Zum Inhalt springen

Kooperationsverbot: Grundgesetzänderungen nachverhandeln

Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe kritisiert das geplante Kommunalinvestitionsförderungsgesetz. "Eine Milliarde jährlich ist zu wenig", betont Tepe in der neuen "E&W". Allein der Sanierungsstau für Schulgebäude betrage 34 Milliarden Euro.

Mehr als renovierungsbedürftig: das Physik-Institut der Uni Köln. Foto: Jürgen Bindrim

Kooperationsverbot gelockert! Finanzschwache Kommunen bekommen mehr Geld! So wird das Ergebnis der Verhandlungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder seit Oktober 2016 kommuniziert. Aber der Teufel steckt im Detail. Die am 16. Februar vorgelegten 14 Grundgesetzänderungen, mit denen die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern neu geregelt werden sollen, enthalten nicht nur weitere Schritte in die richtige Richtung. Es gibt auch Kröten, die geschluckt werden sollen.

Ursprünglich sollte das Gesetz im März schnell verabschiedet werden, aber nun soll es Mai werden. Es ist also Zeit zum Nachdenken und Nachverhandeln. Die Regierung hat eine satte Zweidrittelmehrheit im Parlament. Die Eckpunkte sind zudem mit den Ministerpräsidenten im Dezember vereinbart worden. Die Frage ist: Lohnt eine Diskussion noch oder bereiten wir uns als GEW auf den Umgang mit dem Ergebnis vor? Ich schlage vor: Wir tun beides.

Der neue Bund-Länder-Finanzausgleich soll für 2020 bis 2030 gelten und hält an der Schuldenbremse fest. Die (jährliche) Überwachung wird dem Stabilitätsrat übertragen. Wir konnten mit unseren Argumenten nicht durchsetzen, dass die Schuldenbremse gestrichen wird. Hier erwarte ich keine Änderung, wir sollten aber weiterhin argumentieren.

Das Kooperationsverbot wird in Artikel 104 c Grundgesetz (GG) gelockert. Damit werden bedeutsame Investitionen im Bereich der Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen möglich. Das ist gut so und war von der Großen Koalition nicht zu erwarten, da eine Lockerung des Kooperationsverbots nicht im Koalitionsvertrag stand.

"Die GEW hält ÖPP-Projekte für falsch."

 

Kritik habe ich an Artikel 7 des Gesetzes, mit dem das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz geändert wird. Hier wird der Förderumfang festgelegt: Der geplante Bundeszuschuss beträgt 3,5 Milliarden Euro für die Zeit von Mitte 2017 bis Ende 2020. Wie ist diese Summe zu bewerten? Der Sanierungsstau für Schulgebäude beträgt 34 Milliarden Euro, notwendige Schulneubauten insbesondere in den Großstädten sind in dieser noch nicht enthalten. Die GEW hat ein Zehn-Jahres-Programm zur Auflösung des Investitionsstaus gefordert, also mindestens 3,5 Mrd. Euro jährlich. Die jetzt geplante Unterstützung reicht also bei Weitem nicht aus! Eine Milliarde jährlich ist zu wenig – wir plädieren für deutlich mehr Geld! Das werden wir bis zur Bundestagswahl und danach in den Koalitionsverhandlungen immer wieder einfordern. Denn gute Bildung braucht gute Räume!

Gefährlich ist die beabsichtigte Änderung, nach der Investitionsvorhaben auch dann förderfähig sind, wenn sie in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) ausgestaltet werden. Die GEW hält ÖPP-Projekte für falsch. Kommunen wählen ÖPP nicht aus Überzeugung, sondern aus finanzieller Not. Sie bräuchten eine bessere finanzielle Ausstattung. Bundes- und Landesrechnungshöfe belegen immer wieder, dass ÖPP-Projekte auf Dauer mit höheren Kosten verbunden sind. Sie halten nicht, was sie versprechen. Besonders in Niedrigzinszeiten sind sie nicht sinnvoll. Wir finden es falsch, dass z. B. große Versicherungsunternehmen ihr Geld in ÖPP-Projekten anlegen können und aktuell gute Zinserträge erzielen, während Menschen, die sparen möchten, keine Zinsen mehr bekommen.

Hier wären Staatsanleihen eine gute Lösung, dann hätten auch Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen etwas davon! Ich fordere die Bundestagsabgeordneten auf, noch einmal genau zu lesen, dieses wichtige Detail wahrzunehmen und Änderungen vornehmen. Für dieses Gesetz ist nur die einfache Mehrheit im Bundestag nötig. Wenn die Große Koalition nicht einlenkt, wird diese Änderung jedoch kommen. Dann bleibt den Kommunalparlamenten nur, Stopp zu sagen und sich nicht zu verkaufen. Wir alle müssen deutlich machen: Bildung braucht mehr Geld! Länder und Kommunen müssen langfristig gut ausstattet werden. Letztlich heißt das, Reichtum durch ein gerechteres Steuersystem von oben nach unten umzuverteilen.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe