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21. Deutsch-polnische Pädagogenbegegnung am Gimsee

In politisch schwierigen Zeiten traf sich eine Gruppe von 18 deutschen und 15 polnischen Gewerkschaftsmitgliedern in dem kleinen Dorf Nowa Kaletka südlich von Olsztyn in den Masuren, um miteinander zu diskutieren und zu lernen.

Foto: Astrid Schrobsdorff

Die Lehrersektion der NSZZ Solidarność und die GEW hatten das 21. gemeinsame Treffen in der masurischen Landschaft organisiert. Es war von besonderer Bedeutung für beide Gewerkschaften – gerade wegen des durch die Flüchtlingsbewegungen angespannten politischen Verhältnisses in Polen und Europa. Würde die jahrelange Zusammenarbeit der beiden Gewerkschaften auch Spannungen aushalten, die in zutiefst verschiedenen Einschätzungen der politischen Situation in Europa begründet sind?

In der GEW finden sich viele Unterstützerinnen und Unterstützer von Flüchtlingsinitiativen, während die Solidarność zur Wahl der nationalkonservativen Regierungpartei PiS („Recht und Gerechtigkeit“) aufgerufen hatte. Auch die katholisch geschlossene Gesellschaft in Polen ist für viele Deutsche wenig verständlich. Aber gerade deswegen sind Begegnungen wie die Masurenakademie so wichtig: Wir reden miteinander, wir fragen nach, wir versuchen uns zu verstehen.

Foto: Astrid Schrobsdorff

Damit das besser gelingt, stand morgens der Sprachunterricht im Vordergrund: in polnischer und in deutscher Sprache, jeweils auf drei Niveaustufen. Beim anschließenden Tandemunterricht wurde das Gelernte zunächst in einfachem Smalltalk angewendet und bereits beim gemeinsamen Essen diskutiert, so gut es in der Fremdsprache geht.

Inhaltlich standen Möglichkeiten der finanziellen Förderung sowie geplante Veränderungen im Schul- und vor allem im Berufsschulwesen in Polen auf dem Plan. Saskia Herklotz vom Deutsch-Polnischen- Jugendwerk in Warschau jonglierte auf bewundernswerte Art zwischen den beiden Sprachen hin und her und nahm uns Lehrerinnen und Lehrern die Scheu vor der bürokratischen Antragstellung für Fördergelder.

Roman Laskowski von der Solidarność hingegen warf mit seinem Referat viele Fragen auf. Dabei ging es vor allem um die von der Regierung geplanten Veränderungen des polnischen Bildungssystems. Trotz unterschiedlicher Bedingungen in der deutschen und polnischen Ausbildungslandschaft zeichneten sich bereits Gemeinsamkeiten der beiden Bildungsgewerkschaften ab. Gewerkschafter von NSZZ Solidarność und GEW teilten die Kritik am neoliberalen Wirtschaftssystem und der Privatisierung im Bildungswesen.

Auch der Besuch der zweiten großen Lehrergewerkschaft in Polen, der ZNP in Olsztyn, stand auf dem Programm der Masurenakademie. Grzegorz Gruchlik, Vizepräsident der ZNP, und seine Stellvertreterin, Dorota Obiniak waren aus Warschau angereist. Sie diskutierten mit uns über die Bildungspolitik der PiS-Regierung. Die ZNP befürchte ebenso wie Teile der Solidarność, so Gruchlik, dass die Abschaffung des polnischen Gymnasiums (Klasse 7 bis 10) zu einer Entlassung zahlreicher Kolleginnen und Kollegen führen könne.

Nowa Kaletka steht für eine Begegnung der besonderen Art: selbst in der Ferienzeit treffen sich Pädagoginnen und Pädagogen zum Lernen und Kennen lernen. Frühmorgens motivierten die mitgereisten Sportlerinnen und Sportler sogar Frühgymnastik und ein Lauftraining. Das Nachmittagsprogramm wurde weitestgehend von den Teilnehmenden selbst gestaltet. Die Schwerpunkte bildeten Berichte aus Flüchtlingsinitiativen, der deutsch-polnische Schüleraustausch sowie Unterschiede und Gemeinsamkeiten der berufliche Bildung beider Staaten. Die Physikerinnen und Physiker präsentierten am letzten Abend eine Experimentier- und Zaubershow.

Wir haben gemeinsam Sport getrieben, viel gelacht, getanzt, sind Boot gefahren, gewandert und haben am Lagerfeuer gesungen. Am Ende der Masurenakademie stehen neue Freundschaften, Ideen für Schulpartnerschaften sowie Verabredungen für private Treffen. Kaletka wirkt weit in das nächste Jahr hinein.

Auch im Sommer 2017 Jahr soll die Begegnung erneut stattfinden. Das Deutsch-Polnische Jugendwerk hat bereits seine Unterstützung signalisiert, da es sich bei der Masurenakademie um ein erfolgreiches Multiplikatorenprojekt handele. Teilnehmende und Veranstalter hoffen, dass sich auch die beiden Gewerkschaften auf eine erneute Kooperation im Jahre 2017 einigen.