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Studie der Hans-Böckler-Stiftung

Mehrheit der Eltern kann nicht mit zuverlässiger Betreuung planen

Die Mehrheit der Eltern berichtet in einer aktuellen Befragung der Hans-Böckler-Stiftung von einer unzuverlässigen Betreuungssituation. Die Stiftung bilanziert: Neben finanziellen Investitionen braucht es eine Fachkräfteoffensive.

Foto: GEW / Shutterstock
Der Staat muss einerseits Betreuungsangebote ausbauen und andererseits die Qualität und Zuverlässigkeit der bestehenden Angebote sicherstellen. (Foto: GEW/Shutterstock)

Ein großer Anteil der erwerbstätigen oder arbeitsuchenden Eltern kann trotz eines Betreuungsplatzes für ihr Kind nicht mit einer zuverlässigen Betreuung planen. Knapp 60 Prozent von ihnen waren im Herbst 2024 mit Kürzungen der Betreuungszeiten und/oder kurzfristigen, zeitweiligen Schließungen der Einrichtung konfrontiert. Rund 29 Prozent berichteten dabei von zwei oder mehr ausgefallenen Betreuungstagen innerhalb von drei Monaten, knapp vier Prozent sogar von mehr als zehn Tagen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Befragung der Hans-Böckler-Stiftung, an der im Dezember insgesamt rund 7.500 Erwerbstätige und Arbeitsuchende teilnahmen. Rund 1.000 Personen mit Kindern in Betreuungseinrichtungen erhielten Fragen zur Stabilität der Betreuung. 

„Die kommende Regierung muss den Ausbau und die Qualität von Kinderbetreuung und früher Bildung priorisieren.“ (Bettina Kohlrausch)

Der Staat müsse nicht nur die Betreuungsangebote ausbauen, sondern auch die Qualität und Zuverlässigkeit der bestehenden Angebote sicherstellen, sagte die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, Bettina Kohlrausch. Die personelle Ausstattung der existierenden Angebote sei nicht ausreichend. „Die kommende Regierung muss den Ausbau und die Qualität von Kinderbetreuung und früher Bildung priorisieren. Es braucht dauerhafte und verlässliche Mehrinvestitionen in die Kinderbetreuung und den schulischen Ganztag.“

Vor allem Mütter müssen Arbeitszeit reduzieren

Von den insgesamt 1.023 befragten Müttern und Vätern mit Kindern in Betreuung gaben 44 Prozent an, dass die Einrichtung in den drei Monaten vor der Befragung im Dezember kurzfristig und ungeplant geschlossen hatte, etwa wegen Personalmangels durch Krankheitsfälle. Bei ebenfalls 44 Prozent kam es zu Verkürzungen der vereinbarten Betreuungszeiten. Da ein Teil der Eltern sowohl mit Kürzungen als auch mit Schließungen zurechtkommen musste, summiert sich die Quote der Betroffenen insgesamt auf 59,2 Prozent. 33 Prozent der Väter und 40 Prozent der Mütter mussten zeitweilig ihre Arbeitszeit reduzieren.

„Neben den finanziellen Investitionen braucht es zudem eine Fachkräfteoffensive, da der Ausbau des Betreuungsangebots inzwischen häufig nicht mehr nur am Geld, sondern auch an den fehlenden Fachkräften scheitert.“ 

„Die Befragungsdaten zeigen, wie dringend die Infrastruktur der frühen Bildung und Betreuung und die Arbeitsbedingungen in Erziehungsberufen verbessert werden müssen“, betonte Kohlrausch. „Neben den finanziellen Investitionen braucht es zudem eine Fachkräfteoffensive, da der Ausbau des Betreuungsangebots inzwischen häufig nicht mehr nur am Geld, sondern auch an den fehlenden Fachkräften scheitert.“

Anteil der Fachkräfte sinkt

Unterdessen sinkt einer Studie zufolge auch der Anteil der Fachkräfte  in den Kindertagesstätten. Zugleich werden zunehmend Personen ohne formale pädagogische Voraussetzungen eingestellt, wie es im Dezember 2024 im „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann Stiftung hieß. Die GEW warnt seit langem vor den gravierenden Auswirkungen des Fachkräftemangels und fordert dringend, die strukturelle Qualität in der Kindertagesbetreuung auszubauen.

„Wir brauchen nicht nur mehr Fachkräfte, auch die Arbeitsbedingungen müssen massiv verbessert werden (…).“ (Doreen Siebernik)

„Die Belastung der Fachkräfte in den Kitas ist enorm. Immer mehr Erzieherinnen und Erzieher arbeiten in Teilzeit oder verlassen das Berufsfeld. Das gefährdet die Qualität der Betreuung. Es ist offensichtlich: Wir brauchen nicht nur mehr Fachkräfte, auch die Arbeitsbedingungen müssen massiv verbessert werden, um den gesellschaftlichen Anforderungen an die frühkindliche Bildung gerecht zu werden“, sagt Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit.