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Tarifeinigung mit dem Internationalen Bund

Jetzt sind die Mitglieder gefragt!

Unter schwierigen Umstände hat die GEW in den Tarifverhandlungen mit dem Internationalen Bund das Maximale erreicht. Jetzt müssen die Mitglieder das Ergebnis bewerten!

Foto: stocksnap.io / Creative Commons CC0

Den Verhandlungskommissionen der einzelnen Gesellschaften der IB- Gruppe ist es in insgesamt vier Verhandlungstagen und fünf Verhandlungsrunden gelungen, mehr Gehalt für die kommenden drei Jahre zu verhandeln. Die Verhandlungen waren im Februar unterbrochen worden, weil der Arbeitgeber ein unannehmbares Angebot für die Beschäftigten im Bereich der Arbeitsmarktdienstleistungen vorgelegt hatte, welches zu Verschlechterungen geführt hätte. 

Nach einer zweimonatigen Pause wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen. In der gegenwärtigen COVID19-Pandemie eine besondere Herausforderung. Wegen des Lockdowns fanden die Verhandlungen per Videokonferenz statt. Vom 22. bis einschließlich 30. April wurde an insgesamt fünf Terminen „digital“ verhandelt.

Jetzt liegt es an den Mitgliedern, bis zum 14. Mai das Ergebnis bewerten. Danach wird die gemeinsame Tarifkommission von GEW und ver.di auf dieser Grundlage am 15. Mai endgültig entscheiden, ob sie das Tarifergebnis annimmt.

Fragen rund um den Abschluss

Folgendes Ergebnis konnte für die jeweiligen Organisationseinheiten im Einzelnen und für alle Gesellschaften im Ganzen erzielt werden:

Geltungsbereich für den gesamten IB

Laufzeit

01.01.2020 bis 31.12.2022

Karenzzeit

Bis 31.12.2020

Ausgleich für die Karenzzeit

Ein freier Tag in 2020 für Beschäftigte, die in 2020 keine lineare Steigerung erhalten

Struktur

Zwei Entgelttabellen (Allgemeine und Sozial- und Erziehungsdienst-Entgelttabelle)

Prozessvereinbarung für die Tarifverhandlungen über neue Tätigkeitsmerkmale

Die neuen Tätigkeitsmerkmale sollen bis zum 31.12.2020 verhandelt werden. Beabsichtigt ist, diese zum 1. Januar 2021 in Kraft zu setzen.

Entgeltsteigerungen

Gesellschaft

Allgemein

SuE

1.1.2021

1.1.2022

1.1.2021

1.1.2022

IB e.V.und GIS

3,0 %

1,5 %

5,5 %

4,0 %

IB Mitte gGmbH

3,0 %

2,0 %

4,5 %

5,5 %

IB Berlin-Bandenburg gGmbH

3,0 %

3,0 %

5,5 %

5,0 %

IB West gGmbH

1,75 %

2,0 %

3,25 %

4,25 %

IB Süd-West gGmbH

3,1 %

3,1 %

4,6 %

5,9 %

Weitere Ergebnisse in den einzelnen Gesellschaften

AMDL Bereich

 

IB e.V.: Ein zusätzlicher freier Tag pro Jahr bezogen auf die Laufzeit.

IB Berlin-Brandenburg, IB-Mitte, IB West, IB Süd-West: Schaffung einer 5. Stufe + 10,00 Euro bezogen auf Wert der Stufe 4, wirksam zum 01.01.2022 für diejenigen, die zum 31.12.2021 mindestens 3 Jahre in Stufe 4 waren.

Mitgliedervorteilsregelung

IB West: Mitglieder der tarifvertragschließenden Gewerkschaften ver.di und GEW erhalten den 30. Dezember frei.

Alle übrigen Gesellschaften: Mitglieder der tarifvertragschließenden Gewerkschaften ver.di und GEW werden jeweils am 24.12. und 31.12. ganztägig freigestellt, statt wie bisher nur jeweils einen halben Tag.

Ausgleich für die Karenzzeit

IB Südwest: Zwei freie Tage statt einem Tag.

