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Aktionswoche schlägt hohe Wellen im Bundesgebiet

Auch nach dem Auftakt in Berlin gehen die Aktionen zum Traumjob Wissenschaft weiter. Neben zahlreichen kreativen Aktionen gab es auch Info-Veranstaltungen. Zeitgleich wurde im Bundestag über die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes beraten.

Während im gesamten Bundesgebiet Aktionen und Infoveranstaltungen zur Aktionswoche Traumjob Wissenschaft stattfanden, beriet die Bundesregierung über die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. "Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten - es ist allerhöchste Zeit, dass der Gesetzgeber dem Befristungswahn von Hochschulen und Forschungseinrichtungen einen Riegel vorschiebt", forderte GEW-Vize und Hochschulexperte Andreas Keller. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung greife zwar viele gute Ideen der GEW auf - aber: "Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht! Die Formulierungen sind zu weich und unbestimmt, um das Befristungsunwesen in der Wissenschaft wirksam einzudämmen. Das Parlament muss den Gesetzentwurf umfassend verbessern", erklärte Keller. "An der GEW-Aktionswoche 'Traumjob Wissenschaft', die seit Montag bundesweit mit über 100 Einzelveranstaltungen läuft, haben tausende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler teilgenommen", sagte Keller.

Roulette und Glücksrad entscheiden in Niedersachsen über Karriereperspektiven

An der Universität Hildesheim in Niedersachsen nahmen am Dienstag, 3. November 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an einer Aktion im Innenhof teil. Rund 420 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind an der Uni Hildesheim angestellt - ein Drittel dieser Beschäftigten war bei der Aktion dabei. Ziel der Veranstaltung war es, den immer enger werdenden Weg für Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter hin zu einer unbefristeten Stelle darzustellen.

In Hannovers Innenstadt organisierten die Beschäftigten des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) einen Tag später am Mittwoch, 4. November eine "Reise nach Jerusalem". Ein Stuhl in der Mitte und zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer symbolisierten dabei das Verhältnis von befristet und unbefristet Beschäftigten in der Wissenschaft. Ein Roulettespiel sowie ein Glücksrad mit einer unbefristeten Stelle als Hauptgewinn verdeutlichten zusätzlich das Befristungsunwesen an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

An der niedersächsischen Universität Vechta schmücken seit Mittwoch täglich wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Mensa, um auf ihre schlechten Beschäftigungsbedingungen aufmerksam zu machen. Die Überschriften "Friss oder stirb?", "Uns ist der Appetit vergangen", "MHD - abgelaufen?" sowie "Wer löffelt die Suppe aus?" prangen auf den Platzsets der Mittagstische. Außerdem hatten einige Aktivistinnen und Aktivisten am Mittwoch für einige Zeit den Verkehr an der Kreuzung zwischen den zentralen Universitätsgebäuden aufgehalten. Buttons, Schilder und ein Banner verkündeten ihren Beschäftigungsstatus: "befristet".

Lehrbeauftragte arbeiten zu Dumpinglöhne

Mit einem Quiz zum Traumjob Wissenschaft kam die GEW-Betriebsgruppe der FH Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern, unterstützt von der Geschäftsstelle in Schwerin, am Mittwoch mit Studierenden und Beschäftigten der Hochschule ganz leicht ins Gespräch. Auf der Campus-Hochschule in Stralsund treffen sich mittags alle in der Mensa. Bester Zeitpunkt, um über ein paar Zahlen und Fakten an der eigenen Hochschule und auch zur bundesweiten Situation prekär Beschäftigter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu diskutieren.

Die Studierenden waren schockiert über die miserable Vergütung der Lehrbeauftragten und über das Verhältnis von befristeten und unbefristeten Arbeitsverträgen-auch an der eigenen Hochschule! Studierende wie Beschäftigte waren sich darüber einig, am Thema dran zu bleiben und gemeinsam etwas gegen prekäre Arbeitsbedingungen zu unternehmen. Sandra Vogt, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der FH Stralsund und Mitglied des Vorstandsbereiches Hochschule und Forschung der GEW Mecklenburg-Vorpommern forderte Veränderungen an der Beschäftigungspraxis: "Dass Lehrbeauftragte für Dumpinglöhne arbeiten müssen, ist ein Skandal. Für viele ist es ein Traumjob aber leider unter prekären Arbeitsbedingungen. Die Politik muss endlich handeln!" Auch an der Europa-Universität Flensburg in Schleswig-Holstein entstanden auf einer Informationsveranstaltung viele Diskussionen zu Beschäftigungsverhältnissen in der Wissenschaft.

Ebenfalls am Mittwoch klebten Aktivistinnen und Aktivisten im Rahmen der Aktionswoche Protestplakate auf Parkschilder des Rektorats der Universität Siegen in Nordrhein-Westfalen und verteilten die Aktionszeitung an Kolleginnen und Kollegen des akademischen Mittelbaus. Sie wollten damit an wichtiger Stelle auf prekäre Arbeitsverhältnisse aufmerksam machen. Außerdem forderten sie die Bundestagsabgeordneten Willi Brase (SPD) und Volkmar Klein (CDU) in einem Brief dazu auf, sich bei der Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes für Verbesserungen einzusetzen.

Ob Infotisch oder Flashmob, die Forderung lautet: Dauerstellen für Daueraufgaben!

An der Universität Bremen nahm die GEW Betriebsgruppe die Sitzung des Wissenschaftsrates am Mittwoch, 4. November zum Anlass für eine Aktion. 20 rote und 2 grüne Kartons verdeutlichten, wie auch auf dem zentralen Flashmob zum Auftakt in Berlin, das besorgniserregende Verhältnis von befristet und unbefristet angestellten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. "Dauerstellen für Daueraufgaben" forderte auch Inge Kleemann von der GEW Bremen. Außerdem sollten Lektorenstellen unbefristet ausgeschrieben werden, so Kleemann. Bremens Rot-Grüne Koalition hat außerdem angekündigt, das Bremische Hochschulgesetz zu novellieren und dort insbesondere die Personalstruktur in den Blick zu nehmen. "Dass die bremische Politik verbesserte Karriereperspektiven schaffen will, zeigt ein gestiegenes Problembewusstsein", kommentiert der GEW-Landesvorstandssprecher GEW Bernd Winkelmann. "Entscheidend wird jedoch sein, dass eine Reform des Hochschulgesetzes substanzielle Verbesserungen bringt. Die Verankerung des Prinzips Dauerstellen für Daueraufgaben wäre ein wichtiges Signal an die Hochschulen, ihre Befristungspraxis grundlegend zu überprüfen", erläuterte Winkelmann.

"Wir wollen weniger befristete Stellen und klarere Regeln und Perspektiven für den akademischen Nachwuchs in unserem Land", forderte am Montag Doro Moritz, Landesvorsitzende der GEW Baden-Württemmberg. An der Universität Tübingen in Baden-Württemberg organisieren die Kolleginnen und Kollegen der GEW Hochschulgruppe seit Dienstag, 3. November bis Donnerstag, 5. November einen Infotisch im Foyer der Mensa Wilhelmstraße. Sie informieren über den Stand der Verhandlungen zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz, über Regelungen zu Befristungen und über die Anzahl befristet und unbefristet angestellter Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an der Universität Tübingen und im gesamten Bundesgebiet.

