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Nach wie vor Schlupflöcher im Wissenschaftszeitvertragsgesetz

Das Bundeskabinett hat heute einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes beschlossen. Die Regierung kommt damit der GEW etwas entgegen, lässt aber an vielen Stellen Schlupflöcher.

Bild: Kay Herschelmann

Im Berufsfeld der Wissenschaft ist es bis dato nicht unüblich, sich auch im Alter von 40 Jahren noch von einem zum nächsten befristeten Arbeitsvertrag zu hangeln. Heute hat die Bundesregierung den Versuch unternommen, dem einen Riegel vorzuschieben und die Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes beschlossen.

Die Messlatte für den Gesetzentwurf war hoch. Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU) forderte, Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis entgegen zu treten. Es gebe "keinen sachlichen Grund dafür, dass mehr als die Hälfte der jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei ihrem ersten Vertrag kürzer als ein Jahr angestellt werden", so Wanka.

In der Praxis entpuppt sich die Gesetzesnovelle jedoch als Flickenteppich. Zwar ist die Regierung der GEW in einzelnen Punkten etwas entgegengekommen und hat den Referentenentwurf von Bundesbildungsministerin Wanka nachgebessert. "Doch der Gesetzentwurf lässt weiter zu viele Schlupflöcher, das Hire-and-Fire-Prinzip an Hochschulen und Forschungseinrichtungen fortzusetzen. Tippelschritte führen nicht zu der Reform, auf die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warten", betonte Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender und Hochschulexperte der GEW.

Die GEW begrüßt die behindertenpolitische Komponente sowie die Vorgaben für Mindestvertragslaufzeiten, die etwas verbindlicher ausgestaltet sind als noch im Referentenentwurf von Ministerin Wanka. Allerdings, so Keller, "sollte zusätzlich eine Untergrenze von drei Jahren für Arbeitsverträge mit Doktorandinnen und Doktoranden vorgesehen werden." Nur so ließe sich dem Wildwuchs an Kurzzeitverträgen einen Riegel vorschieben

Die GEW hatte im Januar 2015 einen eigenen Gesetzentwurf zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vorgelegt. Dauerstellen für Daueraufgaben, Mindestlaufzeiten für Zeitverträge, eine verbindliche Ausgestaltung der familienpolitischen Komponente und die Aufhebung der Tarifsperre sind einige Eckpunkte des GEW-Entwurfs.

Das Fazit von GEW Hochschulexperte Andreas Keller lautet: "Damit das Gesetz das Befristungsunwesen in der Wissenschaft wirklich eindämmt, sind weitere Korrekturen des Regierungsentwurfs notwendig." Zur Überarbeitung gehört der Anspruch auf Qualifizierung während der Arbeitszeit genauso wie die fehlende familienpolitische Komponente: "Wer Kinder betreut, muss einen Anspruch auf Vertragsverlängerung bekommen. Und schließlich muss die Tarifsperre endlich aus dem Gesetz gestrichen werden: Wie in allen anderen Branchen sollten Arbeitgeber und Gewerkschaften auch in der Wissenschaft sachgerechte Befristungsregelungen aushandeln dürfen", erklärte Keller.

Der Bundesrat wird zunächst Stellung zur Gesetzesnovelle nehmen, bevor es in den Bundestag eingebracht wird. Die GEW wird den Verlauf kritisch begleiten und darüber berichten. Außerdem wird die GEW für den 2. bis 6. November zur "Aktionswoche Traumjob Wissenschaft" aufrufen.