Männer in pädagogischen Berufen
Jungen brauchen Männer - Mädchen auch
Es gibt viele Gründe, warum Männer in den Kitas und Erziehungsberufen unterrepräsentiert sind.
Seit Jahren wird gefordert, den Anteil von Männern in den Kitas und in den Erziehungsberufen zu erhöhen. Dennoch ist die Zahl der weiblichen Fachkräfte nach wie vor um ein Mehrfaches höher. Im Jahr 2021 arbeiteten knapp 654.500 Frauen und lediglich rund 53.700 Männer im Bereich der Kinderbetreuung und -bildung.
Da stellt sich die Frage, warum sind Männer im Kita-Betrieb immer noch so stark unterrepräsentiert? Es gibt viele Gründe. Die Aufgabe der Kindererziehung wird traditionell noch immer eher Frauen zugeschrieben. Sozial erfährt der Erzieherberuf wenig Anerkennung, wie es oft bei den sogenannten Frauenberufen der Fall ist.
Aus- und Fortbildung verändern
Nach wie vor erleben wir, dass Jungen bei der Berufswahlentscheidung wenig Ermutigung erfahren. Ihre eigene Kompromissbereitschaft bei der Berufswahl ist zudem sehr gering, wenn eine berufliche Option in den Konflikt zu den eigenen sich herausbildenden geschlechtlichen Selbstbildern gerät. Das entwickelt sich schnell zu einem Dilemma, und genau in dieses können junge Männer bei der Berufswahl geraten. Sie stehen dann gefühlt zwischen Baum und Borke, zwischen ihrem eigenen Interesse an dem Beruf des Erziehers und der kulturellen Markierung des Berufs als Frauenberuf.
Bewusst oder unbewusst werden so auf vielfache Weise Jungen davon abgehalten, einen mehrheitlich nicht von Männern ausgeübten Beruf zu wählen, selbst wenn sie sich dafür interessieren. Deshalb reicht auch der reine Ruf nach Männern in Kindertageseinrichtungen nicht aus. Es muss nach besonderen Qualitäten gefragt werden, die diese Männer in ihre Arbeit und in die Beziehung zu Jungen und Mädchen einbringen sollen. Dafür muss sich in der Aus- und Fortbildung gezielt einiges verändern.
Andere Perspektive im Team
Es drängt sich die nächste Frage auf: Was brauchen Männer, um ihren Platz in der Kita zu finden? Es gibt eine ganze Reihe guter Gründe, nach Antworten zu suchen. Männer können die Perspektiven in einem Team ändern und haben Interessen und Sichtweisen, die in Kindertagesstätten oft zu wenig berücksichtigt werden. Manche jungen- und männertypischen Interessen und Bedürfnisse kommen im normalen Kita-Alltag zu kurz, weil viele Frauen nur wenig darauf eingehen. Raufen und Toben, sich für Handwerkliches und Technik begeistern, Klettern und körperliche Grenzen austesten: Das alles können Frauen natürlich auch, aber oft liegen ihre Stärken woanders.
Manchmal hängen herausfordernde Verhaltensweisen von Jungen damit zusammen, dass diese beweisen wollen, wie „männlich“ sie sind. Doch wissen sie viel zu wenig darüber, wie Männer wirklich sind, nämlich durchaus nicht immer stark, überlegen, erfolgreich und ohne Angst. Um das herauszufinden, brauchen sie mehr Männer in ihrem Alltag, mit denen sie die ganze Bandbreite menschlicher Gefühle und Verhaltensweisen erleben können. Männer, die nicht bloß Stereotype reproduzieren, sondern gemeinsam mit den Kindern und den Kolleginnen in die Interaktion gehen.
Aber Kinder orientieren sich nicht nur an Vorbildern des eigenen Geschlechts. Auch Mädchen brauchen Männer. Sie werden selbstbewusster, wenn ihre Väter und andere Männer sie ernst nehmen und unterstützen. Fazit: Einen partnerschaftlichen Umgang, in dem Frauen und Männer einander mit Wertschätzung und Respekt begegnen, können Jungen und Mädchen nur dann erleben, wenn es in ihrem Alltag auch Männer und Frauen gibt. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, dürfen wir in der Fachkräfteoffensive nicht nachlassen. Wir brauchen nach wie vor viele Männer und Frauen für den tollen Beruf des Erziehers oder der Erzieherin.