Von Januar 2005 bis Juli 2008 war ich als Bundesprogrammlehrkraft (BPLK) in Namibia an der Deutschen Höheren Privatschule Windhoek (DHPS) tätig. Aufgrund der nordrhein-westfälischen Altersgrenze für die Verbeamtung von 35 Jahren habe ich im Juli 2008 meinen Dienstvertrag vorzeitig beenden müssen, da ich eine Einstellung in den Landesschuldienst von NRW anstrebe. An der DHPS unterrichtete ich in den Klassenstufen 5 bis 10 in Biologie, Erdkunde (SI/II) und Deutsch (SI).Von 2005 bis 2006 war ich Mitglied des Lehrerbeirats und ab 2006 habe ich die Fachleitung für Erdkunde innegehabt.
Kriminalität beeinträchtigt die Lebensqualität
Der schulische Einsatzort Windhoek besitzt im Vergleich zum landesweiten Durchschnitt eine gut ausgebaute und organisierte Infrastruktur. Die Einkaufs- und Versorgungsmöglichkeiten der etwa 240 000 Einwohner zählenden Hauptstadt entsprechen mit Ausnahme des öffentlichen Verkehrsnetzes einem europäischen Oberzentrum. Es existieren verschiedene kulturelle Angebote und (Weiter-) Bildungsmöglichkeiten (z.B. University of Namibia (UNAM), Goethe-Zentrum, Franco Namibian Cultural Centre (FNCC)). Die Mehrheit der namibischen Staatsangehörigen europäischer Herkunft konzentriert sich in Windhoek, was sich unter anderem im Warenangebot widerspiegelt. Mit der deutschsprachigen „Allgemeine Zeitung“ und speziellen Radiosendungen des NBC ist zudem die deutsche Sprache regelmäßig in den landesweiten Medien vertreten. Obwohl Namibia nach Südafrika das höchste Pro-Kopf-Einkommen im südlichen Afrika erwirtschaftet, bestehen gravierende wirtschaftliche Probleme, die sich in einer hohen Arbeitslosenquote von etwa 40% und einem großen Einkommensgefälle manifestieren. Der informelle Dienstleistungssektor (Haushaltshilfen, Gartenarbeiter usw.) ist sehr stark ausgeprägt und bietet vor allem den nicht oder nur gering ausgebildeten Bevölkerungsgruppen ein Grundeinkommen. Eine hohe HIV-Infektion der Bevölkerung von landesweit ca. 20% und der damit verbundene Zuwachs der sogenannten AIDS-Waisen, stellt Namibia zusätzlich zur verbreiteten Armut zunehmend vor enorme gesellschaftliche Herausforderungen, deren Bewältigung sich auch auf die wirtschaftliche Zukunft des Landes auswirken werden. Kriminalität, vor allem Einbrüche und Diebstähle, aber auch gewalttätige Raubüberfälle mit Waffeneinsatz, setzen die Lebensqualität in der Hauptstadt und in der näheren Umgebung herab. Sämtliche Freizeitaktivitäten beschränken sich in der Regel auf den privaten Bereich bzw. können nur in eigens dafür etablierten Institutionen durchgeführt werden. Im Stadtbild zeigt sich die eingeschränkte Sicherheitslage durch die Installation von Sicherheitsanlagen (Mauern, Elektrozäunen etc.), die Privatgrundstücke wie Staatseigentum umgeben.
Viele Schüler sprechen auch Englisch und Afrikaans
Bei der Deutschen Höheren Privatschule Windhoek handelt es sich um eine Begegnungsschule mit 1010 Schülerinnen und Schülern (2006). In der Primarstufe (Klasse 1 bis 6) und der Sekundarstufe I (Klasse 7 bis 9) existiert in der Regel eine vierzügige Klassenorganisation. Pro Jahrgang gehört eine Klasse zur sog. „Neuen Sekundarstufe“. Diese Klassen lernen Deutsch als Fremdsprache und erhalten ansonsten englischsprachigen bzw. verstärkt deutschsprachigen Fachunterricht. Es werden zwei Schulabschlüsse an der DHPS angeboten: Landeseigener Schulabschluss „Namibian Senior Secondary Certificate“ (NSSC-Examen) und Deutsche Internationale Abiturprüfung. Beide Abschlüsse berechtigen zum Universitätsbesuch in Südafrika, was die deutliche Mehrzahl der Schüler und Schülerinnen anstrebt. Darüber hinaus existiert ein bilinguales französisch-deutsches bzw. französisch -englisches Unterrichtsangebot in der Vorschule und Primarstufe. Das Lehrerkollegium ist mit 96 Lehrkräften (davon 19 ADLK und 3 BPLK) als groß zu bezeichnen. Die Schüler und Schülerinnen besitzen mehrheitlich die namibische Staatsbürgerschaft. In der Regel besitzt mindestens ein Elternteil einen deutschen Hintergrund, so dass die Muttersprache dieser Kinder deutsch ist. Viele Schüler sprechen neben Deutsch auch Englisch und Afrikaans, wobei das alltäglichen Nebeneinander der Sprachen häufige Fehler erklären kann. Zudem verwenden die deutschstämmigen Schüler und Schülerinnen in ihrer Alltagssprache auch etliche Begriffe der als Südwesterdeutsch bezeichneten Sprachvariante, was eine zusätzliche Fehlerquelle darstellen kann. Der sozialen Herkunft nach stammen diese Schüler und Schülerinnen aus der weißen, namibischen Mittelschicht. Knapp 20% aller Schüler besuchen die sogenannte „Neue Sekundarstufe“. Die Schüler und Schülerinnen erhalten vornehmlich englischsprachigen Fachunterricht und lernen Deutsch als Fremdsprache. Ihre Muttersprache ist zumeist Afrikaans oder eine afrikanische Stammessprache, z.B. Oshivambo, Otjiherero oder Damara. Während die Eltern vor einiger Zeit noch überwiegend der Unter- bzw. unteren Mittelschicht entstammten, zeigt sich mittlerweile vor allem an den Schülern des englischsprachigen Primarstufenzweigs eine Herkunft aus aufstrebenden Mittelschichtsfamilien. Nach wie vor wird jedoch immer noch ein Großteil aller Anträge auf Schulgeldermäßigung von den Schuleltern des englisch-sprachigen Schulzweigs gestellt. Die Schwierigkeiten beim Einsammeln kleinerer Geldbeträge (z.B. für gemeinsame Klassenaktivitäten) gibt im Schulalltag einen Einblick in die häufig prekäre finanzielle Lage dieser Familien. Deutsche Kinder, die in Deutschland geboren und gemeinsam mit ihren Eltern (befristet) ausgewandert sind, bilden mit etwa 20% am Gesamtanteil nur einen kleinen Teil der Schülerschaft. In der Regel entstammen sie der gut situierten Oberschicht.