EdTechReflektor
Memory mit Lernsoftware
Der EdTechReflektor ist ein interaktives PDF, das Lehrkräften bei der Auswahl digitaler Medien helfen soll. E&W sprach mit Prof. Sigrid Hartong von der Initiative Unblack the Box, die das Tool mit dem Leibniz-Institut für Bildungsmedien entwickelte.
- E&W: Wozu braucht es ein Instrument wie den EdTechReflektor?
Prof. Sigrid Hartong: Nach wie vor ist es für Lehrkräfte sehr undurchsichtig, was für eine Pädagogik eigentlich in EdTech-Produkten steckt. Was bedeutet es zum Beispiel für Lehrkräfte, wenn sie die Leistungen der Schülerinnen und Schüler auf eine bestimmte Weise angezeigt bekommen? Wie sieht das Feedback aus, das Schülerinnen und Schüler von der Technologie erhalten? All das hat ja pädagogische Konsequenzen. Bisher gibt es zwar viele Informationen zum Datenschutz oder zu Nutzungsszenarien, aber das reicht nicht aus.
- E&W: Wie nutze ich den EdTechReflektor als Lehrerin oder Lehrer?
Hartong: Der EdTechReflektor ist ein interaktives PDF mit fünf Frageblöcken auf jeweils einer Seite. Darin kann ich wie in einem Memory-Spiel herumklicken, hinter jeder Box mit einer Antwortoption gibt es eine kurze Erklärung. Die kann ich aufdecken und mich über die weiteren Informationen der Lernsoftware Schritt für Schritt nähern. Ich bekomme so auch eine Idee davon, worauf ich achten sollte. Und ich kann immer auch sagen: Keine Ahnung, weiß ich nicht. Das ist auch ein Ergebnis, denn es bedeutet: Diese App ist für mich intransparent, ich möchte lieber etwas nutzen, das ich pädagogisch besser nachvollziehen kann. Ich muss den Reflektor zudem nicht von vorn bis hinten durchlaufen, sondern kann auch nur eine oder zwei Seiten nutzen.
- E&W: Welche Themen greifen die Fragen auf?
Hartong: In Frage drei geht es zum Beispiel darum, dass Bildungsmedien oft damit werben, Rückmeldungen an Schülerinnen und Schüler schneller und personalisierter als in klassisch-analogen Unterrichtsszenarien zu geben. Aber: Mit der Modellierung des Feedbacks vermitteln sie immer auch ein Bild der Lernprozesse, das einen bestimmten Effekt auf Schülerinnen und Schüler hat. Frage vier wiederum thematisiert die auswertende Darstellung der Lernfortschritte für Lehrkräfte und welche pädagogischen Entscheidungen derartige Darstellungen nahelegen.
- E&W: Was passiert, wenn ich alles durchgeklickt habe?
Hartong: Dann habe ich eine differenzierte Einschätzung vorgenommen und weiß über einzelne Aspekte eines Produktes besser Bescheid. Ich habe die gesammelten Informationstexte vor mir, aus denen hervorgeht: Das sind die Risiken, das die Vorteile – und das sind mögliche pädagogische Konsequenzen.
- E&W: Lässt sich der EdTechReflektor für alle Bildungsmedien nutzen?
Hartong: Er ist primär geeignet für Software, die zur Vermittlung der Inhalte eingesetzt wird, etwa für das Lesenlernen, das Rechnen oder das Lernen einer Fremdsprache.
- E&W: Gibt es schon Feedback von Lehrkräften?
Hartong: Wir haben den EdTechReflektor mit einer Handvoll Lehrerinnen und Lehrer getestet. Aber wir brauchen jetzt noch mehr Rückmeldungen, um zu wissen, ob er sinnvoll ist, was wir weiterentwickeln müssen oder welche Probleme bei der Nutzung auftreten. Eine Herausforderung ist, dass das Instrument am Ende nicht sagt: Dieses Produkt ist gut oder schlecht. Denn in jedem Bildungsmedium steckt sowohl pädagogisch Sinnvolles als auch Riskantes. Es hängt immer stark davon ab, wie und wofür ich es einsetze.
- E&W: Was kam bei mit dem Reflektor getesteten Bildungsmedien bisher raus?
Hartong: Oft wurde klar, dass Produkte weniger Potenzial hatten als gedacht. Das bedeutet in der Schlussfolgerung aber nicht, dass es den EdTechReflektor nicht braucht, weil vieles auf dem Markt sowieso enttäuschend ist. Das glauben wir nicht. Auch Produkte, die in mancher Hinsicht ihre Versprechen nicht erfüllen, können für andere Einsätze interessant sein.