LesePeter Januar 2025
Kluge Detektivgeschichte in Comicform
Patrick Wirbeleit und Matthias Lehmann ist mit „Ich und Tod Detektei“ eine überzeugende Detektivgeschichte für Kinder und Jugendliche in Comicform gelungen, die aufgrund der komplexen Darstellung angenehm anspruchsvoll ist.
Lukas ist schockiert, als sein erwachsener Freund und Vertrauter Johann unerwartet verstirbt. Während alle von einem Unfall ausgehen, gibt es jemanden, der mehr weiß: Gevatter Tod. Er kennt die Umstände des Todes nicht, weiß aber, ob die Todesursache natürlicher Art war oder nicht. Das ungewöhnliche Ermittler-Duo beginnt, Nachforschungen anzustellen. Eine kluge Detektivgeschichte in Comicform, die mit Humor auch ernste Themen aufgreift. Dafür gab es den LesePeter für den Monat Januar 2025.
Beinahe wäre es schiefgegangen und der Sprung von einer Klostermauer zur nächsten missglückt. Wie knapp die Angelegenheit war, wird Lukas bewusst, als er die Augen wieder öffnet und vor ihm der leibhaftige Tod steht. Doch dieser überführt ihn nicht wie erwartet ins Jenseits, sondern verschwindet ebenso plötzlich wieder, wie er aufgetaucht ist. Was für eine Begegnung! Wie gut, dass der Junge sich dem alten Johann anvertrauen kann, der ihm glaubt und dieses Geheimnis für sich behält.
Fünf Jahre später ist der Alte tot und während alle von einem Unfall ausgehen, gibt es jemanden, der es besser weiß: Jener Sensenmann, der sich Lukas vor Jahren gezeigt hatte. Er erkennt, wenn eine Seele dem Körper gewaltsam entrissen wurde. Das ungewöhnliche Ermittler-Duo beginnt, erste Nachforschungen anzustellen, und während sie kleine Einblicke in die Dorfgeschichte und die letzten Momente aus Johanns Leben erhalten, zeichnen sich gleich mehrere Verdächtige ab. Durch überraschende Wendungen und einen regelrechten Showdown am Ende des Buches bleibt es bis zuletzt spannend.
Anspruchsvolle Detektivgeschichte
Dem Autor Patrick Wirbeleit und Illustrator Matthias Lehmann ist mit „Ich und Tod Detektei“ eine überzeugende Detektivgeschichte für Kinder und Jugendliche in Comicform gelungen, die aufgrund der komplexen Darstellung angenehm anspruchsvoll ist. Die Chronologie der Handlung wird immer wieder durch Zeitsprünge unterbrochen. Da unklar ist, welche der Details aus den vorangegangenen Ereignissen für die Auflösung bedeutsam sind, erfordern diese unsteten Rückblenden in unterschiedliche Zeiten - mal vor 5 Jahren, dann vor 3 Jahren, später in die Familiengeschichte während des 2. Weltkrieges und danach in das frühe Erwachsenenalter Johanns, usw. - ein konzentriertes und aufmerksames Lesen.
Auf der Bildebene erfolgt eine Entlastung, indem diese Zeitenwechsel durch Farbwechsel aller zugehörigen Panels gekennzeichnet sind. Während ein Großteil der Erzählung überwiegend in dunklen, gedämpften Tönen, aber dennoch farbig gehalten ist, unterscheiden sich die monochromen Rückblenden davon deutlich. Dennoch ist Aufmerksamkeit gefragt, weil der räumliche Wechsel von drinnen und draußen ebenfalls einen Farbwechsel mit sich bringt. Nicht zuletzt durch die Farb- und Zeitenwechsel wird eine Dynamik erzeugt, die sich zum Ende hin dramatisch steigert, da diese Veränderungen immer häufiger und schneller erfolgen.
Der Tod als humorvoller Sympathieträger
Während die Illustrationen mit ihrer Farbgebung sowie dem Hell-Dunkel-Kontrast das düstere Thema der Geschichte verdeutlichen, tritt Gevatter Tod trotz seines Aussehens als Skelett in schwarzer Kutte und mit Kapuze keinesfalls unheimlich oder gefährlich auf, ganz im Gegenteil. Nachdem Lukas als Sohn einer alleinerziehenden und berufstätigen Mutter durch Johanns Tod einen schweren Verlust hinnehmen muss, nimmt der Sensenmann im Verlauf der Erzählung zunehmend dessen Rolle als älterer Freund und Vertrauter des Jungen ein. Was für ein Glück, denn welcher Mensch außer Johann würde Lukas diese Erlebnisse glauben?!
Anfangs ist der Tod wortkarg, da er sich, wie er selbst betont, gern mysteriös gibt, wird aber stetig gesprächiger. Die Dialoge zwischen den beiden sind aufgrund seines trockenen Humors, den der Junge schnell übernimmt, sehr unterhaltsam. Ein Running Gag bleibt das plötzliche, überraschende Auftauchen des Todes, der sich innerhalb von Bruchteilen von Sekunden überallhin teleportieren kann, verbunden mit dem Erschrecken von Lukas. Beide Protagonisten wirken dabei überaus sympathisch und erweisen sich auf ihre jeweils unterschiedliche Art als Identifikationsfiguren.
Im letzten Kapitel gründen die beiden, nachdem sie den Fall gelöst haben, die titelgebende Detektei „Ich und Tod“. Bleibt zu hoffen, dass der Abschluss dieses Buches gleichzeitig der Beginn einer neuen Detektiv-Comic-Reihe ist!
Der Autor und der Illustrator
Patrick Wirbeleit, geboren 1971 in Lüneburg, ist Autor, Illustrator und Comiczeichner. Seit 2001 hat er mehr als 60 Bücher für Kinder geschrieben oder illustriert (oder beides): Bilderbücher, Erstlesebücher, Pixi-Bücher, Romane und Comics. Sein Comic „Kiste“ mit den Zeichnungen von Uwe Heidschötter wurde 2015 mit dem Leipziger Lesekompass der Stiftung Lesen und der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet, ebenso 2017 das Bilderbuch „Antonia war schon mal da“.
Matthias Lehmann, geboren 1983 in Dresden, ist Comiczeichner und Illustrator. Mit seinem Graphic-Novel-Debüt „Parallel“ zählte er 2018 zu den Finalist*innen des Comicbuchpreises der Berthold Leibinger Stiftung. Nach Veröffentlichung des Buchs würde er 2022 zudem für den Max und Moritz-Preis nominiert.
Die AJuM vergibt den LesePeter monatlich abwechselnd in den Sparten Kinderbuch, Jugendbuch, Sachbuch und Bilderbuch.
Patrick Wirbeleit & Matthias Lehmann, Ich und Tod Detektei, Hamburg: Kibitz Verlag 2024, ISBN: 978-3-948690-32-8, 144 Seiten, gebundene Ausgabe 20 Euro, ab elf Jahren