Die ILO hat im September 2017 einen neuen Bericht zu Kinderarbeit veröffentlicht. Der Bericht mit dem Titel ‚Global Estimates of Child Labour – Results and Trends, 2012 – 2016‘ zählt 152 Millionen arbeitende Kinder weltweit, davon 73 Millionen mit gefährlicher Tätigkeit. Die gute Nachricht: die Anzahl arbeitender Kinder geht weiterhin zurück. Die schlechte: Der Rückgang hat sich deutlich verlangsamt. Und nicht alle sind in der Statistik berücksichtigt.
In dem Bericht stellt die ILO einen Rückgang arbeitender Kinder im Alter von fünf bis 17 Jahren von 168 Millionen im Jahr 2013 fest, gleichzeitig stagniert die rückläufige Entwicklung weltweit, in Subsahara Afrika ist sogar weiterhin ein Anstieg zu verzeichnen. Der verlangsamte Rückgang im Vergleich zum Vorberichtszeitraum lässt die Hoffnung auf ein weltweites Ende von Kinderarbeit bis 2025 schwinden. Dies hatten die UNO-Mitgliedsstaaten 2015 als Unterziel 8.7 der UN-Nachhaltigkeitsziele für Entwicklung verabschiedet.
Die meisten Kinderarbeiter*innen in der Landwirtschaft, in Staaten mit mittlerem Einkommen und in Konfliktregionen
Mit 71 Prozent aller arbeitenden Kinder (108 Millionen) weist die Landwirtschaft den mit Abstand größten Sektor mit Kinderarbeit auf, gefolgt von Dienstleistungen (26 Millionen) und dem Industriesektor (18 Millionen). Nicht von der Statistik erfasst ist die Arbeit in Privathaushalten, bei der noch einmal von mindestens 90 Millionen arbeitender Kinder ausgegangen werden muss, darunter 7 Millionen, vor allem Mädchen, die über 43 Stunden die Woche im Haushalt arbeiten.
Prozentual leben die meisten statistisch erfassten Kinderarbeiter*innen in einkommensschwachen Ländern – mit 19 Prozent gegenüber einem Prozent in einkommensstarken Ländern. In absoluten Zahlen lebt jedoch mit 84 Millionen und damit über die Hälfte aller Kinderarbeiter*innen in Ländern mit mittlerem Bruttonationaleinkommen.
Kinderarbeit ist insbesondere in Konflikt- und Katastrophenregionen vorhanden, in Ländern, die von bewaffneter Gewalt betroffen sind liegt das Vorkommen von Kinderarbeit sogar um 77 Prozent über dem globalen Durchschnitt. Die ILO mahnt daher humanitäre Akteure in Krisengebieten dazu an, Verantwortung für die Beseitigung von Kindearbeit zu übernehmen.
Erstmals Zusammenhang von Kinderarbeit und Bildungsbenachteiligung systematisch erfasst
Der der GEW aus vielen Einzelfällen und Studien bekannte negative Einfluss von Kinderarbeit auf die Schulbildung wurde nun auch von der ILO erstmals statistisch belegt. Somit haben 36 Millionen arbeitende Kinder zwischen fünf und 14 noch nie eine Schule besucht oder diese vorzeitig verlassen, also ein Drittel der Kinderarbeiter*innen dieser Altersgruppe. Aufgrund der arbeitsbedingten zeitlichen Einschränkung der Kinder, die weiterhin die Schule besuchen, stellt die ILO ebenfalls eine Bildungsbenachteiligung gegenüber nicht-arbeitenden Gleichaltrigen fest.
Geschlechterunterschiede finden mehr Berücksichtigung
Laut ILO arbeiten 64 Millionen Mädchen und 88 Millionen Jungen, mit großen Unterschieden in den jeweiligen Tätigkeiten. Der Anzahl arbeitender Jungen (45 Millionen) in gefährlicher Arbeit ist deutlich höher als die Anzahl Mädchen (28 Millionen). Dahingegen sind zwei Drittel der im Haushalt – und nicht von der Statistik erfassten – arbeitenden fünf bis 14-Jährigen Kinder Mädchen. Durch die schwere Messbarkeit von verborgener Kinderarbeit, wie die Arbeit in privaten Haushalten, muss von einer wesentlich höheren Zahl von Kinderarbeiter*innen, insbesondere bei den Mädchen, ausgegangen werden. Der Rückgang der Kinderarbeit bei Mädchen verläuft zudem langsamer als der bei Jungen. Die ILO empfiehlt daher nachdrücklich die Genderdimension bei der Bekämpfung von Kinderarbeit stärker in den Blick zu nehmen und insbesondere Hausarbeit als Kinderarbeit zu erfassen und im staatlichen Handeln zu berücksichtigen.
Seit 2011 engagiert sich die GEW mit ihrer Stiftung fair childhood in Indien, Burkina Faso, Mali, Tansania, Albanien und Nicaragua für Bildung statt Kinderarbeit.