Wissenschaftsfinanzierung
Ein Kurswechsel ist überfällig
Während die Grundfinanzierung stagniert, geizen Bund und Länder nicht mit Milliarden für befristete Programme. In einem „Lernenden Manifest“ stellt die GEW mit Bündnispartner*innen ein Umdenken in der Wissenschaftsfinanzierung zur Diskussion.
Nach einer Berechnung des Wissenschaftsrates speist sich Forschung an Hochschulen inzwischen zu fast 46 Prozent aus wettbewerblich vergebenen „Drittmitteln“ – und dies, obwohl Forschung an Hochschulen (und auch außeruniversitären Forschungseinrichtungen) in Deutschland überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, also auch die „Drittmittel“. Selbst der Wissenschaftsrat spricht inzwischen von „Überhitzung des Wettbewerbs“ und „Fehlanreizen“.
„Die Liste der Kollateralschäden angesichts des hohen Anteils von befristet und projektförmig vergebenen Forschungsmitteln an Hochschulen ist lang.“ (Andreas Keller)
Anlässlich der Veröffentlichung eines „Lernenden Manifestes“ mit dem Titel „Grundfinanzierung statt Projektwettbewerb“, das die GEW am 28. Mai in Berlin gemeinsam mit ihren Bündnispartner*innen im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung zur Diskussion stellt, mahnt GEW-Vize Andreas Keller: „Die Liste der Kollateralschäden angesichts des hohen Anteils von befristet und projektförmig vergebenen Forschungsmitteln an Hochschulen ist lang.“ Wissenschaftler*innen steckten oft mehr Zeit in die Antragstellung für Forschungsprojekte als in die Forschungsprojekte selbst.
„Projekte sind in der Regel nicht vollständig ausfinanziert und entziehen folglich der ohnehin schrumpfenden Grundfinanzierung der Hochschulen zusätzlich personelle und finanzielle Ressourcen, die dann für die Lehre oder Investitionen in die Infrastruktur und Gebäude fehlen. Und nicht zuletzt berührt die Abhängigkeit von externen Projektgeldern die Wissenschaftsfreiheit“, so Keller weiter.
Visionen für eine Veränderung entwickeln
Lösungsansätze für diese Probleme, die das „Manifest“ u.a. aufzeigt, wären: Umlenkung öffentlicher Projektmittel in die Grundfinanzierung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen und die Verpflichtung des Bundes, sich nicht nur an der Finanzierung befristeter Forschungsprojekte, sondern auch an Daueraufgaben in der Forschung zu beteiligen.
Gemeinsam mit ihren Bündnispartnern hofft die GEW, aus der Kritik am bestehenden System in diesem Sinne Visionen für eine Veränderung zu entwickeln. In vier Gesprächsrunden will das Bündnis mit Politiker*innen, Wissenschaftsorganisationen sowie betroffenen Wissenschaftler*innen auf der Basis des „Lernenden Manifestes“ Veränderungen anstoßen. „Ein Kurswechsel in der Wissenschaftsfinanzierung ist überfällig – hin zu einer nachhaltigen, verlässlichen, dynamischen und deutlich stärkeren Grundfinanzierung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen,“ betont GEW-Hochschulexperte Keller.