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Positionspapier mit 5 Forderungen veröffentlicht

Kita-Bundesqualitätsgesetz muss in den Koalitionsvertrag!

Die GEW, die Arbeiterwohlfahrt Bundesverband (AWO) und der Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband fordern die Aufnahme eines Kita-Bundesqualitätsgesetzes in den Koalitionsvertrag.

„Kitas sind Bildungsorte. Jedes Kind, egal wo es in Deutschland zu Hause ist, muss in jeder Kita einen Ort finden, an dem es individuell und seinen Bedürfnissen entsprechend gefördert wird", sagt GEW-Expertin Doreen Siebernik. (Foto: Dominik Buschardt)

GEW, KTK und AWO fordern die Weiterentwicklung des ihrer Ansicht nach nicht wirksamen, sogenannten Gute-Kita-Gesetzes zu einem Bundesqualitätsgesetz mit verbindlichen Standards und langfristiger Finanzierung. Drei Eckpunkte sind für die Bildungsgewerkschaft und die Verbände dabei zentral: eine bessere Fachkraft-Kind-Relation, mehr Zeit für Leitungsaufgaben sowie die mittelbare pädagogische Arbeit. Am Montag präsentierten sie dazu in Berlin ein Positionspapier und verlangten, die mögliche künftige Regierung aus SPD, Grünen und FDP müsse das Thema Bundesqualitätsgesetz in ihren Koalitionsvertrag aufnehmen. 

„Zu viel Geld fließt in die Beitragsentlastung.“ (Frank Jansen)

„Die Kita ist längst zur ersten Bildungseinrichtung geworden“, betonte Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit. Die Rahmenbedingungen der frühkindlichen Bildung seien in Deutschland jedoch sehr unterschiedlich. Durch das Gute-Kita-Gesetz sei es nicht gelungen, jedem Kind unabhängig vom Wohnort eine angemessene Bildung zu bieten, sagte KTK-Geschäftsführer Frank Jansen. „Zu viel Geld fließt in die Beitragsentlastung, bei dem Gesetz geht es aber um Qualität.“

Der Leiter der Abteilung Kinder, Jugend, Frauen, Familie beim AWO-Bundesverband, Klaus Theissen, fügte hinzu, Gewerkschaft und Verbände erwarteten, dass auch nach dem Jahr 2022 in die Weiterentwicklung der Qualität in Kindertageseinrichtungen investiert werde. Laut Gutachten sei eine Finanzierung durch den Bund realisierbar – etwa über ein Sondervermögen oder eine Umsatzsteuerumverteilung mit verbindlicher Verwendung der Mittel. 

Das von Siebernik vorgestellte Positionspapier, das 38 Verbände und Einzelpersonen unterstützen, nennt fünf zentrale Punkte für ein Bundesqualitätsgesetz:

  1. einheitliche Standards und ausschließliche Förderung von Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung
  2. ein verbesserter Fachkraft-Kind-Schlüssel von 1:2 für unter Einjährige, 1:3 für Ein- bis Dreijährige, 1:8 für Dreijährige bis Kinder zum Schuleintritt und 1:10 für Kinder ab sechs Jahren
  3. ausreichend Zeit – konkret mindestens 25 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit – für mittelbare pädagogische Arbeit wie Planung und Reflexion, Beobachtung und Dokumentation, Elternarbeit, Fort- und Weiterbildungen und Beratung im Team
  4. ausreichend Zeit – konkret 20 Stunden je Woche plus 0,35 Stunden pro Ganztagsplatz – für Leitungsaufgaben und Entlastung der Leitungskräfte von Verwaltungstätigkeiten 
  5. Beteiligung der Fachkräfte, Verbände, Gewerkschaften, Wissenschaft und zivilgesellschaftlicher Akteure bei der Umsetzung und Weiterentwicklung dieser Qualiätsmerkmale auf Bundes- und Länderebene

Eigener Fördertopf für Beitragsentlastung

GEW, KTK und AWO bekräftigten ihre Kritik an dem am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Gute-Kita-Gesetz, für das Bundesmittel von 5,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2022 zur Verfügung stehen. Die Länder vereinbarten individuelle Verträge mit dem Bund und wählten dabei aus zehn Handlugsfeldern zur Qualität aus. Förderfähig waren auch Maßnahmen zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren der Kindertagesbetreuung.

In ihrer Kritik verwiesen die Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaft und Verbände auch auf den Monitoring-Bericht 2020 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), in dem die Verwendung der Mittel aus dem Gute-Kita-Gesetz für das Berichtsjahr 2019 beschrieben werden. Daraus geht beispielsweise hervor, dass ein Drittel der Länder die Mittel zur Gebührenentlastung der Eltern einsetzt. Jansen betonte, alle seien sich einig, dass Kitas beziehungsweise Bildung beitragsfrei sein sollten. Diese familienpolitische Maßnahme müsse aber aus einem anderen Fördertopf erfolgen, nicht aus Mitteln, die für die Qualitätsentwicklung gedacht seien.   

„Es fehlt nach wie vor die gesellschaftliche Wertschätzung.“ (Doreen Siebernik)

Mit Blick auf den Fachkräftemangel, der es erschwert, zusätzliches Personal für Kitas zu gewinnen, erklärte Jansen: „Wenn sich die Arbeitsbedingungen in den Kitas verbessern, wird dieser Beruf auch attraktiver.“ Siebernik sagte: „Es fehlt nach wie vor die gesellschaftliche Wertschätzung.“ Für die Aufwertung des Erzieherinnen- und Erzieherberufes setzten sich die GEW und ihre Mitglieder auch in der aktuellen Tarifrunde der Länder ein. „Es sollten aber nicht nur die Fachkräfte allein kämpfen, es braucht die gesellschaftliche Anerkennung.“  

Als Bildungsgewerkschaft vertritt die GEW die pädagogischen Fachkräfte in der frühkindlichen Bildung. Der AWO-Bundesverband und der KTK-Bundesverband vertreten rund 10.000 Kindertageseinrichtungen auf Bundesebene.