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Konferenz "Zukünftige Arbeitswelt" - Ergebnisse

Die Umgestaltung der Arbeitswelt im Zeichen des Neoliberalismus macht auch vor dem Goethe-Institut nicht halt. Die Mehrzahl der Beschäftigten arbeitet gerne für das Goethe-Institut und identifiziert sich mit den Inhalten der Tätigkeit. Andererseits erleben sie eine zunehmende Entgrenzung und Verdichtung ihrer Arbeit infolge der fortschreitenden Digitalisierung und der Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse

Gemeinsame Ziele

Mit der GEW-Tagung, die am 25. und 26. April in Steinbach am Taunus stattfand, hat der Vorstand der GEW AG Goethe-Institut (AGV) auf diese Entwicklungen reagiert. Wir wollten es aber nicht beim Klagen bewenden lassen, sondern zusammen mit den Teilnehmer/innen eigene Ideen für „gute Arbeit“ entwickeln, wie wir sie uns für das Goethe-Institut zukünftig wünschen und für die wir gemeinsam streiten wollen.

Die rund 40 Teilnehmer/innen kamen überwiegend aus dem Inland, fast die Hälfte von ihnen arbeitet als Honorarlehrkraft für das Goethe-Institut. Auch aus der Verwaltung und der Zentrale waren Kolleg/innen präsent. Schon beim Kennenlernen stellte sich heraus, dass es trotz der sehr unterschiedlichen Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen viele gemeinsame Erfahrungen und Anknüpfungspunkte gibt, die künftigen Arbeitswelten am Goethe-Institut so zu gestalten, dass sie sich stärker an den Bedürfnissen der Beschäftigten orientieren.

Solidarisch handeln

Nach einer Einführung durch Andreas Gehrke, der im GEW-Vorstand für Tarifpolitik zuständig ist, zeichnete die Arbeitssoziologin Dr. Kendra Briken nach, wie die im Zeichen der Neoliberalisierung weltweit durchgesetzte Marktlogik in alle gesellschaftlichen Bereiche vordringt und insbesondere die Arbeitswelten verändert. Der geforderte Arbeitskraftunternehmer als soziales Leitbild zeichnet sich aus durch Selbstkontrolle, Selbstrationalisierung und Selbstökonomisierung. Für die Beschäftigten bedeutet das ein Klima der Konkurrenz und Entsolidarisierung mit psychischen Folgen wie „Burn-Out“, innerer Kündigung und Mobbing. Diesen Entwicklungen können die Beschäftigten und ihre Gewerkschaft nur erfolgreich begegnen, wenn es ihnen gelingt, den Blick über den eigenen (persönlichen und betrieblichen) Tellerrand zu erheben und solidarisch zu handeln.

Digitale Arbeit gestalten

In den sehr lebhaften Diskussionen der Arbeitsgruppen war schnell klar: Von den Anforderungen der digitalen Arbeitswerkzeuge von OSKA über Moodle und Twitter bis zu elektronischen Whiteboards bleibt keine Gruppe von Kolleg/innen unberührt. Sei es die Erwartung, ständig überall erreichbar zu sein, seien es Unwägbarkeiten und Mehrarbeit bei der Einführung neuer Software, seien es technische Probleme und fehlende IT-Ansprechpartner/innen oder mangelnde Fortbildungsmöglichkeiten. Einigkeit bestand auch darüber, dass nach wie vor ein schlüssiges und für alle Bereiche des Goethe-Instituts weltweit koordiniertes Konzept des digitalen Arbeitens fehlt. Arbeitsverdichtung, Unsicherheiten über die eigene Kompetenz und Ängste um den eigenen Arbeitsplatz sind die Folgen dieses Zustandes und für viele Kolleg/innen war es geradezu befreiend, dieses Manko endlich einmal offen ansprechen zu können.

Prekäre Beschäftigung bekämpfen

Auch unter der zunehmenden Zahl prekärer Beschäftigungsverhältnisse – Befristungen, unter Niveau bezahlte Ortskräfte und Freie Mitarbeiter/innen, unbezahlte Praktika und Leiharbeit – leiden nicht nur die unmittelbar Betroffenen. Denn dadurch wächst auch der Druck auf die Normalarbeitsverhältnisse nach dem Motto „Seien Sie doch froh, dass Sie eine Festanstellung haben“. Auch im Arbeitsalltag kommt es zu weiteren Belastungen durch häufig wechselnde Kolleg/innen, die neu eingearbeitet werden müssen, fehlende Personalplanung und Unterbesetzung.

Tarifverträge weiterentwickeln

Gute Arbeit lässt sich nicht zuletzt durch gute Tarifverträge gestalten. Deshalb waren in der Konferenz auch die anstehenden Tarifverhandlungen Thema, in denen es insbesondere um die dringend notwendige Überarbeitung der Tätigkeitsmerkmale geht. Diese legen fest, für welche Tätigkeit man nach welcher Entgeltgruppe bezahlt wird. Durch die zahlreichen Veränderungen der Goethe-Arbeitswelt der letzten Jahre – Regionalisierung, Budgetierung, Digitalisierung – haben sich die tatsächlichen Arbeitsanforderungen enorm weit von den in den Tarifverträgen des Goethe-Instituts festgelegten Merkmalen und Zuordnungen entfernt. Auch die Situation der Freien Mitarbeiter/innen ließe sich durch einen Tarifvertrag verbessern, der z.B. regelt, dass der Auftraggeber ihnen mit dem Honorar auch Zuschüsse für die Sozialversicherung zahlen muss, oder eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, wie das kürzlich für die Honorarlehrkräfte an der Volkshochschule Berlin erreicht wurde.

Standards formulieren

Die Konferenz hatte sich von Beginn an zum Ziel gesetzt, aus der Analyse der besonders drängenden Probleme Forderungen an den Arbeitgeber und Maßnahmen zu solidarischem Handeln zu entwickeln. Als Basis für die weitere Arbeit wird der Arbeitsgruppenvorstand der AG Goethe die Ergebnisse der Tagung in Form eines Appells für „Standards Guter Arbeit am Goethe-Institut“ ausarbeiten, mit den Kolleg/innen weiter diskutieren und schließlich veröffentlichen. Dieser Appell soll dann als Grundlage dienen, um die gemeinsamen Ziele auf verschiedenen Ebenen weiter zu verfolgen: in den verschiedenen Verhandlungsgremien, dem Arbeitgeber gegenüber, in der Öffentlichkeit und auch im politischen Raum, bei den Auftraggebern des Goethe-Instituts.