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Studie von GEW und ver.di

Kettenverträge und Dumping-Löhne für studentische Beschäftigte

Eine Befragung von 11.000 Studierenden zeigt: Unbezahlte Überstunden, Kettenverträge und fehlender Urlaub gehören zu ihrem normalen Berufsalltag an Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

Foto: Shutterstock / GEW

Viele studentische Beschäftigte arbeiten unter prekären Bedingungen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen – sie werden schlecht oder gar nicht für ihre Tätigkeiten bezahlt und befristete Beschäftigungen sind an der Tagesordnung. „Es gibt deutliche Lücken in der Einhaltung der gesetzlichen Arbeitnehmerrechte wie Urlaubsanspruch, Arbeitszeiterfassung und Entlohnung von Mehrarbeit“, sagte Marvin Hopp vom Forschungsteam des Instituts „Arbeit und Wirtschaft“ (iaw) der Universität Bremen, das insgesamt 11.000 studentische Beschäftigte letztes Jahr befragt hatte. „Hier wird deutlich, dass die gesetzliche Mitbestimmung dringend auf studentische Beschäftigte in allen Bundesländern ausgeweitet werden muss.“

Wochenlang nicht bezahlt

16,7 Prozent der studentischen Beschäftigten gaben an, im Durchschnitt 4,9 Wochen vor oder nach Vertragsbeginn ohne Bezahlung zu arbeiten. 39 Prozent der Befragten sagten, monatlich unbezahlte Überstunden zu leisten. Etwa genausoviele hätten keine Urlaubstage. 90 Prozent der Befragten finanzieren mit der Arbeit ihr Studium.

Die Mindestvertragsdauer der Arbeitsverhältnisse beträgt zudem durchschnittlich nicht einmal ein halbes Jahr und Kettenverträge sind üblich. Sind studentische Beschäftigte mehr als einmal an einer Hochschule angestellt (83 Prozent), dann arbeiten sie durchschnittlich bereits zum dritten Mal auf dieselben Stelle. Studentische Hilfskräfte übernehmen unterstützende Aufgaben für wissenschaftliche Mitarbeiter*innen wie Daten bei Forschungsprojekten erfassen, Material für Seminare und Vorlesungen bereitstellen oder selbst Tutorien geben.

Schätzungsweise gibt es der Untersuchung zufolge bis zu 400.000 studentische Beschäftigte in Deutschland. Es handele sich um eine tragende Säule des Wissenschaftsbetriebs, der ohne sie nicht funktionieren würde.

„Viele Hochschulabsolventinnen und -absolventen werden von einer Laufbahn in Forschung und Lehre abgeschreckt.“ (Andreas Keller)

„Studentische Beschäftigte werden mit Kettenarbeitsverträgen und Dumping-Löhnen auf die steinigen Karrierewege in der Wissenschaft nach dem Studium eingestimmt“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender. Auf diese Weise würden viele Hochschulabsolventinnen und -absolventen von einer Laufbahn in Forschung und Lehre abgeschreckt. Keller rief die Arbeitgeber ebenfalls zum Handeln auf: „Für stabile Beschäftigung in der Wissenschaft zu sorgen, heißt daher auch, die Arbeitsbedingungen von studentischen Beschäftigten tarifvertraglich und gesetzlich abzusichern.“

ver.di und GEW hatten die Studie mit dem Titel „Jung, akademisch, prekär?“ beim iaw in Auftrag gegeben. Es ist die bisher größte Untersuchung zu den Arbeitsbedingungen dieser Berufsgruppe.

Arbeitgeber müssen Gesetzesverstöße abstellen

„Die Arbeitsbedingungen von studentischen Beschäftigten grenzen an Ausbeutung“, sagte Sylvia Bühler, im ver.di-Bundesvorstand zuständig für Bildung und Wissenschaft. „Dass Hochschulen und Universitäten Menschen arbeiten lassen, ohne sie dafür zu bezahlen, ist ein unhaltbarer Zustand. Vielen wird auch kein Urlaub gewährt. Und das alles ausgerechnet im öffentlichen Dienst. Die täglichen Gesetzesverstöße müssen die Arbeitgeber sofort abstellen.“

ver.di und GEW werden die Folgen der Studienergebnisse Ende Februar mit den studentischen Beschäftigten auf einer großen Konferenz an der Universität Göttingen diskutieren.

Hintergrund: 2021 haben sich studentisch Beschäftigte bundesweit organisiert und bei der Tarifrunde der Länder mit anderen Länder-Beschäftigten gestreikt. Ziel ist ein flächendeckender Tarifvertrag, kurz TV Stud. Bisher hat einzig das Land Berlin einen Tarifvertrag für studentisch Beschäftigte.