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Coronapandemie

Jetzt sind die Länder gefordert!

In den Schulen und Kitas steigen die Infektionszahlen. Quarantäne und lokale Schließungen sind die Folge. Ob die Maßnahmen, die Bund und Länder Mitte November beschlossen haben, ausreichen, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen.

Vor diesem Hintergrund hat die GEW den Beschluss von Bundestag und Bundesrat, die epidemische Lage von nationaler Tragweite auslaufen zu lassen, als ein „politisch falsches Signal“ bezeichnet. Dass diese Entscheidung Anfang Dezember wie avisiert überprüft werden soll, ist zwingend notwendig. „Die Corona-Epidemie ist noch längst nicht vorbei: Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist es ein Fehler, dass der Bund Steuerungskompetenzen aus der Hand gibt. Wir wissen heute noch nicht, was in den kommenden Wochen auf das Land zukommt, deshalb hätte die Politik sich alle Möglichkeiten offenhalten müssen“, betont GEW-Vorsitzende Maike Finnern. „Wir erwarten jetzt, dass die Länder ihrer Verantwortung für den Gesundheitsschutz der Menschen nach Aufhebung der Notlage gerecht werden.“

In den vergangenen gut eineinhalb Jahren hatten die Länder besonders im Bildungsbereich ihre Hausaufgaben des Öfteren sträflich vernachlässigt und viel zu zögerlich gehandelt. Die Folge: ein bundesweiter Maßnahmen-Flickenteppich. Viele Menschen konnten nicht mehr nachvollziehen, warum in vergleichbaren Situationen unterschiedliche Entscheidungen getroffen und umgesetzt worden sind. Dies hat einen Beitrag dazu geleistet, dass die Akzeptanz der Maßnahmen gesunken ist. Finnern macht aber auch deutlich, dass die GEW trotz ihrer Kritik an der Aufhebung der epidemischen Notlage nicht verkenne, dass diese „auf mittlere und lange Sicht eine Zumutung für Demokratie und Bevölkerung ist“.

Luftfilter, Masken und Impfen

Gleichzeitig haben die möglichen Ampelkoalitionäre aus SPD, Grünen und FDP im Bundestag ein verändertes Infektionsschutzgesetz mit einem Paket aus 2G- und 3G-Regeln auf den Weg gebracht. Am selben Tag gab es eine Videoschalte zwischen der geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten. Diese entschieden, dass künftig die sogenannte Hospitalisierungsrate, also die Auslastung der Krankenhäuser entscheidend dafür sein soll, welche Präventionsmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung greifen. Zum Thema „Bildung“ steht in dem Beschluss wenig.

Es wird allerdings das Ziel formuliert, Schulen und Kitas so lange wie möglich geöffnet zu halten. Das hält die GEW grundsätzlich für richtig, weist aber ausdrücklich darauf hin, dass dafür endlich bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssten. „Länder und Kommunen müssen die notwendigen Voraussetzungen schaffen. Das ist bisher nur unzureichend geschehen“, unterstreicht GEW-Chefin Finnern. In manchen Hotspots droht die Situation an den Schulen nämlich bereits jetzt aus dem Ruder zu laufen, insbesondere in Sachsen ist dies schon geschehen. Die GEW verlangt, dass die Politik sofort mit absoluter Priorität folgende Maßnahmen in Angriff nimmt:

  • Luftfilteranlagen, eingebettet in Raum-, Lüftungs- und Hygienekonzepte, müssen flächendeckend eingebaut werden.
  • Das Tragen von Masken in den Innenräumen der Schulen ist – trotz aller wichtigen und richtigen pädagogischen Bedenken – eine sinnvolle und wirksame Maßnahme, um Infektionen zu verhindern.
  • Die Impfkampagne muss weiter konsequent vorangetrieben werden. Dazu gehört vor allem, dass alle Lehrenden spätestens sechs Monate nach ihrer Zweitimpfung schnell und unbürokratisch ein Booster-Impfangebot erhalten. Zudem müssen die 12- bis 17-Jährigen, von denen viele noch nicht geimpft werden konnten, dringend in den Fokus genommen werden.
  • Es muss weiterhin kontinuierlich getestet werden. Die neue 3G-Regelung am Arbeitsplatz bedeutet für Schulen, Kitas und Hochschulen: Die Arbeitgeber müssen allen Beschäftigten in diesen Einrichtungen für jeden Arbeitstag einen kostenlosen Test anbieten. Unabhängig davon, ob diese geimpft, genesen oder nicht geimpft sind. Die Beschäftigtengruppen an Bildungseinrichtungen können nicht im Homeoffice arbeiten.
  • Für Schülerinnen und Schüler sollen nach Möglichkeit regelmäßig PCR-Tests angeboten werden.
  • Dieses Maßnahmenpaket muss durch die AHA-Regeln, Hygienekonzepte an den Bildungseinrichtungen und die Entzerrung des Schülerverkehrs komplettiert werden.