Auch an der FU Berlin organisierte die GEW Berlin von Montag, 2. November bis Mittwoch, 4. November einen Infostand vor der Mensa und machte auf das Befristungsunwesen an den Hochschulen aufmerksam. Auch Linda Guzzetti war mit dabei. Es entstanden rege Diskussionen mit Beschäftigten wie Studierenden. Vor allem Studierende seien erstaunt über die prekären Arbeitsbedungen von den Beschäftigten an der Hochschule, so die Organisatorinnen und Organisatoren. "Der Trend zu immer mehr Fristverträgen mit immer kürzeren Laufzeiten bei wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss endlich umgekehrt werden. Lehre und Forschung dürfen nicht auf der ständigen Sorge um die nächste Verlängerung des Arbeitsvertrages basieren", forderte Tom Erdmann, Vorsitzender der GEW Berlin. Auch an der Technischen Universität Berlin organisierte die GEW Berlin einen Info-Stand im Foyer und kam mit vielen Studierenden und Beschäftigten ins Gespräch über Beschäftigungsbedingungen an der Hochschule.

An der Universität Passau stellte die GEW-Gruppe ihre Infoaktion am Donnerstag, 4.11. unter das Motto "Von der Mittel-Baustelle zur Mittelbau-Stelle". Beschäftigte und Studierende der Uni wurden auf dem Campus über die aktuelle Diskussion zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz und die prekären Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen und Forschungseinrichtungen informiert. Die Erlanger Uni-Gruppe der GEW demonstrierte mit 9 roten und einem grünen Karton den großen Anteil befristet Beschäftigter an der Universität. Die Luftballons standen für Lehraufträge, die überhaupt nicht abgesichert sind. Mit der Aktion vom 4. November am Busbahnhof der Stadt wurden neben Hochschulangehörigen auch viele Passanten angesprochen. Ebenfalls am Donnerstag fand vor der Mensa der Universität Augsburg eine Kundgebung statt. Die Organisatorinnen und Organisatoren machten so auf prekäre Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft und an der eigenen Universität aufmerksam. Am Abend folgte eine Podiumsdiskussion zum Thema "Traumjob oder Jobtrauma? Schlechte Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft" mit dem Vizepräsidenten der Universität Prof. Dr. Peter Welzel, der Landtagsabgeordneten von Bündnis 90/die Grünen Rosi Steinberger, dem Mittelbauvertreter Marcus Kollar und dem Vertreter der AG "Prekäre Beschäftigung" Michael Lippok - moderiert von Tobias Bevc, Vorstandsmitglied des GEW Kreisverbandes Augsburg.

Eine Woche später sind die Kolleginnen und Kollegen der Katholischen Universität Eichstätt nachgezogen. Auf einem Infostand haben sie nach den Herbstferien am 11. November auf die schlechten Beschäftigungsbedingungen wer Angestellten im Wissenschaftsbetrieb aufmerksam gemacht. "In vielen Gesprächen mit Studierenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde die Notwendigkeit besserer Arbeitsbedingungen an den Hochschulen gefordert", so der GEW Kreisvorsitzende Manfred Lindner vor Ort. "Für Studentische Hilfskräfte hingegen wird oft nicht einmal der Mindestlohn bezahlt", kritisierte Lindner weiter.

Neben den zahlreichen Aktionen und Informationsveranstaltungen gab es auch einige Solidaritätserklärungen. Die Linke.SDS unterstützt die Forderungen der GEW, nicht nur in Bezug zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. "Die Forderungen bleiben selbstverständlich nicht bei dem Reförmchen "Wissenschaftszeitgesetz" der Bildungsministerin Wanka stehen. Um die Verhältnisse an den Hochschulen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie für Studierende grundlegend zu verbessern, braucht man eine Vision vom 'Traumjob Wissenschaft'", erklärte Bettina Gutperl, Geschäftsführerin von Die Linke.SDS.

Auch die Die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS), der Bundesverband grün-alternativer Hochschulgruppen (Capusgrün), der freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften (fzs) sowie die Juso-Hochschulgruppen erklärten ihre Unterstützung für die Forderungen der GEW zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Die Gesellschaft für Japanforschung veröffentlichte eine Stellungnahme zur GEW Aktionswoche in der sie die Forderungen insbesondere die Einrichtung von „Dauerstellen für Daueraufgaben“ unterstützt.