 

Die Tarifrunde wurde bereits im November 2019 gestartet. In vier schwierigen Verhandlungsrunden bis Ende Februar 2020 konnten jedoch keine Einigung erzielt werden. Mit der Kündigung der Entgelttabellen in mehreren Gesellschaften und der Aktion „Gesicht zeigen“ haben die Mitglieder den Druck auf die Arbeitgeberseite erhöht.

Nach dem Lockdown kam es nun darauf an, die Entgeltsteigerungen für die nächsten Jahre zu sichern, damit die IB-Beschäftigten nicht noch länger auf eine Gehaltsentwicklung warten müssen. Daher hat sich die Tarifkommission dafür entschieden, gerade in diesen unsicheren Zeiten die Verhandlungen wieder aufzunehmen und nicht zu warten, bis die „Corona Krise“ überstanden ist. Ohne Tarifvertrag bleibt es bei der Willkür des Arbeitgebers überlassen, welche Beschäftigten er wie bezahlt. Wir haben das beim IB bereits mit diversen Zulagen für einzelne Kolleg*innen oder Beschäftigtengruppen. Von tarifvertraglichen Entgeltsteigerungen profitieren alle Beschäftigten. Tarifverträge sind für Gewerkschaftsmitglieder einklagbares Recht. Gesicherte Arbeitsbedingungen sind gerade in Coronazeiten von großer Bedeutung.

Unter den aktuellen Bedingungen waren die Verhandlungen natürlich eine besondere Herausforderung. Wir haben fünf weitere intensive Verhandlungstage in Videokonferenzen durchgeführt. Das hat insbesondere den ehrenamtlichen Kolleg*innen viel abverlangt. Dafür möchten wir uns recht herzlich bedanken. Ebenso bei unserer Schwestergewerkschaft ver.di, mit der zusammen wir die Verhandlungen geführt haben. Gemeinsam haben wir gezeigt: Gewerkschaft funktioniert auch in Krisenzeiten.


 

Die neue Tabelle war ein Vorschlag des Arbeitgebers. Weil der IB in vielen verschiedenen Geschäftsfeldern unterwegs ist, sich aber fast vollständig über öffentliche Zuschüsse finanziert, müssen alle Gehaltssteigerungen mit den Kostenträgern – meist sind das die Kommunen – verhandelt werden. In den meisten Bundesländern werden die Gehaltskosten für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst auf Grundlage eines zum Niveau der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst, TVöD und TV-L, erstattet. Dies dem Kampf der Gewerkschaften für eine Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe zu verdanken.

Voraussetzung ist aber, dass der Träger diese Gehälter auf tarifvertraglicher Grundlage zahlt – nicht wie bisher als übertarifliche Zulagen. So ist es dem IB möglich, hier eine stärkere Gehaltssteigerung vorzunehmen, ohne an anderer Stelle kürzen zu müssen. Obwohl die gewerkschaftlichen Tarifkommissionen die weitere Differenzierung nach Beschäftigtengruppen kritisch sehen – und diesen Aspekt auch kontrovers diskutiert haben –, wäre niemandem gedient gewesen, wenn wir diese Möglichkeit ausgelassen hätten, die besonderen Rahmenbedingungen im SuE-Bereich für die Beschäftigten zu nutzen. Nur so kommt die Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe auch beim IB an.

Der allgemeinverbindliche Mindestlohn für die Weiterbildungsbranche, den GEW und ver.di erstritten haben, findet beim IB in der Form Anwendung, dass die im Mindestlohntarifvertrag festgelegten Entgeltsteigerungen auf die Entgelte der AMDL-Beschäftigten angewendet werden. Diese Steigerungen waren unabhängig von der laufenden Tarifrunde bereits im Tarifvertrag gesichert. Sie betragen 2020 bis 2022 in der Summe immerhin etwa 10 Prozent. Da die Ausgangswerte beim IB höher liegen als der Mindestlohn, haben die AMDL-Beschäftigten eine im Branchenvergleich gute Lohnentwicklung. Gleichwohl hatte die Tarifkommission gefordert, dass auch die AMDL-Beschäftigten von dem aktuellen Tarifabschluss profitieren. Die Weigerung des Arbeitgebers, hier etwas zu tun, hatte im Februar noch zum Abbruch der Verhandlungen geführt. Jetzt haben wir immerhin erreicht, dass eine fünfte Entgeltstufe geschaffen wird, die eine Perspektive für künftige Entgeltsteigerungen eröffnet. Wo die Stufe 5 schon vorhanden ist, erhalten die Kolleg*innen einen zusätzlichen freien Tag.

