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30. Gewerkschaftstag der GEW

Neue Finanzierungsmodelle für Hochschulen und Studium

Visionär und doch konkret: Die Delegierten beschließen das künftige wissenschaftspolitische Programm der GEW.

30. Gewerkschaftstag der GEW vom 20. bis 24. Mai in Berlin (Foto: Kay Herschelmann)

Grundfinanzierung statt Drittmittel

Eine Grundfinanzierung statt Drittmittel, mehr Diversität und Mitsprache aller – für diese Neuausrichtung der wissenschaftspolitischen Politik der GEW haben sich alle Delegierten des 30. Gewerkschaftstags am Freitag ausgesprochen „Unser Programm ist visionär“, sagte Andreas Keller, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands und Leiter des GEW-Organisationsbereichs Hochschule und Forschung. 

Die Vision enthält aber auch viel Konkretes. So votierten die Delegierten für eine Reform der Finanzierung von Hochschulen. Laut einer Berechnung des Wissenschaftsrates von 2023 hängt deren Forschung zu 46 Prozent von wettbewerblich vergebenen, sogenannten Drittmitteln, ab.

Diese staatliche Projektfinanzierung von Hochschulen soll – so die Vision – durch eine ausreichende und verlässliche Grundfinanzierung ersetzt werden. Bund und Länder müssten ihre Projektfinanzierung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) überarbeiten oder sogar abschaffen. Bisher seien infolge der Drittmittel-Abhängigkeit zu viele Arbeitsverträge befristet, das fördere Machtmissbrauch und schade der Qualität von Forschung und Lehre, so die Delegierten.

„Wissenschaft ist keine Aufgabe auf Abruf, sie ist eine Daueraufgabe.“

Einen Tag nach Bekanntwerden der Exzellenzstrategie sei es wichtig, „dass der Gewerkschaftstag zur grundsätzlichen Finanzierung von Hochschulen Stellung nimmt“, betonte Keller. Am Donnerstag hatte die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern in Bonn über die Vergabe von Forschungsgeldern in Milliardenhöhe entschieden. Etliche Universitäten gingen leer aus. „Viele Leute müssen nun schauen, ob sie morgen noch einen Job haben“, so ein Delegierter. „Wissenschaft ist keine Aufgabe auf Abruf, sie ist eine Daueraufgabe.“

Wissenschaft ohne Hierarchien

Mehr Mitsprache und Vielfalt sieht das wissenschaftspolitische Zukunftsprogramm der GEW in den Entscheidungsgremien von Hochschulen und Forschungseinrichtungen vor. „Gremien müssen künftig paritätisch besetzt werden“, sagte Keller. Bislang könnten Professoren alle andere überstimmen. „Wir müssen zeigen, dass Student*innen, Professor*innen und Beschäftigte an Hochschulen zusammenstehen“, so ein Delegierter.

Alle an der Wissenschaft beteiligten Gruppen sollten künftig den gleichen Anspruch auf Teilhabe an Entscheidungsprozessen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben. Das impliziere auch Personal, welches in Verwaltung, Technik und Wissenschaftsmanagement „einen entscheidenden Beitrag zum Gelingen von Wissenschaft leistet“, so die GEW.

Des Weiteren votierten die Delegierten dafür, Lehrstühle als Organisationseinheiten sowie Institute, die von einzelnen Professor*innen auf Lebenszeit geleitet werden, aufzulösen. Das Lehrstuhlprinzip würde Abhängigkeiten zementieren und Machtmissbrauch in der Wissenschaft fördern. Lehrstühle sollten zu Departments zusammengefasst werden. Diese würden von direkt gewählten und paritätisch zusammengesetzten Räten selbstverwaltet werden, so das von den Delegierten verabschiedete GEW-Programm.

BAföG endlich erhöhen

Reformiert werden soll auch die Studienfinanzierung. Die Delegierten stimmten für eine Reform des BAföG, notwendig sei ein elternunabhängiges, staatliches Studienhonorar für alle. „Der Druck muss raus“, so ein Delegierter. „Viele Student*innen arbeiten neben dem Studium, sie brauchen mehr Flexibilität – auch deswegen muss beispielsweise die Höchststudiendauer abgeschafft werden.“ 

„Nur so überwinden wir soziale Ungleichheit.“

Der Gewerkschaftstag fordert mit seinem Beschluss die Bundesregierung auf, das BAföG zu reformieren. Darauf besteht die GEW auch nach dem BAföG-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVG) im Oktober 2024. „Nur so überwinden wir soziale Ungleichheit“, sagte ein Delegierter. Das BVG hatte damals entschieden, dass Studierende keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf ein höheres BAföG auf dem Niveau eines menschenwürdigen Existenzminimums haben. Sie könnten schließlich eine bezahlte Arbeit annehmen. „Das hat mit Bildung nichts zu tun“, kritisierte Andreas Keller. 

Über ein Drittel der Studierenden muss mit monatlichen Gesamteinnahmen unter 800 Euro zurechtkommen. Die staatliche Ausbildungsförderung deckt nur einen Bruchteil der Lebenshaltungskosten der Studierenden, nur zwölf Prozent erhalten überhaupt BAföG. Fast zwei Drittel aller Studierenden haben einen Job und arbeiten in diesem im Schnitt 15 Stunden pro Woche, ergab eine Untersuchung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

„Gute Kampfvorlage für Hochschulen“

„Das neue wissenschaftspolitische Programm der GEW ist eine gute Kampfvorlage für die Hochschulen“, lobte ein Delegierter. Ein anderer begrüßte das darin enthaltene Ziel, Forschung, Lehre und Studium zu internationalisieren und weltoffen zu halten. Das sei nicht nur eine Bereicherung, „sondern angesichts der aktuellen geopolitischen Spannungen und Probleme auch wichtig.“