Zum zweiten Mal hat die GEW zu einer wissenschaftlichen Fachtagung zum Auslandsschuldienst eingeladen. Nachdem im Jahr 2013 erstmalig eine solche Tagung in Kooperation mit der Uni Oldenburg durchgeführt wurde, fand nun am 18. September in Zusammenarbeit mit der TU Dortmund und deren Institut für Allgemeine Didaktik und Schulpädagogik eine weitere Wissenschaftstagung zum Thema „Abschlüsse und Zertifikate als Steuerungsinstrumente in der deutschen Auslandsschularbeit?“ statt.
Preisgünstige Form deutscher Außenpolitik
Der Kreis der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (meist sind es Frauen), der sich bisher mit dem Auslandsschulwesen beschäftigt, ist überschaubar und der Forschungsgegenstand hält noch viele Fragen offen. Das wurde bei der eintägigen Veranstaltung in Dortmund unter Leitung von Sabine Hornberg (TU Dortmund) und Franz Dwertmann (GEW) deutlich, an der rund vierzig Personen aus Wissenschaft und Auslandsschulpraxis teilnahmen. Von einem großen Forschungsloch wurde gesprochen, was erstaunt angesichts der vielfältigen Potentiale, die das Auslandsschulwesen als Teil der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) Deutschlands besitzt. So ist nicht einmal bekannt, wie viele Absolventen Deutscher Auslandsschulen in Deutschland studieren.
Als äußerst preisgünstige Form deutscher Außenpolitik bezeichnete Christel Adick von der Uni Bochum die deutschen Auslandsschulen, die zu siebzig Prozent privat finanziert sind. Mit geringen ökonomischen Mitteln sei dieser Sektor ein lohnender im Hinblick auf Vermittlung von deutschem Kulturkapital. Das an den Schulen erworbene „inkorporierte Kulturkapital“ sei an das lernende Individuum gebunden. Auslandsschulen förderten Facetten deutscher Identitäten in einem transnationalen Raum bei gleichzeitig aktiv gelebter Bikulturalität. Internationale Abschlüsse, wie sie vermehrt an Auslandsschulen angeboten werden, nähmen weltweit zu. Durch die Globalisierung werde auch das Abitur in Deutschland unter Druck geraten.
Substitution statt Addition
Peter Stoldt berichtete aus seiner Zeit als BLASchA Vorsitzender über die oft zähen und langwierigen Verhandlungen mit ausländischen Regierungen und Schulbehörden zur Einrichtung Deutscher Auslandsschulen und zur Anerkennung von Curricula und Abschlüssen. Deutsche Auslandsschulen seien nicht einfach im Ausland gelegene deutsche Schulen. Ziel der Schulen sei Bikulturalität. Substitution statt Addition sei in den zwischenstaatlichen Verhandlungen zur Arbeit der Schulen Leitlinie gewesen. Mit der Deutschen Internationale Abiturprüfung (DIAP) und dem Gemischtsprachigen Internationalen Baccalaureate (GIB) habe die Kultusministerkonferenz die Möglichkeit geschaffen, bis zu fünfzig Prozent der Abiturfächer in Auslandsschulen in der Landessprache zu prüfen.
Yvonne Büscher von der KMK wies darauf hin, dass die Curricula Deutscher Auslandsschulen auf den Kerncurricula der KMK für die gymnasiale Oberstufe an Deutschen Schulen im Ausland basieren sowie an den Lehrplänen einzelner Bundesländer orientiert sind, und auch dadurch die Abschlüsse denen in Deutschland gleichgestellt seien, jedoch mit den schulspezifischen Ergänzungen und Vertiefungen in den Curricula eine Begegnung mit den Bildungsinhalten des Sitzlandes erfolgen kann. Mit dem Deutschen Internationalen Abitur vermitteln Deutsche Auslandsschulen vertiefte allgemeine Bildung, Kenntnisse in großer fachwissenschaftlicher Breite und Werte, die zur Entwicklung und Stärkung der Persönlichkeit beitragen. Durch binationale und bilinguale Abschlüsse wird die Begegnung mit dem Sitzland verstärkt. Die teilzentrale Durchführung des Abiturs einerseits und die schulspezifische Durchführung andererseits ermöglichen die Durchführung nach deutschen Standards und die Berücksichtigung der Anforderung des Sitzlandes. Ziel sei es, aus Schülern mündige Bürger zu machen, die in allen Gesellschaften soziale Verantwortung wahrnehmen und diese mitgestalten.
Jährlich fast 70.000 Absolventen mit Deutschem Sprachdiplom
Interessante Zahlen zum Auslandsschulwesen präsentierte Heike Toledo (ZfA). Derzeit erhalten 88 deutsche Auslandsschulen eine gesetzliche Förderung nach dem Anfang 2014 neu in Kraft getretenen Auslandsschulgesetz. Pro Jahr verlassen rund 4.000 Schülerinnen und Schüler eine Deutsche Auslandsschule mit einem deutschen oder anderen internationalen Abschluss mit Hochschulzugangsberechtigung. Demgegenüber stehen 69.000 bestandene Prüfungen zum Deutschen Sprachdiplom (DSD), die große Mehrheit im Rahmen des Frankreichprojektes. Die anderen Teilnehmer stammen aus den rund 1.100 Sprachdiplomschulen und 7.400 Diplomanden kommen von Deutschen Auslandsschulen. Aus dem Auslandsschulfonds, mit dem die Bundesregierung das Auslandsschulwesen fördert, entfallen zehn Prozent auf die Förderung der deutschen Sprache an Sprachdiplomschulen, bei denen es sich um nationale Schulen im Ausland mit deutschem Sprachzweig handelt.
Katrin Fox von der ‚International Baccalaureate Organization‘ (IBO), einer Non-Profit-Organisation mit Sitz in Den Haag, warb für das ‚International Baccalaureate‘ (IB)als Schulabschluss für Deutsche Auslandsschulen, der den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler entspricht. Das IB stehe für eine ganzheitliche Bildung und Vernetzung, für Förderung von sozialer Verantwortung und Werteorientierung und für die Vermittlung von Learning Skills. In Deutschland bieten bereits 24 staatliche und 45 private Schulen das IB als Abschluss an.