der freie Fall der Einstiegsgehälter in der Weiterbildung gestoppt werden. Die Einkommenskrise im Weiterbildungsbereich ist Folge einer ungezügelten Vergabepraxis der Bundesagentur, die unter Hinweis auf europäische Vorgaben Maßnahmen nur noch unter Kostenaspekten, immer weniger jedoch unter Erfolgs- und Qualitätsaspekten betrachtet hat.
Seit 2002 ist die Förderung der beruflichen Weiterbildung dauerhaft um zwei Drittel gekürzt worden, die durchschnittliche Zahl der Teilnehmer ist von 300.000 auf heute etwa 120.000 gesunken. Immer wieder haben die Gewerkschaften kritisiert, dass dies zu einem Unterbietungswettbewerb auf Kosten der Qualität führen würde. Eine weitere Folge dieser Politik ging zu Lasten der Beschäftigten: Ausgründungen großer Träger mit dem Ziel, sich von bestehenden Tarifverträgen zu befreien, Dumpinglöhne insbesondere bei Neueinstellungen und ausufernde Arbeitszeitregelungen sind an der Tagesordnung.

Mindestlöhne in weiteren Branchen

Insgesamt acht Branchen haben ihr Interesse an einer Mindestlohnregelung beim Ministerium für Arbeit und Soziales angemeldet. Diese sind neben der Weiterbildungsbranche:

  • Zeitarbeitsbranche.
  • Wach- und Sicherheitsgewerbe.
  • Textilreinigung und Wäschereien.
  • Entsorgungswirtschaft.
  • Pflegedienste.
  • Forstdienste.
  • Bergbauspezialisten
  • und die Fort- und Weiterbildung.

Die Auseinandersetzungen um Mindestlöhne sind durch die Entscheidung von Gerichten nicht leichter geworden. Sowohl das Urteil der Berliner Verwaltungsgerichts zum Postmindestlohn als auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu Tariftreueregelungen in Niedersachsen zeigen, wie wichtig es ist, dass die Gewerkschaften ihren Druck aufrecht erhalten.

Ilse Schaad
Leiterin des GEW-Arbeitsbereichs Angestellten- und Beamtenpolitik