Für die Beschäftigten im AMDL-Bereich bedeutet der Tarifabschluss daher: reguläre Steigerungen nach dem allgemeinverbindlichen Mindestlohn in den Jahren 2020 bis 2022 und eine zusätzliche Entgeltstufe 5, bzw. ein zusätzlicher freier Tag pro Jahr bezogen auf die Laufzeit, wo diese bereits vorhanden ist (IB e.V.). Darüber hinaus kommen AMDL-Beschäftigte, welche Mitglieder bei Ver.di oder GEW sind in den Genuss der Mitgliedervorteilsregelung (s.u.).

Gefordert hatte die gemeinsame Tarifkommission eine schrittweise Angleichung der Tariflöhne an das Niveau des TV-L. Der Abstand war zuvor im Bereich Sozial- und Erziehungdienst besonders hoch. Mal abgesehen von den unterschiedlichen Refinanzierungsbedingungen ist es also gerechtfertigt, hier eine stärkere Anhebung vorzunehmen.

Ob es gefällt oder nicht: In Tarifverhandlungen muss auch immer die wirtschaftliche Situation des Unternehmens beachtet werden. Die Arbeitgeberseite hat sehr deutlich gemacht, dass sie die Verhandlungen lieber scheitern lassen würde, als über die in Tippelschritten verbesserten Angebote hinauszugehen. Das langfristige Ziel der Gewerkschaften bleibt aber, für alle Beschäftigtengruppen eine Angleichung an den TV-L zu erreichen. Dafür müssen wir in der nächsten Tarifrunde noch mehr Druck aufbauen, wenn nötig auch mit Arbeitsniederlegungen. Wir hoffen, dass die erreichte Bonusregelung für Gewerkschaftsmitglieder noch mehr Kolleginnen und Kollegen zum Eintritt bewegt und wir gemeinsam zukünftig noch mehr herausholen.

Ein großer Knackpunkt in den Verhandlungen seit November war die von Arbeitgeberseite geforderte „Karenzzeit“, um die Lohnsteigerungen mit den Kostenträgern zu verhandeln.. Sonst bekäme er die erhöhten Kosten nicht erstattet und würde sehenden Auges auf eine wirtschaftliche Notlage zusteuern. Die Gewerkschaftsseite hat dazu erklärt, dass dies nicht hinnehmbar ist, weil das für 2020 eine komplette Nullrunde bedeuten würde. Mindestens bräuchte es für eine solche Karenzzeit einen Ausgleich durch stärkere Lohnsteigerungen in den folgenden Jahren oder eine Kompensation im Jahr 2020. Nach zähem Ringen und nachdem der Arbeitgeber mehrfach sehr deutlich gemacht hatte, dass er die Gehaltserhöhungen unter keinem Umständen vor dem 1. Januar 2021 in Kraft setzen würde, konnten sich schließlich auf einen zusätzlichen freien Tag (IB Südwest: 2 freie Tage) als Ausgleich für alle Beschäftigten verständigt werden, die im Jahr 2020 keine lineare Gehaltssteigerung bekommen.

Ja, der Arbeitgeber kann und muss zahlen! Er kann, weil er sich mit der Karenzzeit genug Zeit verschafft hat, die Tariferhöhungen mit den Kostenträgern zu verhandeln und somit in voller Höhe erstattet zu bekommen. Er muss aber auch, weil sobald die Tarifverträge unterschrieben sind, die Beschäftigten – jedenfalls sofern sie Mitglied einer vertragsschließenden Gewerkschaft sind – einen einklagbaren Anspruch auf die vereinbarten Gehaltssteigerungen haben. Das gilt auch für die Mitgliedervorteilsregelung, den Ausgleich für die Karenzzeit und die Einführung einer weiteren Entgeltstufe für die AMDL-Beschäftigten. Dafür schließen wir Tarifverträge, damit die Arbeitgeber daran gebunden sind. Gewerkschaftliches Engagement lohnt sich!