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Kleine Schritte, aber keine Offensive

Das Kapitel zur Bildung im Koalitionsvertrag ist mit „Offensive für Bildung, Forschung und Digitalisierung“ überschrieben. Für eine echte Offensive wird nach Einschätzung der GEW derweil das eingeplante Geld nicht reichen.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe (Kay Herschelmann)

Wenn die E&W bei den Leserinnen und Lesern ins Haus schneit, steht fest, ob eine große Koalition aus CDU, CSU und SPD zustande kommt. Bei Drucklegung der Zeitschrift waren die SPD-Mitglieder noch dabei, ihr Votum abzugeben. Für die Bewertung des Koalitionsvertrags ist es vielleicht eine Frage der Mentalität, ob das Glas halb voll oder halb leer ist.

Die GEW hatte alle Parteien schriftlich aufgefordert, eine „Offensive für den qualitativen und quantitativen Ausbau des gesamten Bildungswesens“ zu starten. Das Kapitel zur Bildung im Koalitionsvertrag ist mit „Offensive für Bildung, Forschung und Digitalisierung“ überschrieben. Es beginnt mit der Absichtserklärung, die Bildung im gemeinsamen Schulterschluss von Bund und Ländern zu verbessern. Der Koalitionsvertrag gesteht durch seine Maßnahmen ein, dass die Föderalismusreform von 2006 Fehler hatte. So werden das Kooperationsverbot weiter aufgeweicht und Investitionen in die Bildungsinfrastruktur ermöglicht. Ein Nationaler Bildungsrat soll die Zusammenarbeit von Bund und Ländern verbessern. Die GEW wird alles unternehmen, dass auch Vertretungen der Beschäftigten in diesem Bildungsrat Einfluss nehmen können. Hier wäre von erfolgreichen Ländern abzukupfern, dass es nur mit den Arbeitnehmern und ihren Gewerkschaften vorangeht.

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen und die Gebührenfreiheit für Kitas werden den Menschen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf helfen. Das wird viele Eltern ansprechen, aber sie werden Qualität erwarten, denn nur dann geben sie ihre Kinder gern an die Bildungseinrichtungen ab. Die GEW setzt sowohl für den Ganztag in der Grundschule als auch den Ausbau der Kitas auf die Verbesserung der Qualität. Hierfür wird jedoch nicht genug Geld bereit gestellt. Da muss nachgelegt werden. Leider wird es wohl kein Kitaqualitätsgesetz geben. Mit Bündnispartnern werden wir aber für die Qualitätsverbesserung argumentieren und politischen Druck erzeugen. Kita braucht beste Arbeits- und Bildungsbedingungen. Auch der Rechtsanspruch auf Ganztagsschul- und -betreuungsangebote kann nur mit qualifiziertem Personal und gutem Konzept erfolgreich sein. Der Ganztag muss so ausbuchstabiert werden, dass er für alle gut ist. Die GEW warnt davor, die Umsetzung bildungspolitischer Reformen vor dem Hintergrund des Mangels an Erzieherinnen, Erziehern und Lehrkräften auf dem Rücken der Beschäftigten im Bildungsbereich oder zu Lasten der Qualität umzusetzen. Die Vereinbarungen dürfen nicht zu einer Arbeitsverdichtung und weiteren Belastungen für die Beschäftigten führen.

Es fehlt der Mut oder die Überzeugung der Regierungsparteien die Einnahmen durch eine effektivere Reichensteuer, eine greifende Vermögens- und Einkommenssteuer zu verbessern.

Für die berufliche Bildung und Weiterbildung gibt es eine Reihe von Absichtserklärungen: eine Novelle des Berufsbildungsgesetzes, die Initiative Berufsbildung 4.0, ein Aufstiegsförderungsgesetz, Berufsbildungspakt, die Allianz für Aus- und Weiterbildung sowie die nationale Weiterbildungsstrategie. Das sind alles wichtige Ansatzpunkte, die aber noch ausgeführt und ausfinanziert werden müssen. Dabei muss sichergestellt sein, dass die Gewerkschaften als Sozialpartner mit dabei sind und ihre Vorschläge einbringen können.

Die Verstetigung des Hochschulpaktes zur Finanzierung von Studienplätzen ist ein Erfolg, die Absicht, die Ausbildungsförderung BAföG zu verbessern und auszubauen, eine der GEW-Forderungen. Das eingeplante Geld wird jedoch nicht reichen. Gute Arbeit in der Wissenschaft wird als Ziel benannt, Karrierewege sollen attraktiv gestaltet werden. An einer Konkretisierung dieser Vorhaben wird sich die GEW beteiligen.

Von einer Offensive wie in der Vertragsüberschrift versprochen kann also nicht die Rede sein. Es fehlt der Mut oder die Überzeugung der Regierungsparteien die Einnahmen durch eine effektivere Reichensteuer, eine greifende Vermögens- und Einkommenssteuer zu verbessern. Die GEW wird in der ganzen Legislaturperiode deutlich machen, an welchen Themen zu arbeiten ist. Wir werden unsere Initiative „Bildung. Weiter denken!“ nutzen und gegenüber der Bundesregierung und den Landesregierungen deutlich machen, was wir brauchen, um eine wirkliche Offensive auf den Weg zu bringen.