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#equalpayday

Ja 13, jetzt erst recht!

Zum Equal Pay Day legt die GEW aktuelle arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu Anforderungen von Lehrkräften vor. Sie stärken die Forderung nach gleicher Bezahlung für gleichwertige Arbeit.

GEW/Shutterstock

Am heutigen Equal Pay Day fordert erneuert die GEW die Forderung nach gleicher Bezahlung aller Lehrkräfte für gleichwertige Arbeit. „Grundschullehrkräfte leisten genauso viel wie andere Lehrkräfte. Es gibt keine Basis für ihre schlechtere Bezahlung, die vor allem Frauen trifft und noch immer in acht Bundesländern Praxis ist“, sagte Frauke Gützkow, GEW-Vorstandsmitglied für Frauenpolitik, mit Blick auf den Equal Pay Day am Montag.

„Im schulischen Alltag bewältigen Grundschullehrkräfte auffallend hohe Anforderungen und Belastungen“ (Frauke Gützkow)

Dazu hat die GEW nun eine neue Studie zur Arbeitsbelastung der Lehrkräfte vorgelegt. Die GEW-Expertin fasste das Ergebnis der Studie so zusammen: „Im schulischen Alltag bewältigen Grundschullehrkräfte auffallend hohe Anforderungen und Belastungen, vor allem mit Blick auf ihr Wissen und Können sowie auf psychosoziale Herausforderungen. Die Arbeit der Lehrkräfte an Grundschulen wird oft unterbrochen, deshalb müssen sie hoch konzentriert arbeiten“. Die Studie komme zudem zu dem Ergebnis, dass Grundschullehrkräfte häufig in Teams arbeiten, stets viel Einfühlungsvermögen benötigen und in erheblichem Maße belastende psychosoziale Anforderungen bewältigen müssen. Ebenfalls stark belastet seien die Lehrkräfte an Schulen, die alle allgemeinbildenden Schulabschlüsse vergeben. „Außer hohen psychosozialen Belastungen fallen bei ihnen vor allem die Anforderungen an ihre Verantwortung für die Jugendlichen an der Schwelle zu Ausbildung und Beruf ins Gewicht“, erklärte das Gützkow.

Arbeitswissenschaft stützt GEW-Forderungen

Rückenwind verschafft der GEW nun eine nach arbeitswissenschaftlichen Kriterien durchgeführte Untersuchung. Das Institut für empirische Sozial- und Wirtschaftsforschung (INES) mit Sitz in Berlin führte 2021 in ihrem Auftrag eine Lehrkräftebefragung unter GEW-Mitgliedern durch. Mithilfe der Antworten von rund 15.000 Lehrkräften entstand eine repräsentative Untersuchung der Gleichwertigkeit von Arbeit. Gefragt wurde außer nach der Arbeitszeit nach Anforderungen und Belastungen in vier Feldern: Wissen und Können, Psychosoziale Anforderungen, Anforderungen an Verantwortung, physische Anforderungen. Alles zusammen fließt in einen Index für Gleichwertigkeit für den Lehrkräftebereich ein.

Heterogenität als professionelle Herausforderung

Die Ergebnisse zeigen: Im schulischen Alltag sind Grundschullehrkräfte vor allem in den Dimensionen Wissen und Können und in psychosozialer Hinsicht vor hohe Anforderungen gestellt. Auffallend häufig geben sie an, mit dem „Bewältigen von Arbeitsunterbrechungen“ konfrontiert zu sein und „ununterbrochene Aufmerksamkeit und Konzentration“ zu benötigen. Zudem arbeiten sie sehr häufig in Teams, benötigen stets viel Einfühlungsvermögen und bewältigen in erheblichem Maße belastende psychosoziale Bedingungen. Über die Gründe könnten nur Vermutungen formuliert werden, erklären die INES-Forscherinnen. Denkbar scheine „ein leicht höherer pädagogischer Anspruch sowie psychosozial stärkere Belastungen im Kontakt mit vergleichsweise jüngeren Kindern“. Um den Ursachen näher zu kommen, regen die Wissenschaftlerinnen weitere Forschungen an. Positiv macht der Index für Gleichwertigkeit auf den hohen Grad an Gestaltungsfreiheit an Grundschulen aufmerksam: Mit 65 Prozent geben zwei von drei Lehrkräfte an, in mehr als der Hälfte ihrer Arbeitszeit autonom handeln zu können.

