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Deutsche Auslandsschulen

Mitbestimmung verbindlich vereinbaren!

Interview mit Laurens Brandt, Wissenschaftlicher Referent am Hugo Sinzheimer Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Hans-Böckler-Stiftung.

Laurens Brandt, Wissenschaftlicher Referent am Hugo Sinzheimer Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Hans-Böckler-Stiftung (Foto: Frank Rumpenhorst, Hans-Böckler-Stiftung)
  • Warum brauchen wir eine wirksame Mitbestimmung an Deutschen Auslandsschulen (DAS)? 

Laurens Brandt: „Mitbestimmung ist wichtig, weil der Einzelne regelmäßig in einer schwächeren Position ist als der Arbeitgeber. Deswegen braucht es eine kollektive Vertretung, um dieses Machtungleichgewicht in gewissem Umfang zu korrigieren und den Schutz der Beschäftigten sicherzustellen. Auch das Bundesverfassungsgericht misst der Mitbestimmung einen hohen Stellenwert bei. Das Gericht sieht eine Nähe zur grundrechtlichen Menschenwürde. Menschenwürde bedeutet, der Einzelne soll nicht Objekt fremder Entscheidung sein. Sondern er soll seine Geschicke mitbestimmen können.“

  • Wie beurteilen Sie aus rechtlicher Sicht die derzeitigen Einflussmöglichkeiten der „Lehrerbeiräte“, die heute an vielen DAS zu finden sind?

Brandt: „Deutsche Auslandsschulen sind nicht verpflichtet, Lehrerbeiräte einzusetzen. Es handelt sich lediglich um eine Empfehlung des Bund-Länder-Ausschusses für schulische Arbeit im Ausland. Deshalb existieren sie an manchen DAS auch nicht. Wo es Lehrerbeiräte gibt, haben sie schon einen positiven Einfluss. Aber ihr Einfluss ist deutlich schwächer als die Mitbestimmung nach dem Personalvertretungsgesetz in Deutschland. Es fehlt an echten Mitbestimmungsrechten, die man im Konfliktfall auch gerichtlich durchsetzen kann. Es gibt lediglich Anhörungsrechte. Und es fehlt an Ressourcen wie Freistellung und gesetzlichem Schutz, um dieses Amt unabhängig ausüben zu können.“

  • Aus dem Auslandsschulgesetz, § 8, Nr.3 geht hervor: Eine Schule wird nur dann vom deutschen Staat gefördert, wenn „sie den Schülerinnen und Schülern, den Eltern und den Lehrkräften eine angemessene Beteiligung am Schulleben sichert“. Lässt sich diese Vorschrift nutzen, um eine wirksame Mitbestimmung durchzusetzen?

Brandt: „Ja, man muss diese Bestimmung so verstehen, dass es in DAS eine Form der Mitbestimmung geben muss, damit sie förderfähig sind. Das Schulleben umfasst ja auch den Unterricht und die Bedingungen, unter denen die Arbeit geleistet wird. Und daran muss es eine gesicherte Beteiligung geben. Zumindest müsste die jetzige Empfehlung erweitert und verbindlich ausgestaltet werden, indem man sie in den Förderverträgen mit den Schulen verpflichtend vereinbart. Und die Schulen darauf verpflichtet, Mitbestimmung in für die Lehrkräfte zentralen Fragen des Schullebens zu gewähren.“ 

  • Das Argument der Gegenseite lautet: Die Beschäftigten an DAS unterliegen ja beim Arbeitsrecht den Gesetzen des Landes, in dem sich die Schule befindet. Eine Anwendung der deutschen Regelungen zur Mitbestimmung sei daher nicht möglich. Was sagen Sie dazu? 

Brandt: „Grundsätzlich ist es richtig, dass deutsches Personalvertretungsrecht nicht anwendbar ist. Weil es sich bei den Auslandsschulen ja nicht um Dienststellen des Bundes im Ausland handelt. Aber wie gesagt, man könnte eine verbindliche Form der Mitbestimmung in den Förderverträgen vereinbaren. In den wenigsten Ländern wird es verboten sein, eine wirksame Mitbestimmung an Deutschen Auslandsschulen auf vertraglicher Grundlage zu schaffen.“ 

  • Die Bund-Länder-Inspektion (BLI) besucht regelmäßig Deutsche Auslandsschulen, um deren Qualität zu prüfen. Könnte man die Mitbestimmung schon jetzt dadurch fördern, dass man die BLI zwingt, regelmäßig die Qualität der Mitbestimmung zu prüfen? 

Brandt: „Das ist vom politischen Willen abhängig. Aber natürlich könnte man denjenigen, die diese Inspektion durchführen, Vorgaben machen, was dort zu kontrollieren ist. Ich habe mir den aktuellen Bericht der Bund-Länder-Inspektion angeschaut. Da geht es auch um die innere demokratische Verfasstheit der DAS. Aber wenn man nach ´Mitbestimmung` oder ´Lehrerbeiräten` sucht, wird man nicht fündig. Da ist schon Verbesserungspotenzial vorhanden.“