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Mit Wörtern die Welt verändern

Frauen haben viel erreicht. Warum zweifeln dennoch viele Frauen daran, dass sie Einfluss nehmen können? Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe berichtet vom letzten Tag der Weltfrauenkonferenz der Bildungsinternationale in Dublin.

Fotos: Bildungsinternationale

„From Words to Action“ war Thema der Podiumsdiskussion am 9. April 2014, dem dritten und letzten Tag der Weltfrauenkonferenz der Bildungsinternationale in der irischen Hauptstadt Dublin. Die Diskussion wurde von der Argentinierin Yamile Socolovsky, Vorsitzende der dortigen Hochschulgewerkschaft (CONADU) auf spanisch moderiert. Ich war sehr erfreut, dass ich ihr ohne Übersetzung folgen konnte!

Yamile hob die Bedeutung von Wörtern in der Gewerkschaftspolitik hervor. In der Politik bräuchten wir Wörter. Wörter, die die Welt verändern als Grundlage für Entschlüsse, Handlungen und Forderungen. Wörter, die die Situation von Frauen beschreiben. Kritische Wörter, die die Information verbreiten über die politischen Situationen, die Arbeitsbedingungen, die Rechte der Arbeitnehmerinnen, die Bedeutung und Vereinbarungen in unseren Gewerkschaften, Wörter, die Ziele beschreiben, die die Kultur und Praxis in unseren Gewerkschaften beschreiben. Mit den Wörtern verändern wir die Welt.

Frauen haben die Möglichkeiten

Lily Eskelsen García, Vizepräsidentin der US-amerikanischen Bildungsgewerkschaft NEA, leitete ihr Statement damit ein, dass es weiterhin ein Nachteil sei, als Mädchen geboren zu werden, auch wenn wir Frauen schon viele Fortschritte erreicht hätten. In ihrer Gewerkschaft sei hart daran gearbeitet worden, die Organisation, die Kultur und die Struktur in Richtung Geschlechtergerechtigkeit zu transformieren. Das Wort Transformation bekäme mehr und mehr Bedeutung. Sie sieht aber auch, dass es nur möglich ist die Menschen zu transformieren. Frauen haben selbst die Möglichkeiten.

Ihre Gewerkschaft hatte viele erfolgreiche Frauen danach befragt, wie sie an ihre Position gekommen wären. Die meisten hätten nicht das Gefühl ihre Position verdient zu haben, sich diese erarbeitet zu haben, sondern zur rechten Zeit an der richtigen Stelle gewesen zu sein. „Wenn es richtig ist, dass selbst viele, die eine führende Position erreicht haben, dies nicht als ihren Verdienst, den gerechten Lohn ihrer Arbeit empfinden, dann haben wir noch viele innere Barrieren abzubauen“, so Lily Eskelsen García. Sie rief allen Anwesenden zu, dass sie selbst als Vorbild dienen sollten, genau, wie wir uns vorangehende Frauen als Modell genommen hätten. Es sei unsere Aufgabe etwas für die zu tun, die nicht fühlen, dass sie etwas verdient haben.

Menschenrecht auf Bildung

Milagros Ogalinda, Generalsekretärin der National Alliance of Teachers and Office Workers (SMP) auf den Philippinen sieht das Netzwerken als Schlüssel zum Erfolg. Sie plädierte dafür, in unseren eigenen Gewerkschaften Gender Mainstreaming zu nutzen. Dianne Woloschuk, Vorsitzende der Canadian Teachers’ Federation (CTF-FCE) betonte die Menschenrechte als Rahmen für alles Handeln. Teil unserer Aufgabe sei es, täglich daran zu erinnern, dass die Menschenrechte Leitmotiv sind.

Sie sprach für das Recht aller auf öffentliche Bildung und forderte uns auf, bei den Regierungen die nötigen Ressourcen einzufordern. Privatisierung sei abzulehnen. Woloschuk forderte lokale, inklusive Schulen mit guter Lernumgebung. Je diverser eine Schulklasse ist, desto weniger sinnvoll seien Tests. Die Lernfortschritte des Einzelnen seien bedeutsam, nicht gleichmachende Tests. Eine Schüsselrolle sei das Reflektieren über die eigene Praxis. Was modellieren wir durch das, wie wir handeln? Geben wir den Eltern genügend Aufmerksamkeiten?

Lagerfeuer und Leuchtturm

In der Forschung bestünde die Einschätzung: Wenn die Zahl der Frauen bis zur Gleichheit erhöht wird, steigt der Erfolg. Dies müsse auch für die Führungsebene der Bildungsinternationale gelten. Die Frauen geben das Feuer weiter. Sie beschrieb die Konferenz als ein Lagerfeuer. Die Schlüsselaufgabe: Menschen zusammenbringen, in Solidarität stehen, gleiche Rechte für alle nachhaltig machen. Der Wahrheit eine Stimme geben, wie dem Kampf für soziale Gerechtigkeit und für gleiche Rechte.

