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Männer in pädagogischen Berufen

Je früher, desto besser

Frei von Vorurteilen: Mit Wimmelbüchern und Abenteuergeschichten will die Initiative Klischeefrei schon in Kita und Grundschule mit klassischen Rollenbildern brechen.

Jungen brauchen Vorbilder, um sich für soziale und pädagogische Berufe zu interessieren. (Foto: IMAGO/Westend61)

Lara und ihr Bruder Elias hocken gelangweilt im Wohnzimmer, als es an der Tür klingelt: Davor steht Papas bester Freund David, Altenpfleger von Beruf, im blauen Kittel und drückt den Kindern einen goldenen Schlüssel in die Hand. Damit beginnt für die Geschwister in dem Lesebuch „Der Schlüssel zu Oma Edas Welt“ ein Abenteuer, frei von Geschlechterklischees: In einem wundersamen Haus lernt Lara, wie sie eine Drohne repariert, im Schuppen kümmert sich Mo um verletzte Tiere, in der Küche verziert Tom eine Torte – und alle gemeinsam retten ein kleines Wildschwein.

„Unser Ziel ist es, dass Kinder ihre Stärken und Interessen frei von Geschlechterstereotypen entfalten“, sagt der Leiter der Initiative Klischeefrei, Miguel Diaz. „Je früher wir Kinder für das Thema sensibilisieren, desto besser.“ Dabei geht es explizit auch darum, Jungen für den Beruf des Erziehers, Pflegers, Sozialarbeiters oder Grundschullehrers zu begeistern.

„Nachhaltige Veränderungen in der Gesellschaft können wir nur erzielen, wenn wir die Jungen mitdenken.“ (Miguel Diaz)

Als vor rund 20 Jahren der erste Girls‘ Day startete, stellte sich bald die Frage: Was ist eigentlich mit den Jungen? Auch sie seien aufgrund der Geschlechterklischees in ihrer Persönlichkeitsentfaltung und damit in ihrer Berufswahl eingeschränkt, betont Diaz. Hinzu kommt: „Nachhaltige Veränderungen in der Gesellschaft können wir nur erzielen, wenn wir die Jungen mitdenken.“

Nach mehreren Einzelinitiativen findet seit 2011 ein bundesweiter Boys‘ Day statt, als offizieller Aktionstag zur Berufsorientierung für Jungen ab der 5. Klasse. Die Jungen absolvieren unter anderem ein Tagespraktikum in Altenpflege, Sozialarbeit, Ergotherapie oder Kita. Diaz schätzt, dass jedes Jahr rund 30.000 Jungen an dem Projekttag teilnehmen.

Kostenfreie Materialien

Doch klar ist, dass es mit einem eintägigen Aktionstag nicht getan ist. Deshalb hat die Initiative Klischeefrei – ein vom Bildungs- und Familienministerium gefördertes Bündnis aus Bildung, Politik, Wirtschaft, Praxis und Wissenschaft – kostenlose Materialien für diese Ziel-gruppe entwickelt. Für Kitas gibt es ein Memory und ein Wimmelbuch zu Berufen: Da trägt Papa lässig sein Baby im Tragetuch umher, ein Altenpfleger begleitet eine alte Dame zum Zug, eine Bauarbeiterin bedient einen knallgelben Kran, und ein Erzieher spielt in der Kita mit einem Jungen. „Ich kann alles werden“, lautet der Titel. „Das Set findet reißenden Absatz“, berichtet Diaz. Pro Woche würden sie bis zu 500 Pakete an Kitas verschicken.

Das Set für Grundschulen besteht aus zwei Lesebüchern. Zudem wird eine Methodenmappe mit Arbeitsblättern für den Unterricht bereitgestellt. Die Lehrkräfte sollen angeregt werden, im Kollegium, auf Konferenzen oder Elternabenden zu reflektieren: „Wie klischeefrei ist unsere Schule?“

Ziel des Materials sei es, erklärt Diaz, „unaufgeregt“ mit klassischen Geschlechterrollen zu brechen. Wichtig sei, dass Erzieher in der Kita zum Beispiel nicht nur dafür herhalten müssen, sich der Technik zu widmen oder Fußball zu spielen. So erklärt David im Lesebuch, warum er Altenpfleger und kein Bauarbeiter geworden ist: „Ich kümmere mich lieber um Menschen als um Steine.“ Seine Mutter lacht: „Stimmt. Das hast du schon als kleiner Junge gern gemacht.“