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Digitalisierung an den Hochschulen

Altdeutsch via Youtube

An der TU Dresden hat der Linguist Alexander Lasch Blogs, Podcasts und Lehrvideos für sich entdeckt. Bei seinen Studierenden beobachtet er indes: Alle haben in Form eines Smartphones einen Rechner dabei, nutzen ihn aber wie ein altes Nokia-Modell.

Foto: Pixabay / CC0

Digital gestütztes Lehren und Lernen? Alexander Lasch, Professor für Germanistische Linguistik und Sprachgeschichte am Institut für Germanistik der TU Dresden, spricht lieber von „elektronischen Lösungen“, wenn es um Digitalisierung an den Hochschulen geht. Für viele Hochschulangehörige, sagt er, sei mit dem Aufkommen digitaler Hilfsmittel die „bittere Erfahrung“ verbunden gewesen, „dass es die versprochenen Wundermittel für eine bessere Wissensvermittlung nicht gibt“.

Was also tun – sich enttäuscht abwenden und die Lehre und das Studium weiter so betreiben, wie es jahrhundertelang üblich war? Der 42-Jährige wählte einen anderen Weg: Er suchte intensiv nach dem Nutzen digitaler Elemente für seine Arbeit. „Mein Einstieg war das Bloggen“, erzählt der Linguist, „da habe ich Tools vorgestellt, die für Studierende und Wissenschaftler nützlich sein können.“ Ziel war, zur Partizipation und zum gemeinsamen Erarbeiten von Ergebnissen anzuregen: „Damit wollte ich die Ellenbogenmentalität im akademischen Bereich ein bisschen zurückdrängen.“ Außerdem sei es ihm von Anfang an um mehr Transparenz an der Grenze zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit gegangen. 

„Mit Youtube erziele ich die größte Reichweite. Gleichzeitig lassen sich die Videos am leichtesten in die akademische Lehre integrieren.“ (Alexander Lasch)

Schnell entdeckte Lasch auch Podcasts und Lehrvideos für sich. Wer auf seinem Youtube-Kanal stöbert, findet Audios und Videos, Lehrveranstaltungen und Vorträge. Manche wie die schon vor einigen Jahren erstellten Podcasts zur Einführung ins Alt- und Mittelhochdeutsche kommen auf über 30.000 Aufrufe, andere wie der recht frisch eingestellte Mitschnitt eines Vortrags über „Konstruktionsgrammatik und Framesemantik“ fanden bisher nur gut 60 Zuschauende. „Mit Youtube erziele ich die größte Reichweite“, sagt Lasch, „gleichzeitig lassen sich die Videos am leichtesten in die akademische Lehre integrieren.“ Er sieht gleich drei Vorteile des Mediums: Studierende können von Vorträgen anderer Unis profitieren oder bei verpasster Vorlesung den Stoff nachhören – und die Reichweite und Sichtbarkeit der eigenen Arbeit und Hochschule wird deutlich erhöht.

Dennoch: In jedem Semester beginnt das Ringen um die digitale Lehre aufs Neue. „Man fängt eigentlich immer wieder bei Null an“, hat der Professor festgestellt: „Die Studierenden haben alle einen Rechner in Form eines Smartphones dabei, nutzen ihn aber eigentlich wie ein Nokia-Modell aus der Zeit der Jahrtausendwende.“ Das sei einerseits mühsam, sagt Lasch, biete aber andererseits die Chance, sie gezielt an eine kollaborative Arbeitsumgebung heranzuführen. Sein Credo: „Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein, sondern muss immer einen Nutzen für die eigene Arbeit haben.“ So stellt er seinen Studierenden Aufgaben, die auch mit Bleistift und Papier lösbar sind – die aber, darauf zielt der Professor ab, „irgendwann an eine bestimmte Schmerzgrenze stoßen und dann einfacher, schneller und besser mit digitalen Hilfsmitteln zu lösen sind“. Das gelte etwa bei der Korrelation von Daten.

Musterstudiengang für Digital Humanities geplant

Die Studierenden seien dann schnell überzeugt – und können als Leistungsnachweise beispielsweise Lehrvideos erstellen oder Blogartikel schreiben. Schließlich, sagt Lasch, sei es auch eine Frage der Wertschätzung für die studentischen Arbeitsergebnisse, ob man diese in einer Schublade verschwinden lässt oder sie veröffentlicht. Die Dresdner Linguisten haben einen eigenen Blog, in dem neben Infos zum Studium immer wieder auch studentische Forschungsergebnisse publiziert werden.

Doch obwohl die digital gestützte Wissensvermittlung in Dresden schon Alltag ist, hat Lasch weitere Pläne. Einen Musterstudiengang für Digital Humanities will er mit Kolleginnen und Kollegen an der TU aufbauen, mit starken IT-Anteilen, aber eben doch klar geisteswissenschaftlich geprägt: „Damit Linguisten und andere Geisteswissenschaftler ihre eigenen Materialien auf hohem inhaltlichen und technischen Niveau herstellen können.“