„Die Bildungsinternationale ist wie ein Leuchtturm, der uns durch Sturm und Nebel leitet“, so die Kanadierin. „Wir können es nicht bei dem einen Leuchtturm belassen. Wir müssen das Feuer zu Hause aufrechterhalten und weitergeben.“ Kanada wird im Jahr 2015 Gastgeber gleich zweier großer internationaler Bildungskonferenzen sein: Dem Weltkongress der Bildungsinternationale mit Delegierten von rund vierhundert Bildungsgewerkschaften und dem Gipfel zum LehrerInnenberuf mit BildungsministerInnen und GewerkschaftsvertreterInnen aus OECD Staaten.

Keine Entschuldigungen mehr: Bildung für jedes Kind

Die US-Amerikanerin Mary Hatwood Futrell, eine der GründerInnen der Bildungsinternationale, hatte die Ehre, eine abschließende Schlüsselbotschaft zu sprechen. Sie sah in ihrer persönlichen Geschichte als Frau aus den Südstaaten der USA ein Beispiel dafür, dass Bildung den Menschen Chancen eröffnet. Als schwarze Schülerin hatte sie in den USA Rassendiskriminierung erfahren, aber ihre Mutter hatte sie immer ermahnt zu lernen.

„750 Millionen können nicht lesen, das ist ein Ansporn weiter zu kämpfen. Warum gibt es weiterhin Länder, in denen Mädchen und Frauen nicht in die Schule gehen können, vergewaltigt werden“, fragte Futrell die Delegierten. „Der beste Weg Menschen unfrei zu halten, ist sie nicht in die Schulen gehen zu lassen. Man kann dir dein Auto, dein Haus wegnehmen - deine Bildung kann man dir nicht wegnehmen. Wir brauchen keine Entschuldigungen mehr. Für jedes Kind den Zugang zu Bildung!!!!“, rief Mary Futrell den Frauen unter großem Applaus zu.

Frauennetzwerke stärken

Die Norwegerin Haldis Holst, stellvertretende Generalsekretärin der Bildungsinternationale, fasste die Konferenzergebnisse zusammen: Einen besseren Überblick gewinnen über die Partizipation von Frauen in den BI-Regionen, Ausbau der Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch in Netzwerken der Bildungsinternationale, mehr weibliche Delegierte bei den Kongressen. Folgende nächste Schritte stehen für die Bildungsinternationale an: Überarbeitung der BI-Deklaration zum Berufsethos von Lehrkräften durch Ergänzung z.B. um Aspekte wie sichere Schulen und um Rechte von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen, außerdem die Evaluation des Gender Action Plans der BI und die Verankerung von Geschlechterthemen in allen BI-Kampagnen.

Gute Bildung ist kein Luxus

Susan Hopgood, Präsidentin der Bildungsinternationale und gleichzeitig Vorsitzende der Australian Education Union (AEU) , sprach das Schlusswort. Sie kritisierte, dass Regierungen mehr in Privilegierte denn in Marginalisierte investieren. In den armen Ländern seien die Mädchen diejenigen, die die geringsten Chancen hätten.

Hopgood forderte die Teilnehmerinnen auf in ihren Ländern darauf Einfluss zu nehmen, damit Bildung in den UN-Beratungen über die Post 2015 Agenda zu den globalen Entwicklungszielen weiterhin ganz oben auf der Prioritätenliste bleibt. „Qualität ist kein Luxus und nicht nur etwas für die, die privilegiert sind. Regierungen, kommunale Verantwortliche, alle zusammenbringen für das Menschenrecht auf Bildung. Das ist unsere Aufgabe“ so die BI-Präsidentin.

Folgende Punkte bringen auf die Erfolgsspur

• Öffentlich finanzierte Bildung ist der Schlüssel zu einer besseren Welt.
• Länder, die die Zusammenarbeit zwischen Regierungen und Gewerkschaften wichtig nehmen, sind erfolgreicher bei PISA.
• Wenn Frauen eine schulische Grundbildung erhalten, sinkt die Kindersterblichkeit, beginnt sich die Gender Pay Gap, der Abstand in der Bezahlung von Frauen und Männern zu schließen.

Susan Hopgood beendete die zweite Weltfrauenkonferenz der Bildungsinternationale mit einer Ermutigung an die fast vierhundert meist weiblichen Gewerkschaftsdelegierten aus allen fünf Kontinenten mit den Worten: „Wir haben die Kraft die Welt zu verändern!“