Die Richtschnur für die Maßnahmen in der Schule sollen nach Ansicht der GEW die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts sein. Dafür schlägt die GEW ein Fünf-Punkte-Programm vor:

5-Punkte-Programm zum Gesundheitsschutz an Schulen
Ab der 5. Klasse muss das gesellschaftliche Abstandsgebot von 1,5 Metern gelten. Dafür müssen Klassen geteilt und zusätzliche Räume beispielsweise in Jugendherbergen gemietet werden.
Um die Schulräume regelmäßig zu lüften, gilt das Lüftungskonzept des Umweltbundesamtes. Können die Vorgaben nicht umgesetzt werden, müssen sofort entsprechende Filteranlagen eingebaut werden.
Die Anschaffung digitaler Endgeräte für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler muss endlich beschleunigt werden. Flächendeckend müssen eine datenschutzkonforme digitale Infrastruktur geschaffen und IT-Systemadministratoren eingestellt werden. Zudem müssen die Länder Sofortmaßnahmen zur digitalen Fortbildung der Lehrkräfte anbieten.
Für die Arbeitsplätze in den Schulen müssen Gefährdungsanalysen erstellt werden, um Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler besser zu schützen.
Transparenz schaffen: Kultusministerien und Kultusministerkonferenz müssen zügig ihre Planungen umsetzen, wöchentlich Statistiken auf Bundes-, Landes- und Schulebene über die Zahl der infizierten sowie der in Quarantäne geschickten Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler zu veröffentlichen. „Wir brauchen eine realistische Datenbasis, um vor Ort über konkrete Maßnahme zu entscheiden“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. 

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.

Gesellschaft gefordert

Die GEW setzt sich darüber hinaus dafür ein, dass Kinder und Jugendliche gezielt unterstützt werden. Sie haben in der Corona-Krise bisher eine Hauptlast getragen und besonders gelitten. Jetzt ist die Gesellschaft außerhalb der Schule gefordert: Die Erwachsenen müssen insbesondere die Kinder schützen, die bis heute nicht geimpft werden können – unabhängig davon, dass die Krankheitsverläufe bei Kindern und Jugendlichen in der Regel milder sind als bei Erwachsenen.

Das darf kein Argument gegen zusätzliche Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche sein, allein schon deshalb nicht, weil die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Long-Covid-Folgen für Mädchen und Jungen bis heute noch viel zu dünn sind; zudem können infizierte Kinder und Jugendliche andere, auch gefährdete Menschen anstecken. „Rücksicht auf die Kinder zu nehmen, heißt beispielsweise, auf Massenveranstaltungen zu verzichten. Es darf nicht sein, dass Kitas und Schulen strikte Präventionskonzepte zum Gesundheitsschutz umsetzen, Erwachsene aber feiern gehen, möglicherweise das Corona-Virus aufschnappen und die Kinder anstecken“, so Finnern.

*Dieser Beitrag wurde am 22. November geschrieben. Aussagen und Einschätzungen spiegeln die aktuelle Situation der Corona-Pandemie wider. Wegen der sich teils rasant verändernden Lage können diese zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beitrags in der E&W bereits überholt sein.

Für die Kitas verlangt die GEW, die individuellen Gefährdungsbeurteilungen nach Arbeitsschutzgesetz umzusetzen. Jede Kita braucht passgenaue und wirksame Hygienepläne. „Die Regelungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für Kitas zum Infektionsschutz sind zu beachten und umzusetzen. Weiter müssten alle Kitaträger Betriebsmediziner einsetzen, diese sollten die Risikogruppen bei den Beschäftigten beraten und im Einzelfall von der Arbeit in der Kita freistellen“, sagte GEW-Chefin Maike Finnern. Sie regte zudem an, freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten anzubieten.

  • Freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten
  • Passgenaue und wirksame Hygienepläne für jede Kita
  • Umsetzung der Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) an Kitas
  • Risikogruppen von Betriebsmedizinern beraten lassen und im Einzelfall von der Arbeit an der Kita freistellen

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.