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Kritik an Gesetzesinitiative zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung

Die Bundesregierung hat Ende Februar einen Gesetzentwurf zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vorgelegt, der zuvor im Bundesrat in erster Lesung beraten) und von verschiedenen Verbänden und Flüchtlingshilfsorganisationen scharf kritisiert wurde. Auch der DGB hat zu dem Entwurf ausführlich und kritisch Stellung bezogen und in einem Brief gemeinsam mit dem BDA u.a. an den Innenminister die Beseitigung aufenthaltsrechtlicher Hürden für die Arbeitsmarktintegration junger Asylsuchender und Geflüchteter gefordert.

Zentrale Kritikpunkte an dem Gesetzentwurf sind:

Ausweitung der Inhaftierung Asylsuchender und des Einreise- und Aufenthaltsverbots konterkariert Bleiberechtsregelung

Das Gesetz sieht die Einführung einer neuen gesetzlichen Bleiberechtsregelung für Langzeitgeduldete vor. Diese soll aber nur in Verbindung mit gleichzeitig geplanten massiven Verschärfungen des Aufenthaltsrechts verabschiedet werden, die wiederum die Chancen für viele Langzeitgeduldete auf eine Aufenthaltserlaubnis unterminieren. Die Neuregelung der „Aufenthaltsbeendigung“ sieht außerdem eine erhebliche Ausweitung der Inhaftierung von Asylsuchenden vor (betrifft insbesondere jene, die unter die Dublin‐III‐Verordnung fallen, also über ‚sichere Drittstaaten‘ in die EU einreisen) und die Ausweitung der Möglichkeiten zur Verhängung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots (betrifft insbesondere Asylsuchende aus den zu ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ erklärten Westbalkanstaaten).

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bleiben außen vor / keine Aufenthaltssicherheit während der Ausbildungszeit

Als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eingereiste junge Erwachsene werden in der Regel kein Bleiberecht nach dem neuen Gesetz beantragen können, selbst wenn sie eine Ausbildung absolvieren oder studieren. Hintergrund dafür sind Altersfristen und Mindestaufenthaltszeiten: Wenn unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach ihrem 17. Geburtstag einreisen, können sie nicht von der Bleiberechtsregelung für Heranwachsende profitieren. Denn diese sieht vor, dass bei Vollendung des 21. Lebensjahrs ein vierjähriger Aufenthalt und Schulbesuch in Deutschland vorgewiesen wird. Wer bei der Einreise auch nur ein wenig älter ist als exakte 17 Jahre, kann dies logischerweise nicht.

Und von der allgemeinen Bleiberechtsregelung für ‚gut Integrierte‘ können sie erst profitieren, wenn sie bereits mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt haben (§ 25b). Die Folge: Junge Menschen werden mehrere Jahre in der Duldung gehalten. Dieser prekäre Status erschwert ihnen die Integration massiv. Wer nur geduldet ist und daher jederzeit abgeschoben werden könnte, hat schlechte Chancen, einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeitsstelle zu finden – der Status der Duldung schreckt potentielle Arbeitgeber ab.

Mit Ausnahme der Reduzierung der Voraufenthaltszeit von bislang sechs auf vier Jahre sieht der DGB keine Verbesserung für die Situation von gut integrierten geduldeten Jugendlichen und Heranwachsenden. Zudem wurde die noch im Referentenentwurf enthaltene Verlängerung der Frist zur Antragstellung (bis zum 27. Lebensjahr) wieder gestrichen. Der DGB fordert daher, die Frist zur Antragstellung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres auszuweiten und aufenthaltsrechtliche Sicherheit für geduldete Jugendliche (einschließlich der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge) und Heranwachsende sowie jugendliche Asylbewerber/innen für den Zeitraum einer Berufsausbildung bzw. für den Zeitraum einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme zu gewährleisten.

Forderungen zur notwendigen Öffnung der Integrationskurse für Asylsuchende, Geduldete sowie Personen mit humanitären Aufenthaltstiteln sowie dringend erforderliche Streichung der Spracherfordernisse beim Ehegattennachzug bleiben im Gesetzentwurf unberücksichtigt

Nach der 1. Lesung im Bundestag am 6. März und Überweisung an die Ausschüsse soll der Entwurf nun in einem verkürzten Verfahren, nach Anhörung im Innenausschuss am 23.3., beschlossen werden.

PRO ASYL fordert in einem Appell an die Regierungsfraktionen, die geplanten Inhaftierungsmöglichkeiten für Asylsuchende aus dem „Gesetz zur Neubestimmung des Beiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ zu streichen und die gesetzliche Bleiberechtsregelung für Geduldete deutlich wirksamer zu gestalten. Dieser Apell kann online mitgezeichnet werden.