Landtagswahlen und eine Bundestagswahl stehen bis Herbst 2017 an. Statt Herausforderungen, gerade in der Flüchtlingspolitik, zielorientiert anzupacken, verschärft sich der Ton. Umfragewerte der AfD lösen hektische Reaktionen aus, die populistisch wirken und voraussichtlich eher der AfD nützen. Warum eine Kopie wählen? Dann doch lieber gleich das Original! Die politische Arithmetik droht, sich dauerhaft zu verschieben. Ziehen bis zu sechs Parteien in die Parlamente ein, lautet das Ergebnis fast immer: Große Koalition unter Führung der CDU. Politik, die getrieben wirkt und einen chaotischen Eindruck macht, ist eine schlechte Grundlage für demokratische Meinungs- und Willensbildung. Was gut täte, wäre eine „Normalpolitik“, die sich den Herausforderungen stellt und Probleme strukturell angeht. Nur so kann Vertrauen zurückgewonnen werden.
Gerade in der Bildungspolitik werden jetzt Versäumnisse der Vergangenheit deutlich: Eine flächendeckende Vollversorgung mit Lehrkräften mit ausreichenden zeitlichen Ressourcen für inklusive Bildung und Reserven für Vertretungsstunden fehlen schon länger. Die Folge: Arbeitsverdichtung und Unterrichtsausfall. Die Befürchtung, die Unterrichtsversorgung könne sich durch zusätzliche Klassen oder ergänzenden Sprachunterricht für Geflüchtete und Asylsuchende weiter verschlechtern, schürt bei vielen Eltern genau die Ängste, die Rechtspopulisten nutzen, ohne Lösungen aufzuzeigen. Und bei den Lehrkräften entsteht das Gefühl, politisches Handeln werde ohne Rücksicht auf den pädagogischen Alltag auf ihrem Rücken ausgetragen. Das richtige Konzept lautet: qualitativer und quantitativer Ausbau des Bildungswesens!
Beispiel 2: Die Beschäftigungssituation der Lehrkräfte, die Integrationskurse leiten, ist prekär, nun tauschen sie Selbstständigkeit auf Hartz-IV-Niveau mit sozialversicherten Anstellungen an Schulen. Das Ziel, mehr Integrationskurse anzubieten, droht deshalb verfehlt zu werden. Wieder ein hausgemachtes
Problem: Prekäre Beschäftigung führt zur Abstimmung mit den Füßen. Die gestiegene Zuwanderung nach Deutschland zeigt die Spitze des Eisbergs besonders deutlich, ist aber nicht die Ursache der Probleme.
"Sich aktiv einmischen!"
Die AfD bietet keine Lösungen an. In ihren „Leitlinien“ wird deutlich, dass Bildung Aufgabe der Familie ist, nicht von Kitas und Schulen, die Schuldenbremse scheint heilig, staatliche Einnahmen zu erhöhen, ist kein Thema. Diese Partei hat nichts zu bieten, was zu besserer Bildung verhilft. Sie behauptet sogar, die Integration von Asylsuchenden aus Kriegsgebieten sei nicht nötig, da diese Menschen Deutschland in absehbarer Zeit sowieso verlassen müssten. Sie setzt auf Rechtspopulismus, leistet sich rassistische Entgleisungen, tritt für antidemokratische gesellschaftliche Werte ein und verursacht dauerhafte Entscheidungsblockaden. Die AfD lebt von ihrer Verantwortungslosigkeit und vom schlechten Bild, das die anderen Parteien abgeben. Was tun?
• Wählen gehen und demokratische Parteien wählen! Geringe Wahlbeteiligung nützt nur den Rechten, die massiv von der Abwanderung bei den anderen Parteien profitiert haben. Wahlanalysen zeigen, dass die AfD ihre Erfolge nicht bei den Nichtwählerinnen und -wählern erzielt. Apropos Nichtwähler: Auch die sinkende Wahlbeteiligung verweist auf ein bildungspolitisches Versäumnis: Politische Bildung wurde an unseren Schulen zurückgefahren. Das zeigt heute Folgen.
• Sich aktiv einmischen! Die GEW wird auf die Wahlprogramme Einfluss nehmen. Noch wichtiger ist, dass bildungspolitische Inhalte auch in Regierungsprogrammen und Koalitionsvereinbarungen einen Schwerpunkt bilden und die Finanzierung der Bildung OECD-Niveau erreicht. Dafür setzt sich die GEW ein. In der Demokratie gibt es viele Möglichkeiten, sich zu beteiligen. Am Wahltag heißt es, das aktive Wahlrecht zu nutzen. Denn: WIR haben die Wahl!
Dieser Kommentar von Marlis Tepe ist in der Februarausgabe der Zeitschrift E&W erschienen.