GWK-Bericht zur Gleichstellung:
Langsamer Fortschritt – und erste Rückschläge
Der Anteil der Frauen in Führungspositionen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen steigt – aber sehr langsam und in Teilbereichen sind Rückschläge zu verzeichnen.
Das ist das Ergebnis der 23. Fortschreibung des Berichts „Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung“, den regelmäßig die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern vorlegt. Die GEW fordert wirksame Maßnahmen zur Durchsetzung der Chancengleichheit. „Die Diagnose liegt seit Jahren auf dem Tisch, jetzt muss die Therapie eingeleitet werden: Quoten, Anreize und Reform der Hochschulgovernance“, sagte GEW-Vize Andreas Keller.
Zwar hat sich der Anteil der Frauen unter den Professorinnen und Professoren an Hochschulen ausweislich des GWK-Berichts weiter erhöht von 23,4 Prozent (2016) auf 24,1 Prozent. Das bedeutet aber, dass immer noch nicht einmal jede vierte Professur von einer Frau besetzt ist. Bei den Professuren mit der höchsten Besoldungsstufe W3 bzw. C4 liegt der Frauenanteil mit 18,9 Prozent sogar weiter unter 20 Prozent (2016: 19,4 Prozent).
Rückgang des Frauenanteils
Beunruhigend ist, dass bei den Promotionen und Habilitationen sogar erstmals ein Rückgang des Frauenanteils zu verzeichnen ist: bei den Promotionen von 45,2 auf 44,8 Prozent, bei den Habilitationen von 30,4 auf 29,3 Prozent. Und das, obwohl der Anteil der Frauen bei studienberechtigten Schulabgängerinnen und Schulabgängern mit 53,1 Prozent, bei den Studienanfängerinnen und Studienanfängern mit 50,8 Prozent und bei den Absolventinnen und Absolventen mit 51,2 Prozent jeweils einen neuen Höchststand erreicht hat.
Noch dramatischer ist die Lage in den außeruniversitären Forschungseinrichtungen. 2018 ist der der Anteil der Frauen an W3- bzw. C4-Professuren sowohl bei der Leibniz-Gemeinschaft als auch bei der Fraunhofer-Gemeinschaft gegenüber 2017 zurückgegangen: bei Leibniz von 19,2 auf 18,3 Prozent, bei Fraunhofer von 3,9 auf beschämende 3,4 Prozent. Die Max-Planck-Gesellschaft und die Helmholtz-Gemeinschaft können zwar wie die Hochschulen geringe Zuwächse verzeichnen, aber auch dort sind die Frauenanteile mit 15,9 Prozent (Max Planck) bzw. 19,2 Prozent (Helmholtz) bescheiden und liegen unter dem Vergleichswert der Hochschulen. Vor dem Hintergrund, dass Bund und Länder unlängst bei der Verlängerung des Pakts für Forschung und Innovation die Zügel bei der Gleichstellung deutlich gelockert hatten, sind diese Befunde besonders alarmierend.
Stand der Gleichstellung in Entscheidungsgremien
In einer Sonderauswertung analysiert der GWK-Bericht den Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern in Entscheidungsgremien von Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Wenig überraschend, ist auch in diesem Bereich eine Schieflage zu Lasten von Frauen zu verzeichnen. In Hochschulleitungen sind zwar fast 30 Prozent Frauen tätig, aber nur 21 Prozent der Präsidentinnen und Präsidenten, Rektorinnen und Rektoren sind Frauen (Angaben für 2018). In Hochschulräten sind Frauen zu einem Drittel vertreten. Nur 18 Prozent der Dekaninnen und Dekane sind Frauen. Erst vor kurzem hatte eine Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) aufgezeigt, dass nur jede fünfte Fachhochschule von einer Frau geleitet wird.
GEW fordert wirksame Maßnahmen
Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung der GEW, forderte Bund, Länder und Hochschulen auf, endlich wirksame Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Wissenschaft zu ergreifen. „Wir brauchen zum einen eine verbindliche und mit Sanktionen verknüpfte Quotierung bei der Besetzung von Professuren und Leitungsfunktionen, zum zweiten Anreize für Einrichtungen, die erfolgreiche Gleichstellungpolitik machen und zum dritten wirksame Gestaltungsmöglichkeiten und Beteiligungsrechte für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte“, sagte er.
Weiter sprach sich Keller dafür aus, endlich die Weichen für stabile Beschäftigungsverhältnisse und verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft zu stellen. „90 Prozent Zeitverträge im Mittelbau, Vertragslaufzeiten von überwiegend unter einem Jahr, lange und steinige Karrierewege – davon werden offensichtlich Wissenschaftlerinnen noch mehr abgeschreckt als Wissenschaftler. Wir brauchen daher Dauerstellen für Daueraufgaben, Mindeststandards für Zeitverträge und verlässliche Berufsperspektiven nach der Promotion.“
Der vollständige Bericht ist auf der Website der GWK abzurufen: