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Streit um das Gendern

Krieg der Sternchen

Der Streit um das Gendern hat nach der Entscheidung Bayerns, die Verwendung von Sonderzeichen im Wortinneren in der Kommunikation von Schulen, Hochschulen und Behörden zu verbieten, an Schärfe zugelegt. Ein Überblick über die Debatte

Seit dem 1. April dürfen staatliche Behörden in Bayern keine Sonderzeichen wie das Gendersternchen, den Unterstrich, den Doppelpunkt oder das Binnen-I im Wortinneren verwenden. (Foto: Pixabay / CC0)

Begonnen hat es in Sachsen. Bereits im August 2021 hatte das Kultusministerium in Dresden angewiesen, dass in Schulen schriftlich nicht gegendert werden darf. Im Juli vergangenen Jahres weitete die CDU-geführte Landesregierung das Verbot auf den Schriftverkehr mit Vertragspartnern staatlicher Institutionen aus. Jetzt zog Bayern nach: Seit dem 1. April dürfen staatliche Behörden keine Sonderzeichen wie das Gendersternchen, den Unterstrich, den Doppelpunkt oder das Binnen-I im Wortinneren verwenden.

Für die Schulen heißt dies, dass sowohl im inner- und außerschulischen Schriftverkehr als auch im Unterricht (zum Beispiel in Schulaufgaben) die sogenannten Genderzeichen untersagt sind. Die Anrede „Schülerinnen und Schüler“ sowie Gerundiv-Formen wie „Lehrende“ oder „Studierende“ sind dagegen weiterhin erlaubt. Das Verbot betrifft allerdings nicht Bayerns Schülerinnen und Schüler sowie die Studierenden. Diese dürfen weiterhin in ihren Aufsätzen, Klassenarbeiten oder Klausuren gendern; bei Bewertungen muss das zwar von Lehrkräften als sogenannte Normabweichung markiert werden, dies hat aber keinen Einfluss auf die Note.

Laut des Leiters der Bayerischen Staatskanzlei, Florian Herrmann (CSU), soll das Verbot dazu dienen, „die Diskursräume in einer liberalen Gesellschaft offenzuhalten“. In manchen gesellschaftlichen Milieus gebe es einen missionarischen Eifer bei der Verwendung der Gendersprache, der nicht mit einer offenen Gesellschaft vereinbar sei. Der GEW-Landesverband Bayern bezeichnete die Entscheidung dagegen als „Einladung“ zur Diskriminierung. Sie sei der Versuch, „LGBTIQ-Menschen wieder in die Unsichtbarkeit zu drängen“.

Unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern

Wirft man einen Blick auf die restliche Republik, so zeigt sich, dass die Bundesländer bei dem Thema Gendersprache, nicht einheitlich agieren. Ähnliche Regelungen wie in Sachsen und Bayern gibt es in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt. In Schleswig-Holstein können Lehrkräfte die Verwendung von Sonderzeichen im Wortinneren als Fehler werten. In Hessen bekommen Abiturientinnen und Abiturienten seit diesem Jahr Punktabzüge, wenn sie in ihren Prüfungen Genderzeichen verwenden. Keine expliziten Verbote bzw. Vorgaben gibt es in Berlin, Hamburg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Bremen und das Saarland erlauben die Verwendung des Doppelpunkts im schulischen Kontext und in der Außenkommunikation der Behörden.

Alle Länder, die ein Verbot eingeführt haben, beziehen sich in ihrer Begründung auf den Rat für Deutsche Rechtschreibung. Dieser hatte 2021 das Verwenden von Sonderzeichen im Wortinneren nicht empfohlen. 2023 hatte der Rat diese Empfehlung wiederholt. Sollte der Rechtschreibrat seine Meinung in Zukunft ändern, ist eine weitere Eskalation des Streits vorprogrammiert, denn Herrmann zufolge gilt das Genderverbot für Bayerns Behörden unabhängig von etwaigen künftigen Entscheidungen des Rates.