Lehrkräfte in der Sekundarstufe I bewältigen ebenfalls hohe psychosoziale Anforderungen. Auch für sie verweisen die Forscherinnen auf die heterogenen Lerngruppen, mit denen sie arbeiten. Vor allem an Schulen, die zu allen allgemeinbildenden Abschlüssen führen, fällt laut den Antworten der GEW-Mitglieder ein hohes Ausmaß an „außerunterrichtlichen Verpflichtungen“ auf. Die Verantwortung für die Jugendlichen an der Schwelle zu Ausbildung und Beruf macht sich ebenfalls bemerkbar. Und auch Lehrkräfte an einer Förder- oder Integrationsschule weisen bezüglich der Anforderungen auffallend hohe Werte auf.

Weitere zentrale Ergebnisse der 68 Seiten umfassenden Studie: Lehrkräfte arbeiten weit mehr, als ihr Stundenkontingent darstellt. Mit 21,1 Prozent arbeitet kaum mehr als jede fünfte (Vollzeit-)lehrkaft weniger als 40 Stunden. Jede vierte verzeichnet in einer üblichen Unterrichtswoche sogar eine Arbeitszeit von 50 Stunden oder mehr. Zugleich gilt: Wer zu viel arbeitet, erlebt auch die Anforderungen und Belastungen als höher.

„Die schlechtere Bezahlung trifft insbesondere Frauen.“ (Frauke Gützkow)

GEW-Vorstandsmitglied Gützkow erneuerte als Fazit die Forderung, alle voll ausgebildeten verbeamteten Lehrkräfte nach der Besoldungsgruppe A13 und alle angestellten nach der Entgeltgruppe E13 zu bezahlen - unabhängig von der Schulform, an der sie arbeiten. „Die schlechtere Bezahlung trifft insbesondere Frauen. An Grundschulen sind neun von zehn Lehrkräften Frauen“, betonte Gützkow. „Doch auch an Sekundarschulen werden Lehrkräfte in zu vielen Ländern noch nach A12/E11 bezahlt. Auch an diesen Schulformen arbeiten mehr Frauen als Männer“, sagte Gützkow.

„Die Politik muss sich an die Landesverfassung halten und endlich das Besoldungsrecht der Beamtinnen und Beamten ändern.“ (Frauke Gützkow)

Mit ihrem Engagement für eine bessere Bezahlung der Grundschullehrkräfte sowie der Lehrerinnen und Lehrer in der Sekundarstufe I hat die GEW, in den vergangenen Jahren viel erreicht. „In der Hälfte der Bundesländer ist die Gleichstellung der Grundschullehrkräfte umgesetzt“, sagte die GEW-Expertin. „Ohne den Druck der GEW und ihrer Mitglieder wäre das nicht möglich gewesen.“ Zu den Bundesländern, die hinterherhinken, gehöre Nordrhein-Westfalen (NRW). In dem Bundesland arbeiteten fast 20 Prozent aller in Deutschland beschäftigten Lehrkräfte. Mit Blick auf die Landtagswahlen im Mai kündigte die Gewerkschafterin einen heißen Wahlkampf an: „Die Politik muss sich an die Landesverfassung halten und endlich das Besoldungsrecht der Beamtinnen und Beamten ändern.“ Gützkow erinnerte daran, dass ein juristisches Gutachten bereits vor Jahren für NRW zu dem Schluss kam: „Die unterschiedliche Eingruppierung verschiedener Lehrkräftegruppen ist aus verfassungs- und beamtenrechtlicher Perspektive nicht in Ordnung.“ In Niedersachsen werde im September gewählt. „Auch hier werden wir die überfällige Gleichbehandlung an Grund- und Sekundarschulen mit den anderen Schulformen aufs Tapet heben“, kündigte Gützkow an.