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LesePeter Oktober 2019

Julya Rabinowichs Jugendbuch „Hinter Glas“ ausgezeichnet

Der Coming-of-Age-Roman „Hinter Glas“ erzählt mithilfe psychogrammatischer Elemente sowie einer nebulösen Fantasyebene von dem beeindruckenden Emanzipationsprozess einer jungen Frau. Dafür gab es im Oktober den LesePeter.

Das Leben von Alice ist aus den Fugen geraten und liegt buchstäblich in tausend Scherben vor ihr. In 24 Kapiteln schildert die junge Ich-Erzählerin die Emanzipation aus ihrem von Gewalt geprägten Elternhaus und wie sich ihr Blick auf die Welt verändert. Durch diesen Entwicklungsprozess und der positiven Wendung kann der Roman als Coming-of-Age-Erzählung typisiert werden. Die Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien (AJuM) der GEW zeichnete das Buch mit dem LesePeter für den Monat Oktober aus.

Der Titel „Hinter Glas“ ist programmatisch. Alice sitzt in einem goldenen Käfig: Ihre Eltern sind wohlhabende Menschen und bieten ihrer Tochter ein luxuriöses Leben. Doch der Schein trügt, denn hinter der Fassade herrschen brutale Umgangsweisen. Der tyrannische Großvater unterdrückt die gesamte Familie. Allein die Tochter schafft es, zunächst durch die Beziehung zu dem neuen Schulkameraden Niko, aus dem Teufelskreis auszubrechen und schlussendlich sogar ihre Eltern zu überzeugen, mitzugehen. 

„Die beeindruckende Emanzipationsgeschichte der Protagonistin überrascht besonders durch die außergewöhnliche Erzählsituation.“

Die AJuM-Jury urteilte: „Die beeindruckende Emanzipationsgeschichte der Protagonistin überrascht besonders durch die außergewöhnliche Erzählsituation. In die 24 retrospektiv erzählten Spiegelscherben-Kapitel mischt sich unregelmäßig eine weitere Erzählerstimme ein, die sich typografisch durch eine andere Schriftart absetzt und in direkter Weise zu der Ich-Erzählerin spricht, um ihr gewissermaßen Mut zu machen. Da die diese Figur aber bis zum Schluss eine nebulöse Erscheinung bleibt, spielt die Autorin damit eine fantastische Ebene ein.“ 

Intertextuelle Bezüge zu Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ sind nicht nur durch die Namensgleichheit gegeben, sondern werden regelmäßig explizit gemacht. Durch die damit verbundenen fantastischen Nuancen erhält die Erzählung eine zusätzliche semantische Ebene und die Deutungsmöglichkeiten vervielfältigen sich. Das bietet viel Diskussionsanlass und Möglichkeiten für philosophische Anschlusskommunikation.

Die Autorin Julya Rabinowich, geboren 1970 in St. Petersburg, lebt seit 1977 in Wien, wo sie auch studierte. Sie ist als Schriftstellerin, Kolumnistin und Malerin sowie als Dolmetscherin tätig. Mit „Dazwischen: Ich“ veröffentlichte sie 2016 ihr erstes Jugendbuch. 

Julya Rabinowich, Hinter Glas, ab 14 Jahren, Hanser Verlag, ISBN 978-3-446-26218-8, 16,00 Euro.

Die Auszeichnung LesePeter wird monatlich vergeben von der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien (AJuM) der GEW.