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TRIPS Waiver

Kein Ende der Pandemie ohne Impfstoff für alle

Deutschland solle sich endlich dafür einsetzen, die Patente auf Covid-19-Impfstoffe vorübergehend auszusetzen, schrieb die GEW an vier Bundesministerien. Eine europäische Bürgerinitiative sammelt Unterschriften für das Recht auf Gesundheit.

Foto: GEW/Shutterstock
Foto: GEW/Shutterstock

Der Zugang zu Bildung hänge entscheidend davon ab, „dass ein gerechter Zugang zu Impfstoffen auf der ganzen Welt gewährleistet ist“, schreibt GEW-Vorsitzende Maike Finnern in einem Brief vom 6. Januar an die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Corona-bedingte Schulschließungen hätten vor allem für bereits benachteiligte Schülerinnen und Schüler negative Folgen. Weitere Empfänger des Schreibens sind Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister, sowie Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

TRIPS Waiver“ soll Länder des Südens unterstützen

Die GEW unterstützt die Kampagne der Bildungsinternationalen (BI), dem weltweiten Dachverband der Bildungsgewerkschaften für globale Impfgerechtigkeit. Die BI fordert, die im TRIPS-Abkommen vorgesehene Ausnahmeregelung („Waiver“) zu nutzen. Im Abkommen sind handelsbezogene Rechte des geistigen Eigentums wie Patente oder Markenrechte geregelt. Die Ausnahmeregelung ist Voraussetzung für eine zeitlich befristete Freigabe der Covid-19-Impfstoffpatente und Medizinprodukte – wichtig vor allem für die ärmeren Länder des Südens.

„Der diskriminierungsfreie Zugang zu Covid-19-Impfstoffen ist ein Menschenrecht.“ (Maike Finnern)

Staaten wie Deutschland stellten Impfstoffspenden jedoch als die bessere Lösung dar, schrieb Maike Finnern in ihren Brief an die vier Ministerien. Die Bildungsgewerkschaften unterstützen zwar alle multilateralen Bemühungen, einschließlich des COVAX-Programms zur freiwilligen Abgabe von Impfstoffen, aber diese reichten nicht aus. „Das ist zu wenig und kommt zu spät“, kritisierte die GEW-Chefin. Von 1,8 Milliarden Impfstoffspenden, die von der EU, Norwegen, Schweiz und den G7-Staaten zugesagt wurden, seien bislang nur 261 Millionen Dosen geliefert worden. „Der diskriminierungsfreie Zugang zu Covid-19-Impfstoffen ist ein Menschenrecht“, stellte Maike Finnern klar. Die Pandemie habe zur Folge, dass die globale Ungleichheit weiter zunehme – auch in der Bildung. Finnern bat daher die angeschriebenen Ministerien, den Vorschlag für einen „TRIPS Waiver“ bei der Welthandelsorganisation WTO zu unterstützen und den Weg für eine gerechte Verteilung medizinischer Covid-19-Produkte frei zu machen.

Europaweite Bürgerinitiative: Petition unterzeichnen

Die GEW unterstützt ebenfalls die Europäische Bürgerinitiative „No Profit on Pandemic“. Die Petition kann von allen EU-Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet werden. EU-Bürgerinnen  und Bürger haben das Recht, sich mit einer Bürgerinitiative direkt an die EU-Kommission zu wenden, um eine konkrete Gesetzesänderung vorzuschlagen. Dazu sind eine Million Menschen aus der EU erforderlich. Die Petition setzt sich für das Recht auf Gesundheit ein. Rechte des geistigen Eigentums, einschließlich Patente, dürften die Zugänglichkeit künftiger Covid-19-Impfstoffe oder –Behandlungen nicht behindern. Zudem wird in der Petition das Offenlegen von Verträgen, die mit Pharmaunternehmen abgeschlossen wurden, gefordert.

Weltweite Gewerkschaftsverbände fordern sofortiges Handeln

„Eine Handvoll Regierungen sabotiert die globale Erholung“, kritisierte im November 2021 auch der Global Council of Unions (GCU), der Zusammenschluss aller weltweiten Gewerkschaftsverbände, zu dem auch die Bildungsinternationale gehört. Er vertritt über 200 Millionen Beschäftigte. „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, vor allem im globalen Süden, tragen die Hauptlast eines ungleichen Zugangs zu Impfstoffen“, unterstrich der GCU in seinem Statement. Die Beschäftigten des Gesundheitswesens und anderer unverzichtbarer Sektoren warteten in den ärmeren Ländern darauf, geimpft zu werden. Beschäftigte auf der ganzen Welt verlangten „sofortiges Handeln“, so der GCU. Mehr als 100 Regierungen, inklusive den USA, China und Australien, unterstützten bereits die Initiative Südafrikas und Indien für den „TRIPS Waiver“. Der Internationale Währungsfonds (IWF) habe gewarnt: Das Versagen bei den Impfanstrengungen könne die globale wirtschaftliche Erholung blockieren und das weltweite Bruttosozialprodukt um viele Milliarden US-Dollar vermindern.